Zwei sehr unterschiedliche Männer aus sehr unterschiedlichen Landschaften – und doch könnten sie ihrem Denken nach eins sein – Siegfried Jäckle (vorn) und Michael Beleites. Foto: Kommert Foto: Schwarzwälder-Bote

Michael Beleites, Biologe aus Sachsen, stellt bei "Pro Schwarzwaldbauern" der Agrarpolitik kein gutes Zeugnis aus

Von Hans-Jürgen Kommert

St. Georgen-Brigach. Auf eine lange Tradition kann Siegfried Jäckle mit seinem Agrarbündnis "Pro Schwarzwaldbauern" zurückblicken. Es begann 1999 mit einem illustren Gast: Der bekannte Fernsehjournalist Franz Alt referierte seinerzeit über Solartechnologie. Auch in diesem Jahr hatte er wieder einen Rebellen zu Gast: Michael Beleites, Biologe aus Sachsen.

Jäckle konnte neben dem Referenten auch wieder Christa Lörcher begrüßen, auch der Landesvorsitzende des BUND, Hermann Krafft, war wieder unter den Zuhörern. Sogar vom Bioforum Schweiz war eine Vertreterin angereist, was zeigt, wie sehr die Arbeit des Forums um Siegfried Jäckle geschätzt wird.

"Leitbild Schweiz oder Kasachstan"

Man war beinahe geneigt, im Referenten eine jüngere Ausgabe des Gastgebers zu sehen, so sehr glichen sich die Ideale, die Beleites für seine Heimat Sachsen ausruft, wenn er das "Leitbild Schweiz oder Kasachstan" heraufbeschwört. Zunächst ging er auf die Entwicklung der sächsischen, respektive der Ostlandwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg ein. "Es ist einfach nicht wahr, wenn behauptet wird, dass im Osten generell schon immer großflächige Landwirtschaften vorherrschten", stellte er fest.

Dies sei zwar zutreffend für die so genannten "ostelbischen Gebiete", nicht aber für Thüringen, Brandenburg und Sachsen. Hier habe nach dem Krieg noch immer zunächst die eher kleinbäuerliche Struktur vorgeherrscht. "Die Besonderheiten der ostdeutschen Landwirtschaft sind eben keine ›gewachsene Agrarstruktur‹, sondern Folge kommunistischen Systemunrechts", machte er den Anwesenden Bauern klar.

Da sei zunächst die Bodenreform der Jahre 1945 und 1946 gewesen, danach die Zwangsenteignung und Kollektivierung in den Jahren 1952 bis 1960 und letztlich die Industrialisierung in den 1970er-Jahren. Und nach der Wende habe Helmut Kohl blühende Landschaften versprochen. "Und wo blüht’s?", fragte er provokant.

"Systematische Vernichtungsmaschine"

Beleites stellte die Voraussetzungen für Versorgungssouveränität der Untergrabung der Ernährungssouveränität entgegen. Dabei stellte er fest, dass Regionalität sowie vertraute und belastbare Beziehungen, Netzwerke und heimische Rohstoffe konträr gegen zentralisierte Strukturen, Blockierungen bäuerlicher Neugründungen und dem Verlust der Fertigkeiten traditioneller Landbaukultur stehen.

Aktuell stehe der Strukturwandel als systematische Vernichtungsmaschine bäuerlicher Basis mit der Agrarsubventionen als Instrument der Wertminderung bäuerlicher Arbeit der Nachhaltigkeit als Maßstab gegenüber. Dabei setze er auf eine positive Humusbilanz, kleine Einheiten mit dezentralen Strukturen sowie eine Revitalisierung bäuerlicher Landwirtschaft. "Der ererbte Höfe-Reichtum ist ein hoher Wert für die Schaffung zukunftsfähiger Verhältnisse", betonte Beleites. Obwohl viele junge Bauern mit guter Ausbildung genau dieses anstrebten, werde es ihnen sehr schwer gemacht, da die zu den Hofstellen gehörenden Ländereien langfristig verpachtet seien.

Ein dickes Minus bekommen bei Beleites die Direktzahlungen der EU, die die Bauern entmündigten und ihrem Berufsstand Geringschätzung einbrächten. "Flächensubventionen brauchen radikale Degression oder Kappung – oder sie gehören ganz abgeschafft", machte er geltend. Denn nur dann würden große Landwirtschaftsbetriebe auf Flächen verzichten.

Keineswegs eine Museumslandwirtschaft

Die Permakulturen und das Gärtnerhof-Konzept sehe er keineswegs als Museumslandwirtschaft an, vielmehr als Zukunftswerkstatt. "Die Integration von Kleinbauernwirtschaft und Gartenbau kombiniert ökologische und wirtschaftliche Optimierung", behauptet er.

Auch aus dem Forum gab es eine Wortmeldung: Georg Schätzle aus Vöhrenbach-Langenbach sprach über Leid- und Leitbilder. Monostrukturen und Massentierhaltung als Endlösung auf der einen und eine blühende Kulturlandschaft mit Würde auf der anderen Seite als Ent-Lösung aus diesem Konflikt seien die beiden Enden der "Wurscht". Die Agrarpolitik in der EU und in Deutschland sei entwürdigend und entwertend.