Helgina Zimmermann, Vorsitzende des örtlichen Trägervereins der St. Georgener Tafel (rechts), mit Doris Mattis, ehrenamtliche Helferin im Tafelladen. Foto: Kauffmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Jeden Donnerstag verkauft die Tafel in der Bergstadt eineinhalb Tonnen reduzierte Lebensmittel

Einmal die Woche suchen rund 60 Personen die Tafel in der St. Georgener Gerwigstraße auf, um Lebensmittel günstig zu kaufen. Das sind deutlich mehr Bergstädter als noch vor gut fünf Jahren. Doch für diesen Anstieg gibt es gute Gründe.

St. Georgen. Es könnte ein Paradies für Schnäppchenjäger sein: Eine Packung Tortellini gibt’s für 35 Cent, eine Tube Senf für 30, Bohnen für 60 und im Sonderangebot sind Cookies sowie Schokowaffeln für zusammen 40 Cent. Doch zum St. Georgener Tafelladen finden Menschen, die sich selbst die Lebensmittel aus den großen Discounter-Ketten nicht leisten können – und das werden in der Bergstadt immer mehr.

Vor gut fünf Jahren bestand der feste Kundenstamm noch aus 39 Personen. "Zum Kundenstamm gehörten zu dieser Zeit vor allem Rentner aus St. Georgen", berichtet Helgina Zimmermann, ehrenamtliche Vorsitzende des örtlichen Tafel-Trägervereins "Mach mit", zu dem auch die Läden in Villingen, Schwenningen, Donaueschingen und Triberg gehören.

Viele Rentner kommen aus Angst vor den Flüchtlingen nicht mehr

Doch Zusammensetzung und Zahl der Kunden haben sich mit der Ankunft von Flüchtlingen merklich verändert. Inzwischen besuchen jeden Donnerstag 61 Personen die Tafel, 51 davon kommen aus Asylfamilien, nur zehn seien Einheimische. Von der damaligen Stammkundschaft der Rentner ist bis heute kaum jemand geblieben. Das begründet Zimmermann so: "Manchen war im Laden zu viel los, dann verstehen sie die Sprache nicht, das ist nicht ihre Welt. Viele der Älteren haben Angst bekommen. Da fehlt es an Toleranz." Im Gespräch betont sie auch: "Ich würde mich freuen, wenn die Rentner wieder zurückkommen."

Mit der Kundschaft änderten sich auch die Ess- und damit die Kaufgewohnheiten. Während die Deutschen zuerst an die Wursttheke gingen, griffen die Asylbewerber zuerst in die Kiste mit Obst und Gemüse. Für die Ware verlangt die Tafel nur etwa ein Viertel des Originalverkaufspreises. Eine alleinstehende Person könnte sich unter diesen Bedingungen schon für weniger als 20 Euro eine Woche lang mit frischen Lebensmitteln versorgen.

Allerdings darf nicht jeder in der Gerwigstraße einkaufen. Zimmermann erklärt: "Es gibt Beitragsbemessungsgrenzen. Für eine alleinstehende Person liegt sie bei 1000 Euro netto, bei einem Ehepaar bei 1300 Euro und für jedes Kind kommen weitere 250 Euro dazu." Wer einkaufen möchte, muss beim Trägerverein eine Berechtigungskarte beantragen – und wer es schafft, in Arbeit zu kommen oder mehr verdient, verliert die Karte. Zimmermann stellt jedoch klar: "Wir sind kein Generalversorger."

Der Laden soll kein Konkurrenzangebot für die Spender werden

Das Angebot stelle eher eine "punktuelle Versorgung" sicher. "Wenn es uns nicht gäbe, könnten sich viele Menschen nicht gesund ernähren." Zudem soll die Tafel kein Konkurrenzangebot für die Spender werden. Es sind meist Discounter und Lebensmittellgeschäfte, die fast abgelaufene oder ausgemusterte Ware der Tafel kostenfrei überlassen.

Für die Zukunft rechnet Zimmermann übrigens damit, dass sich die Zusammensetzung ihrer Kundschaft erneut ändert: Dann nämlich, wenn die Mindestlohnempfänger in Rente gehen.