Dieter Stockburger (links) fühlt sich im Außenbereich als Mensch zweiter Klasse. Foto: Hübner

Bei Informationsabend in Brigach kommt Kritik an Ortschafts- und Gemeinderäten auf.

St. Georgen-Brigach - Viel Kritik an Windkraftanlagen und deren Auswirkungen gab es bei einem Informationsabend im Brigachhaus. Auch die Rolle von Ortschafts- und Gemeinderäten wurde in Frage gestellt.

Dieter Stockburger ging anfangs auf den geringen Mindestabstand im Außenbereich ein. Die Unterschriftenliste Oberkirnachs habe nach wie vor Gültigkeit. Er verstehe nicht, warum man anders behandelt werde als in Wohngebieten und fühle sich als Mensch zweiter Klasse.

Eingeladen zur Veranstaltung hatte die Bürgerinitiative zum Schutz des Hochschwarzwalds St. Märgen. Laut deren Vertreter Jacques Barthillat ist die EEG-Umlage eng mit Windkraft verbunden. 2015 werde man 250 Million Euro für Strom zahlen, der gar nicht erzeugt wird, und 300 Millionen zur Aufrechterhaltung der Netze. 2016 seien 25 Milliarden Euro an Wind-Profiteure geflossen. Dem würden 1,5 Milliarden Euro Verkaufserlöse gegenüber stehen. Die Anlagen seien ein Selbst bedienungs-Subventionsladen für angebliche Ökofreunde.

CO2-Verringerung durch sauberen Strom sei eine Lüge, der Ausstoß sei trotz 27 000 deutschen Anlagen um nur 2,5 Prozent gesunken. Die Regierung habe erkannt dass etwas falsch laufe, aber es wer de wohl nur einen faulen Kom promiss geben. Unter dem Deck mantel der Ökologie setze man Tiere hohen Belastungen aus. 270 000 Vögel würden jährlich durch deutsche Windkraftanlagen getötet.

Laut Dietrich Kühlke von der FH Furtwangen könnte man mit der heute in Deutschland vorhandenen Wind- und Solarenergie alle Atomkraftwerke ersetzen. Konventionelle Kraftwerke müssten aber Schwankungen ausgleichen. Deshalb könne man auch nicht Kohle und Kernkraft gleichzeitig ersetzen. Es gehe um eine Gesamtenergiewende. Auf St. Georgen bezogen liege der Ertrag am Schlossberg deutlich unter der Wirtschaftlichkeitsgrenze. Alles spreche gegen die Windkraft.

Landschaftsarchitekt Ulrich Bielefeld aus Überlingen präsentierte Visualisierungen der in St. Georgen möglichen Anlagen, die eindrücklich deren Ausmaße verdeutlichten. Er beschrieb Waldverluste durch den Bau. Studien zeigten durch Windräder verursachte Einbußen im Tourismus von mindestens 25 bis 30 Prozent.

Ein Rechtskonflikt sei, dass Kommunen großräumige und überörtliche Wirkungen abwägen müssen. Die Aushebel ung von Planungsebenen sei rechtswidrig. Ein Streitpunkt war die Frage der letzten Verantwortung. Laut Bielefeld liegt die beim Gemeinderat. Ein rechtlicher Zwang für einen Flächennutzungsplan bestehe nicht. Ohne den könne eine Anlage nur genehmigt werden, wenn der Gemeinderat im Einzelfall sein Einvernehmen gebe.

Wentz: Kommunen zur Aufstellung verfplichtet

Georg Wentz, Ortsvorsteher von Brigach, sprach aber von einer Verpflichtung der Kommunen zum Aufstellen eines Teilflächennutzungsplans. Gemeinde- und Ortschaftsräte hätten sich wirklich viel Mühe gegeben, so Wentz. Am Schlossberg seien nur zwei Anlagen möglich. Es sei nicht schön, nur von negativen Seiten der Windkraft zu hören. Wentz brachte das Argument der Atomkraftwerke.

Windkraft sei in Deutschland nicht der Weisheit letzter Schluss, so Barthillat. Man rede aber nicht der Atomkraft das Wort. Gemeinderatsmitglied Manfred Scherer nannte die Darstellung der Ratsrunde als nicht ganz fair. Man habe sich zwei Jahre bemüht, Forderungen des Landes auf zwei Standorte herunterzubrechen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die Räte gingen leichtsinnig mit der Landschaft um.

Der Pharmazeut Werner Roos aus Titisee-Neustadt sprach über Auswirkungen von Infraschall. Kurzfristige Reaktionen seien Schlafstörungen, Ohrdruck, Konzentrationsmangel oder Schwindel. Langfristig gebe es chronischen Stress, die Herabsetzung der Atemfrequenz mit Verschlechterung der Sauerstoffzufuhr, eine Erhöhung des Blutdrucks und eine Zunahme des Herzinfarkt-Risikos. Zwei Ärzteorganisationen hielten einen Abstand zu Anlagen von unter 1000 Metern aus gesundheits- und gesellschaftspolitischer Sicht für nicht verantwortbar. Gefordert werde ein Mindestabstand zu Wohnbebauung in zehnfacher Anlagenhöhe.

Für Windkraft kämen die selben falschen Argumente wie vor 42 Jahren bei der Etablierung der Atomkraft, so Edgar Schmieder, Vorsitzender der Interessengemeinschaft. Was damals die Radioaktivität gewesen sei, sei heute der Infraschall. Die Energiewende geschehe ohne Fahrplan. Nötig sei die Liberalisierung des Energiemarktes mit Dezentralität, diskriminierungsfreiem Zugang zu Netzen und der Verwendung erneuerbarer Energien. Schmieder warb für alternative Maßnahmen. Überholverbote für Lastwagen könnten den CO2-Ausstoß um den Faktor 20 senken. Den Konsumentenverbrauch könne man durch keine Technologie decken. Ohne Lebenswende gebe es keine Energiewende.