Die Teilnehmer arbeiten hoch konzentriert an den schwierigen Aufgaben. Foto: Hilbertz Foto: Schwarzwälder Bote

Integrationskurse in der Bergstadt helfen Zugewanderten, sich besser im Alltag zurechtzufinden

Ob Integration gelingen kann oder nicht, steht und fällt meistens mit den Sprachkenntnissen. Beim Deutsch-Integrationskurs in St. Georgen sieht man, wie viel Mühe sich die Teilnehmer geben, Teil unserer Gesellschaft zu werden.

St. Georgen. Kaum ein Thema spaltet die Deutschen so sehr wie das Phänomen der Zuwanderung. Egal wie man zu diesem Thema stehen mag: Wenn Menschen Teil unserer Gesellschaft werden, ist der Spracherwerb das Allerwichtigste. Ohne dieselbe Sprache sprechen zu können, ist ein alltäglicher Austausch von Informationen und Interaktion kaum möglich. Integration kann ohne sie nicht gelingen.

Aus diesem Grund werden Sprachkurse vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowohl gefördert als auch gefordert. Seit 2013 gibt es in St. Georgen einen solchen Sprachkurs für Menschen, die aus anderen Kulturen zu uns gekommen sind.

Deutsch als Fremdsprache wird in verschiedenen Niveaus angegeben: A1, A2, B1, B2, C1 und C2. A1 entspricht dem niedrigsten Niveau, bei diesem verfügt man nur über einen sehr geringen Wortschatz und kann nur einfachste Sätze bilden. B1 bedeutet, dass der Sprechende im Alltag grundlegend kommunizieren kann und beispielsweise beim Arztbesuch in der Lage ist, über seine Beschwerden zu sprechen. Wer eine deutsche Hochschule besuchen möchte, benötigt bereits C1. Die höchste Stufe C2 entspricht in etwa dem Niveau eines Muttersprachlers.

Die meisten streben das Niveau B1 an

Die aktuell 20 bis 25 Teilnehmer streben in dem Kurs das Sprachniveau B1 an, damit können die Kursteilnehmer laut Veranstalterin Christina Strauch "alltägliche Situationen gut meistern". Besonders auch für Mütter und Hausfrauen seien solche Sprachkurse wichtig, damit sie im Bereich der Kinderbetreuung mit den Lehrern und Erziehern kommunzieren und Kontakte zu anderen knüpfen können. Viele Arbeitnehmer setzen außerdem dieses Sprachniveau für potenzielle Bewerber voraus.

Insgesamt 700 Unterrichtsstunden sind für die Erlangung des Zertifikats nötig. Dafür kommen die Teilnehmer Montag bis Donnerstag für je fünf Stunden in den Kurs. Die letzten 100 Stunden des Kurses bestehen schließlich nicht mehr aus sprachlichen Inhalten, sondern haben deutsche Geschichte, Kultur und Politik zum Inhalt. In diesem abschließenden Teil des Kurses kommt es häufig zu spannenden Diskussionen, erzählt Strauch.

Am Ende des Kurses müssen die Sprachanwärter schließlich einen schriftlichen Test absolvieren. Außerdem gibt es eine mündliche Prüfung, bei der Alltagssituationen nachgespielt werden, zum Beispiel eine Reifenpanne.

Im Kursraum sitzen 17 Personen. Die meisten sind zwischen 20 und 40 Jahren alt. Auffallend ist, dass sehr viele Frauen anwesend sind – nur drei Männer sind im Raum. Leiterin Christina Strauch erklärt, dass die Männer zu dieser Zeit häufig berufstätig sind. Im Abendkurs sei es gerade andersherum: Da seien hauptsächlich die berufstätigen Männer anwesend. Viele der Anwesenden sind außerdem Mütter.

Anders als man es vielleicht erwarten würde, ist die Truppe sehr bunt gemischt. Nur ungefähr ein Drittel kommt aus Syrien. Viele kommen aus dem osteuropäischen Raum wie Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Lettland und Russland. Außerdem sind Länder wie die Türkei, Sri Lanka, Kamerun und Marokko vertreten. Auch eine Amerikanerin ist mit dabei. Trotz der Vielzahl von unterschiedlichen Kulturen in einem Raum fällt auf, dass menschliche Interaktion auch kulturübergreifend sehr gut funktioniert.

Bei der Vorstellungsrunde zeigen die engagierten Zugezogenen, was sie bisher gelernt haben. Obwohl sie erst seit wenigen Monaten den Deutschkurs besuchen, ist das Sprachniveau beachtlich. Jeder der Teilnehmer kann sich vorstellen, erzählen wie alt er ist, wo er herkommt, wie viel Kinder er hat, seit wann er in Deutschland ist und was seine Hobbys sind.

Auch ernste Themen finden Anklang

Einige der Teilnehmer beenden ihre Erzählungen mit dem Wort "Fertig", was alle Anwesenden zum Lachen bringt. Aber auch ernste Themen finden Anklang. Eine syrische Mutter von drei Kinder sagt: "Meine Hobbies sind: viel Weinen". Zwei ihre Kinder sind noch in Syrien und sie hat kaum Kontakt zu ihnen. Wer Mutter ist, wird nachvollziehen können, wie es sein muss, seine Kinder in einem Bürgerkriegsland zurückzulassen.

Es fällt außerdem auf, dass viele der Teilnehmer mehr Sprachen als Deutsch und ihre Muttersprache sprechen. Eine der Teilnehmerinen gibt an, dass sie Russisch, Lettisch, Italienisch und Englisch spricht. Deutsch soll nun auch noch hinzukommen.

Generell ist die Atmosphäre sehr locker und herzlich. Es wird viel gelacht. Wenn einer der Kursteilnehmer ein Wort nicht richtig ausspricht oder sich verhaspelt, ist das keine große Sache. Mit viel Selbstironie unterstützen sich die Schüler beim Deutschlernen gegenseitig. Das ist auch notwendig, da heute die vier Fälle auf der Agenda stehen. "Ich habe eine Sorge", meldet sich eine junge Teilnehmerin und beschreibt ihre Verwirrung. Engagiert erklärt ihr Lehrer Andreas Krämer die Irrwege deutscher Grammatik: "Diesen Fall gibt es nur im Dativ, mehr als den Plural brauchen wir nicht."

Strauch: "Da muss man viel Respekt vor haben"

Insgesamt ist es beachtlich, was die Teilnehmer in diesem Kurs leisten. Sich als Fremdsprachler die deutsche Sprache anzueignen, ist sicherlich kein leichtes Unterfangen. Genauso sieht es auch Strauch: "Man muss sich da wirklich durchbeißen, da muss man wirklich sehr viel Respekt vor den Menschen haben, die das machen". Sie findet es schade, dass man bei Debatten über die Integration viel zu oft nur über die Probleme spricht. "Man sieht in unserer Gesellschaft häufig nur das, was bei der Integration nicht so gut läuft. Es ist aber wichtig, dass man auch die positiven Aspekte zeigt", meint die engagierte Kursleiterin.

Treffpunkt Lernen hat seinen Hauptstandort in Donaueschingen. Ursprünglich war es ein Nachhilfeinstitut, seit 2005 kamen die Integrationskurse dazu, die zunächst schwerpunktmäßig in Donaueschingen stattfanden. Seit 2013 werden von Treffpunkt Lernen auch Integrationskurse in St. Georgen angeboten – sie sind derzeit die einzigen Träger, die in der Bergstadt Kurse anbieten dürfen. Diese müssen vom BAMF überprüft und zugelassen werden.