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Manfred Schröder, Vorsitzender der Schützengilde, tritt nach wenigen Monaten ab / Sitzungfindet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt

Es rumort im Schützenverein: Wie erst jetzt öffentlich bekannt wurde, ist der Vorsitzende der Schützengilde St. Georgen bereits im November zurückgetreten. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten lässt er die Geschehnisse Revue passieren.

St. Georgen. "Streit bei den Schützen ist vorerst beigelegt", titelte der Schwarzwälder Bote im Februar 2019. Nahezu auf den Tag genau ein Jahr später sieht alles anders aus: Von Versöhnung keine Spur, der Streit im Verein eskalierte. Manfred Schröder nahm vorzeitig seinen Hut.

Wie erst jetzt öffentlich wird, passierte all das bereits in einer außerordentlichen Sitzung des Schützenvereins im Dezember. Seither gab es eine weitere, diesmal ordentliche Sitzung – erneut war die Presse nicht eingeladen worden. Was also ist in den vergangenen Monaten vorgefallen?

Manfred Schröder will für Klarheit sorgen. Und er unterstreicht: Wenn die Schützengilde unter neuer Führung ihren alten Kurs, den er zu durchbrechen versucht habe, weiterführe, stehe der Verein vor dem Aus.

Mit 15 Jahren trat Schröder in den Verein ein. "Ich war eigentlich ein guter Schütze, war bei den Deutschen Meisterschaften. Nur war ich nie nur sportbegeistert", erzählt er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Schröder war im Vereinsleben vor allem eines wichtig: die Gemeinschaft. Und er ist bis heute davon überzeugt, dass ein Verein in erster Linie nicht von seinen aktiven Mitgliedern lebt, sondern von all jenen Ehrenamtlichen, die sich einbringen und helfen, ein Mehrangebot zu schaffen.

Es ist laut Schröders Erzählungen der Knackpunkt, der ihn im Februar 2019 in die Kritik bringt. "Schon 2015 standen wir vor der Auflösung", rekapituliert er. "Das Problem war schon damals, Nachwuchs zu kriegen. Die Schützen haben es einfach nicht gewollt, sich nicht bemüht."

Bei der Vereinswiedergründung 1958 sei man eine "große Truppe mit 40 Leuten" gewesen, die seither immer weiter geschrumpft sei. Zur Untermauerung nennt er Mitgliederzahlen: von 75 Mitgliedern, so sein Stand, seien etwa 40 Prozent über 75 Jahre alt. Gerade einmal elf Schützen seien aktiv, davon sechs Altersschützen mit einem Durchschnittsalter von 79 Jahren. "Von den restlichen fünf aktiven Schützen sind vier Jungschützen, die ich in den Verein gebracht habe", sagt er nicht ohne Verbitterung.

Was von 1958 blieb, ist laut Schröder ein harter Kern, der bestimmte Vorstellungen und Ansprüche hat. "Die Sportschützen wollen außerhalb der normalen Öffnungszeiten auch noch schießen", nennt er einen der Streitpunkte. "Dann läuft drei Stunden der Strom, die Heizung und es wird nichts getrunken – das sind reine Kosten!"

Statt in private Schießstunden will der damalige Vorsitzende in die Anlage investieren und das Schützenhaus modernisieren. Die Maßnahmen sollen junge Mitglieder, Zuschauer sowie mehr Veranstaltungen mit sich bringen, damit Geld in die Kasse fließt. "Wir haben von 2011 bis 2015 nur noch die Hälfte der Einnahmen gemacht, die wir bräuchten, um das Schützenhaus zu halten", begründet er diese Schritte.

Als er im Jahr 2015 den Vorsitz zusätzlich zu seinem Amt als Kassierer übernimmt, ist dieser Schritt eher aus der Not geboren. Der scheidende Vorsitzende will das Amt aus Altersgründen abgeben, keiner will damals an die Spitze. Schröder opfert sich – und eckt an.

Als er vier Jahre später wiedergewählt wird, brodelt es bereits bei den Schützen. In der damaligen Hauptversammlung werden die Kritikpunkte öffentlich gemacht. Schröder nutze das Vereinsgeld für falsche Dinge. Er wird mit Ach und Krach wiedergewählt. Das Unheil nimmt seinen Lauf.

"Im November haben wir eine Krisensitzung einberufen", blickt er zurück. Kurz darauf habe er einen Brief eines älteren Vereinsmitgliedes erhalten, dass das Gebaren der jüngeren Mitglieder verurteilte. Der Vorschlag, die Schießstunden künftig aufzuteilen, um sich aus dem Weg zu gehen, habe für ihn das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Hoffnung auf eine Schützengemeinschaft – für ihn scheint sie damit erloschen.

"Die Sitzung war am Freitag, am Sonntag bin ich von allen Ämtern zurückgetreten", sagt Schröder, dessen zweite Amtszeit damit nach nur wenigen Monaten endet. Während der zweite Vorsitzende die Übergangszeit bis zur nächsten Wahl regeln könnte, muss der Kassiererposten schnell neu besetzt werden. Erneut trifft sich daher die Schützengilde, diesmal zur außerordentlichen Sitzung. Die Arbeit Schröders wird an diesem Abend hinterfragt, ein Mitglied stellt einen Misstrauensantrag. Nun müssen die Geschäfte des Zurückgetretenen genauestens untersucht werden.

Währenddessen rückt ein neuer Vorsitzender an die Spitze, der laut Schröder erst ein Jahr Vereinsmitglied ist: Raphael Weisser. Der erst 20-Jährige leitet seither die Geschicke des Vereins. Schröders Kommentar zur Neubesetzung? "Was hätten die Schützen anderes machen wollen, die hätten sich ja sonst aufgelöst."

Als Schröder vergangene Woche in der Versammlung entlastet wird, hat sich das Thema Schützengilde für ihn erledigt. "Nach diesem Tagesordnungspunkt bin ich direkt gegangen." Was bleibt, ist Verärgerung – und Resignation: "Ich habe schon vor 15 Jahren gewarnt, dass, wenn sie so weitermachen, sie ›d Hecke nabgehe‹." Ob es wirklich so kommt? Schröder wird es verfolgen, er will weiter an den Versammlungen teilnehmen. Künftig allerdings nur als passives Mitglied.