Forschung: Badische Landesbibliothek lässt wertvolle St. Georgener Klosterschriften digitalisieren

St. Georgen. Nicht nur die Überreste aus Stein, die jüngst an der Robert-Gerwig-Schule gefunden wurden, sind von großer Bedeutung, sondern auch schriftliche Hinterlassenschaften. Die Badische Landesbibliothek Karlsruhe möchte die historischen Handschriften nun wissenschaftlich tiefenerschließen und vollständig digitalisieren.

Dabei ist die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart für die lateinischen Handschriften zuständig, während die deutschsprachigen an der Universitätsbibliothek Leipzig katalogisiert werden. Die wertvollen Schriftstücke befinden sich im Handschriftenbestand der Badischen Landesbibliothek.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt – angelegt ist es auf eine Dauer von drei Jahren und fünf Monate. Dabei handelt es sich um die letzten Schriften aus säkularisiertem Klosterbesitz in der BLB, für den eine "moderne Katalogisierung nach aktuellen wissenschaftlichen Standards noch aussteht", heißt es in der Projektbeschreibung der DFG.

Schwarzwald bot Ruhe und Abgeschiedenheit

Im Jahre 1084 gegründet, hatte das Benediktinerkloster in St. Georgen damals ein völlig anderes Umfeld, als wir es heute kennen: Die Gegend war kaum von Menschen besiedelt, der Schwarzwald rau und wild, ja eine geradezu unerschlossene Wildnis. Doch gerade darin lag der Reiz für viele Klostergründungen im hohen Mittelalter – schließlich sind es Ruhe und Abgeschiedenheit, die ein Leben im Kloster ausmachen.

Unter Abt Theoger (1088 bis 1119) stieg das Kloster St. Georgen zu einem der bedeutendsten Klöster in Südwestdeutschland auf. Schon bald siedelten sich außerhalb der Klostermauern Menschen an. Bis Mitte des 12. Jahrhunderts konnte das Kloster sein Besitztum beachtlich vergrößern und wurde später sogar unter das Papsttum gestellt, was ihm päpstlichen Schutz garantierte.

Viel einstecken musste das katholische Kloster im Zuge der Reformation – ab 1538 wurde der Villinger Pfleghof zum neuen Zuhause der Mönche. In der katholisch gebliebenen Baar, regiert durch Habsburger und Fürstenberger, hatte das Kloster – trotz seiner Besitzeinbußen – noch Einfluss.

Unter Abt Georg Michael Gaisser konnte es sich im Dreißigjährigen Krieg noch einmal eine Zeit lang behaupten, doch im Zuge des Krieges wurde das Kloster am 13. Oktober 1633 völlig zerstört. Nach der Säkularisation zerfielen seine Überreste weiter, ehe sie nach dem großen Stadtbrand 1865 für den Wiederaufbau St. Georgens verwendet wurden.

Der wissenschaftliche Wert ist enorm

Die wertvollen Handschriften, die nun untersucht werden, sind wohl überwiegend der letzten Epoche des Klosters im 17. Jahrhundert zuzuordnen, wofür sicherlich die Vielzahl an Zerstörungen und die spätere Umsiedlung nach Villingen verantwortlich gemacht werden können.

Ihr wissenschaftlicher Wert ist enorm: Mehr als die Hälfte der Handschriften bestehen teilweise oder vollständig aus volkssprachigem Inhalt, zudem sind viele liturgische Schriften darunter. Durch letzteres bedingt können überdurchschnittlich viele Stücke hochwertige Buchmalereien aufweisen.

"Damit sind gerade jene Bereiche der mittelalterlichen Buchüberlieferung besonders stark vertreten, die ansonsten seltener erhalten sind", schreibt die DFG in der Projektbeschreibung.

Unter den Relikten aus St. Georgen sind auch einige bekannte Einzelstücke wie das unikale "Sanctilogium Salvatoris", das "Wonnetaler Antiphonar", eine an Illustrationen reiche Abschrift der "Konstanzer Konzilschronik", die älteste Handschrift der "24 Alten" sowie die "St. Georgener Predigten".

Insgesamt befinden sich 112 Handschriften aus St. Georgen im Besitz der Landesbibliothek.