Neubau aus dem Jahr 1905 verfügt bereits über elektrisches Licht / Alle Bildungseinrichtungen unter einem Dach

Von Dieter Vaas

St. Georgen. Die Bergstadt verfügt heute über ein breites Bildungsangebot. Der Wandel im Schulwesen ist keine Erfindung dieser Tage. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es gar eine "Universität" – zumindest im Volksmund. Durch steigende Schülerzahlen herrschte oft Lehrermangel. Unterrichtsräume waren knapp.

Schon zu Klosterzeiten verfügte die Bergstadt über eine Schule. Nach der Reformation war es eine evangelische Klosterschule. Noch im 19. Jahrhundert unterrichtete nur ein hauptamtlicher Lehrer die Kinder im Mesnerhaus neben der Lorenzkirche, berichtet Walter Volk im Buch "100 Jahre Stadterhebung St. Georgen", das 1991 als Festschrift zum Stadtjubiläum entstand.

1838 wurde eine zweite Hauptlehrerstelle geschaffen. Wohnung und Schulzimmer waren in der Amtsschreiberei. Schon 1860 entstand eine Gewerbeschule. Der Unterricht fand erst in einer Metzgerei, dann in einem Gasthaus und schließlich im Spital statt.

Nach Großbrand Unterricht im Rathaus

Nach dem Großbrand von 1865 erhielt St. Georgen ein neues Rathaus. Hier fanden auch drei Schulräume sowie zwei Lehrerwohnungen Platz. Als 1892 das Krankenhaus gebaut wurde, musste es die Stadt zunächst als Schule zweckentfremden.

Anfang des 20. Jahrhunderts stiegen die Schülerzahlen beständig, allein von 572 im Jahr 1900 auf 633 zwei Jahre später. Es wurde die Forderung nach einer weiterführenden Schule immer lauter. Zur Diskussion stand eine erweiterte Volksschule oder eine Mittelschule. Die Bergstädter entschieden sich für die letztere. 1903 begann der Unterricht in einer angemieteten Fabrik, von der Bevölkerung "Universität" genannt. Ein neues Schulgebäude wurde notwendig. Der Gemeinderat beschloss, dieses auf dem ehemaligen Klosterareal zu bauen. 1904 besuchten bereits 723 Schüler die Volks- beziehungsweise Bürgerschule. Ein Reallehrer, vier Hauptlehrer, ein Lehramtspraktikant sowie drei Unterlehrer hielten Unterricht. Hinzu kam ein Gewerbelehrer. Am 30. April 1905 wurde der Neubau eingeweiht. Im ersten Stock war links die Gewerbeschule und rechts die Bürgerschule untergebracht.

Zwei Stockwerke gehörten Volksschule

Das zweite und dritte Stockwerk gehörte der Volksschule. Da St. Georgen bereits seit fünf Jahren eine Stromversorgung hatte, verfügte der Neubau über elektrisches Licht. Bald war deshalb im Umkreis vom "Schulpalast" die Rede.

Schon 1906 musste im Gebäude auch eine Haushaltungsschule Platz finden. 1910 ernannte der Großherzogliche Schulrat Michael Baumgärtner zum ersten Rektor in der Bergstadt. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten in der Schulküche bedürftige Kinder eine Zeitlang warmes Essen. Die Schülerspeisung erfolgte mit Unterstützung der Stadt sowie einer Kinderhilfsmission amerikanischer Quäker.

Im Zweiten Weltkrieg wurde im Schulhof für zwei Klassen eine Baracke erstellt. Nicht nur die Schülerzahlen wuchsen. Die Gewerbeschule bildete immer vielfältiger die Lehrlinge aus.

Auch nach dem Krieg blieben noch alle Bildungseinrichtungen unter einem Dach. Die Klassen waren überfüllt und es fehlte an Lehrkräften. Fast unzumutbare Räume unterm Dach mussten genutzt werden, erinnert sich Walter Volk an die Zustände, als er 1950 in die Bergstadt kam. In diesen Zeiten kannten sich im Haus aber noch alle Lehrer. In der Schulküche wurden sogar gemeinsam Feste gefeiert, blickt er zurück.