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Sigfried Jäckle fordert angesichts des Klimawandels ein Umdenken der gesamten Gesellschaft und der Untermühlbachhof zeigt, wie nachhaltige Bewirtschaftung aussehen kann

Auch für die Landwirtschaft ist der Klimawandel eine Herausforderung. "Wer passt sich schneller an, Natur oder Mensch?", fragt sich Sigfried Jäckle. Jungbauer Manuel Geiger erklärt, wie kleinbäuerliche Landwirtschaft im 21. Jahrhundert funktionieren kann. Beide sagen: Die Kuh ist kein Klima-Killer.

St. Georgen. Am Ende der schmalen Straße, weit hinten im Uhlbachtal, am Rand des dichten Fichtenwaldes, sitzt Sigfried Jäckle auf der Holzbank vor seinem Hof. Nur das Plätschern des Wassers in den Trog neben dem Milchhäusle legt sich monoton über die Stille. Hühner picken im Kies. "Eine solche Trockenheit hätte vor einem Jahrhundert eine Hungersnot ausgelöst", sagt Jäckle. Er ist Vorsitzender des Vereins Forum Pro Schwarzwaldbauern. Vor seinem Ruhestand war er Berater im Landwirtschaftsamt. Jäckle ist aufgebracht. Die Diskussion um die klimatischen Veränderungen nennt er kurzsichtig. "Man kann das nicht auf den Wald oder die Landwirtschaft reduzieren. Die ganze Gesellschaft ist bedroht. Unser Leben ist bedroht."

Die Landwirtschaft und deren Veränderung im Wandel der Zeiten und des Klimas ist Sigfried Jäckles Lebensthema, dem er sich leidenschaftlich und meinungsstark widmet. Er breitet Diagramme vor sich auf dem Holztisch aus, die er selbst in zahlreichen "schlaflosen Nächten" erstellt hat: der Wandel der Landnutzung und die Anzahl der Höfe einer Schwarzwaldgemeinde seit Ende des 18. Jahrhunderts oder der Verlauf des Graswuchses in unterschiedlichen Lagen. Vehement spricht er sich gegen "statisches Denken", die ideologische Aufladung des Themas oder das Abschieben der eigenen Verantwortung auf die Politik aus. "Das örtliche Klima und der örtliche Boden sind entscheidend. Daher scheitern pauschale Rezepte."

Laut Informationen des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis erhöhen sich die Jahresdurchschnittstemperaturen seit vielen Jahren stetig. Die Lebens- und Umweltbedingungen für Tier- und Pflanzenarten verändern sich. Die Daten würden eindeutig auf eine zunehmende Trockenheit hinweisen, obwohl die Region dank einiger Niederschläge in den Sommermonaten vergleichsweise noch gut da stehe. Die niedrige Wasserbilanz und Trockenzeiten in Kombination mit sehr hohen Temperaturen würden zu ausgeprägten Wachstumsunterbrechungen oder früheren Ernten führen.

"Alle Pflanzen stellen bei bestimmten Temperaturen ihre Fotosynthese ein und werden braun. Bei den Bäumen kann man beobachten, dass sich immer mehr Äste entnadeln", weiß Jäckle. Denn seit dem Trockenjahr 2003 beschäftigt ihn das Thema. "Ich habe damals begonnen, die Augen zu öffnen: Was ändert sich?" Die Veränderungen seien inzwischen deutlich zu erkennen, Niederschläge würden unsicherer, und die Getreideernte, die früher erst im September oder Oktober stattfand, sei heute schon im August abgeschlossen. "Der Schwarzwald gerät in den Regenschatten."

Für die Schwarzwald-Region, deren flachgründige Böden nur bedingt für Ackerbau geeignet und deren Wasserspeicherkapazitäten gering sind, sind die Weiden von großer Bedeutung. "Der Boden, das Grasland, ist neben den Ozeanen der größte CO2-Regulator. Nur grüne Pflanzen binden das Kohlenstoffdioxid in den Wurzeln. Wie schaffen wir es also, dass unsere Flächen möglichst immer grün bleiben?" Den so genannten Hitzestress im Sommer habe es immer gegeben, doch er wird stärker und die Weiden braun und verdorrt: Das Bodenleben stellt sich ein, das CO2 wird nicht gewandelt und Wasser nicht gespeichert.

Lösungen für dieses Problem könnten laut Jäckle die Umgestaltung der Landschaft in ein Agrarforstsystem, also eine Aufhebung der Trennung von Landwirtschaft und Waldbau sein, sowie das Erstellen von Heckenreihen zwischen den Weiden und Ackerflächen, die für Schatten sorgen. Neben diesen Maßnahmen, die vor Austrocknung schützen, sei selbstverständlich auch die Streuobstwiese ein Klassiker. Grundsätzlich würden, so Jäckle, überweidete und unterweidete Weiden braun werden. Die Geschichte von der Kuh als Klimakiller stimme daher nicht grundsätzlich. "Wenn eine Kuh auf Grasland gehalten wird, dann ist sie positiv fürs Klima."

"Wir müssen manches nicht neu erfinden, aber neu denken", plädiert Jäckle. "Alte Bauern haben dieses Erfahrungswissen gehabt." Doch Monokultur und Artenverarmung in der industriellen Landwirtschaft seien ein Problem. "Allmählich wird uns bewusst, dass wir nicht nachhaltig leben. Früher gab es eine lokale Selbstversorgerwirtschaft. Wie haben wir uns früher lokal versorgt? Wie können wir uns heute aus der Nähe, regional, versorgen?"

Der Untermühlbachhof liegt abgeschieden und ein wenig verwunschen in einer urigen Talmulde, umringt von Wald und satten Weiden. Hier lebt seit vergangenem Jahr Manuel Geiger, 29 Jahre alt, der den Hof mit insgesamt vier Familien – sechs Erwachsene und sieben Kinder – bewirtschaftet. Er sitzt, von Fliegen umschwirrt, in der großen, etwas dunklen Gemeinschaftsküche. Um ihn herum wäscht die Hof-WG Gemüse, schnippelt Petersilie und Zwiebeln. Jemand hat einen Beerenkuchen gebacken. "Wir ernähren uns zu 75 Prozent selbst", sagt Geiger. Und: "Wir haben keinen Abfall."

Der Untermühlbachhof, der nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet wird, bildet gemeinsam mit dem Hinterzartener Mathislehof die Wälder GbR. Beide Höfe sind im Besitz der Stiftung "Aktion Kulturland". 35 Jahre lang wurde der Untermühlbachhof von den Altbauern Anke und Hans-Hartwig Lützow und seitdem in wechselnder Besetzung geführt. Für Manuel Geiger gilt: "Weg von industrieller Monokultur, zurück zum Kleinbäuerlichen, mit dem Wissen von heute."

Die Wertschöpfung, die Veredlung, zeichnen den geschlossenen Betriebskreislauf des Hofs aus, glaubt Geiger. "Die Effektivität der kleinbäuerlichen Landwirtschaft" nennt er das: Nichts verkommt. Die Wiederkäuer – 15 Milchkühe – tragen zur Fruchtbarkeit bei, verwerten das Gründland, düngen den Boden. Von Mitte April bis November sind die Rinder draußen. Die Veredelung findet im Betrieb statt, die Milch wird vollständig vor Ort verarbeitet – zu Joghurt, Käse, Frischkäse, Schnittkäse, Bergkäse. Für die Käseproduktion blieben bei 100 Litern Milch 85 Liter Molke übrig. "Ein tolles Futter für die Schweine."

Den Käse sowie das Rind- und Schweinefleisch vermarktet der Hof selbstständig. Hinzu kommt ein wenig Ackerbau: Speisegetreide wie Sommeremmer, Dinkel oder Roggen. Diese Form der Bewirtschaftung werde allerdings immer schwieriger, da im Rahmen eines Strukturwandels immer mehr kleinere Mühlen und Metzgereien schlössen. Das Mehl wird am Mathislehof zu Brot verbacken. Das angebaute Gemüse dient lediglich dem Eigenbedarf. Salat, der schießt, kommt ebenfalls zu den Schweinen oder wird untergemulcht. Innereien werden zu Hundefutter verarbeitet. Der Ausfall wird verwertet und daher: kein Abfall.

"Mit einem geschlossenen Betriebskreislauf und einer gewissen Anzahl an Arbeitskräften erwirtschaften wir pro Quadratmeter mehr Kalorien als ein hoch professionalisierter, industrieller, einseitiger Ackerbaubetrieb." Die Produkte seien hochwertiger und damit auch die Zufriedenheit der Menschen höher. "Es ist aufwendig. Man könnte es sich leichter machen", sagt Geiger schmunzelnd. Der Hof verzichtet zudem auf chemisch-synthetische Spritzmittel, setzt auf vielfältige Fruchtfolge und speziell an den Standort angepasste Sorten, mäht nur vor und nach dem Bienenflug und lässt Beikräuter blühen, anstatt sie als Unkraut zu tilgen. Auf drei Jahre Getreideanbau folgen fünf Jahre Kleegras und Beweidung.

"Wenn man als Landwirt im konventionellen System drin ist, ist es ein großer Schritt, das System zu verlassen. In Form unserer Konsumverhaltens tragen wir Menschen dieses System mit", ist sich Geiger sicher. "Als Bio- und Schwarzwaldbauern arbeiten wir aber ohnehin schon anders." Denn der Weidegang und die Tieranzahl in Relation zur Fläche seien klimaschonend. Landwirte, die so arbeiten, betrieben aktiv Klimaschutz. "Ohne Wiederkäuer würde der Schwarzwald nicht aussehen, wie er aussieht und Energie, die für Menschen verloren wäre, bleibt im Lebensmittelkreislauf."

Auch Sigfried Jäckle ist überzeugt, dass durch gesellschaftliches Umdenken, regionale Versorgungsstrukturen und ein Anpassen der Landwirtschaft an den konkreten Standort und die dortigen klimatischen Bedingungen sowie durch das Verständnis für natürliche Kreisläufe die neuen Herausforderungen zu meistern sind. "Die Gretchenfrage ist: Können wir uns schnell genug an die Veränderungen von Klima und Natur anpassen?"

Die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Brisanz der globalen, klimatischen Veränderungen nimmt immer weiter zu. Dies zeigt sich auch verstärkt in kommunalen Aktionen, wie den "Fridays for Future"-Demos oder der "Zukunftswoche". In den nächsten Wochen gehen wir in unserer dreiteiligen Serie "Von Bäumen, Bienen und Bauern" der Frage nach, ob und inwieweit sich die Auswirkungen des Klimawandels auch in der Region bemerkbar machen.