Gerald Weis von der Arbeiterwohlfahrt zeichnet in seinem umfassenden Referat im Gasthaus Krone ein düsteres Bild vom Zustand der Pflege. Foto: Mittelstaedt Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Gerald Weis zeichnet düsteres Bild / 8000 neue Stellen im Koalitionsvertrag "eine Lachnummer"

Ein düsteres Bild vom Zustand der Pflege zeichnete Gerald Weis in seinem umfassenden Referat. Schon seit 30 Jahren führe der Weg im Pflegebereich ins Chaos.

St. Georgen. Der Kreisgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hatte zu der Informationsveranstaltung "Situation in der Pflege – Eine Bestandsaufnahme häuslicher, ambulanter und stationärer Herausforderungen und Möglichkeiten" ins Gasthaus Krone eingeladen. Die wenigen Besucher wurden ausführlich über das komplexe Thema informiert.

Zum Einstieg erläuterte Weis kurz die Anfänge der AWO. Momentan verfüge die Institution über 450 000 Mitglieder bundesweit. Schon in den 70er – Jahren habe die aus der SPD entstandene AWO auf die Notwendigkeit einer Pflegeversicherung hingewiesen. Eingeführt wurde diese im Jahr 1995 als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung und ist im Sozialgesetzbuch geregelt.

Die Einführung brachte laut Weis eine Entlastung für die Bürger, verbesserte zudem die Aufgabenverteilung und Beteiligung. Besonders profitiert hätten Betroffene und Angehörige in der ambulanten Pflege. Eine Verbesserung sei auch durch die Umstellung der Pflegestufen in Pflegegrade erreicht worden. So hätten sich die Leistungen, beispielsweise auch durch eine Pauschale, verbessert. Besonders gefördert würden Gruppen von Pflegebedürftigen mit acht bis zwölf Personen.

Trotz aller Verbesserungen reichten die angestoßenen Be mühungen bei weitem nicht aus, betonte der Referent. Wie der Bericht der Bundesregierung ausweist, gab es im Jahr 2015 2,8 Millionen Pflegebedürftige. Die Prognose für 2030 liegt gar bei 3,4 Millionen. "Das ist schon eine gewaltige Hausnummer", so Weis.

Für die Versorgung der Pflegebedürftigen eingesetzt waren 13 323 ambulante Pflegedienste, davon 65 Prozent privat und 33 Prozent durch Freie Wohlfahrtspflege. Keine Rolle spielten hier Öffentliche Träger. Pflegeheime gab es zum Zeitpunkt der Erhebung 13 600. In der Pflege sind mehr Menschen beschäftigt als in der Autoindustrie. Im Jahr 2015 gab es 356 000 Beschäftigte in der ambulanten Pflege, dazu 11 700 Auszubildende. Weitaus mehr Beschäf tigte gebe es in Pflegeheimen, wie die Zahl von 730 000 und 51 124 Auszubildenden ausweist. Weis betonte, dass trotz aller bisherigen Anstrengungen jede Menge zu verbessern sei.

Als Beispiel führte er bessere Bezahlung, die Aufnahme des Heilhilfsberufs in das Berufsbildungsgesetz, einheitliche Regelungen in den verschiedenen Bundesländern, eine generalistische Ausbildung für alle Pflegberufe und eine höhere Ausbildungsvergütung ins Feld.

Zahlreiche Verbesserungen seien notwendig, um zu verhindern, dass Pflegekräfte nach acht Jahren aus dem Beruf ausscheiden, weil sie den Anforderungen nicht mehr gewachsen seien. Notwendig sei etwa eine Verbesserung der Rahmenbedingungen wie verlässliche Freizeit und verlässlicher Dienst. Wichtig sei es auch, die Vormachtstellung der Krankenkassen zu ändern. Was als Verbesserung seitens der Politik angeboten werde, sei absolut unzureichend, was Weis an einer Reihe von Beispielen verdeutlichte.

Aus den Reihen der Besucher wurde bedauert, dass die Bürgerversicherung nicht berücksichtigt werde. Weis bezeichnete die beispielsweise 8000 neu zu besetzenden Stellen im Koalitionsvertrag als Lachnummer. Die reichten bei weitem nichts aus.