Thomas Geiger präsentiert mit Hannah Eckstein, Vorsitzende des Global Forest-Vereins, Kunstwerke in Buchform. Foto: Ginter

Urinieren steht im Fokus von Thomas Geigers Buch. Schon die Römer beschäftigt das Thema.

St. Georgen - Es ist eine Sache, die jeder kennt, die jeder schon einmal gemacht hat und die oft nicht ganz unproblematisch ist: die Notdurft außer Haus. Meist wird eher beschämt und mit vorgehaltener Hand darüber gesprochen – nicht so bei Thomas Geiger. Der Künstler, der seit zwei Monaten in den Räumlichkeiten des Global Forest-Vereins gastiert, hat sich dieser Thematik angenommen und sie künstlerisch verarbeitet.

Es sind die Grenzen des öffentlichen Raums, die Thomas Geiger faszinieren. "Es geht viel um das Dürfen. Was darf man, was nicht?", erläutert er. So auch beim heiklen Thema des öffentlichen Urinierens. "Es betrifft uns einfach alle, denn jeder muss mal", erklärt der aus Lörrach stammende Künstler, der mittlerweile in Wien lebt.

Schon die Römer beschäftigt das Thema

Viele Monate hat er sich mit dem "dringenden Geschäft" beschäftigt und ist dabei auf allerhand Kuriositäten gestoßen. Da wäre zum Beispiel das Lapee zu erwähnen: Ein rosarotes Pissoir, das eine Französin für das weibliche Geschlecht entwickelt hat. Denn gerade auch in Zeiten von Genderdiskursen, "Me too"-Debatten und dem allgegenwärtigen Streben nach sexueller Gleichstellung, treffe das Thema einen Nerv, wie Geiger erläutert. Es sei ein sehr politisches Feld.

Vor allem hat es die Menschheit auch seit jeher schon beschäftigt: So führte der römische Kaiser Vespasian eine Urin-Steuer ein – und alle, die mit Urin Geschäfte machten, etwa Gerber oder Reinigungsfrauen, mussten zahlen. Vespasian war schließlich auch Namensgeber für die ersten Pissoirs, die in Zeiten der französischen Revolution entwickelt wurden und Vespasiennes hießen.

Das produktive Ergebnis von Geigers ausgiebiger Recherche ist ein sogenanntes Künstlerbuch, das den vielsagenden Titel "75 wildest Urinators" trägt. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin, die von Beruf Grafikdesignerin ist, hat der 36-Jährige schon einige solcher Künstlerbücher entwickelt und zudem einen Verlag gegründet, der auch anderen Künstlern die Publikation ihrer Werke ermöglicht. Sein neuestes Werk ist ein Sammelsurium verschiedener Pinkel-Anekdoten, in der bekannte Persönlichkeiten wie Hilary Clinton oder Bill Gates zu Wort kommen.

Den Anfang macht die Bergstadt

Doch den Anfang im Buch macht tatsächlich St. Georgen – oder vielmehr die öffentliche Toilette am Marktplatz, die nach regelmäßigen Vandalen geschlossen und zur allgemeinen Zufriedenheit von der netten Toilette ersetzt wurde. Auch gebe es in der Stadt No-Go-Areas, die regelmäßig dem dringenden Bedürfnis vieler St. Georgener ausgesetzt seien. Die Stadt sei ein gutes Beispiel für die Problematik. "Wenn man das hochskaliert auf Großstädte kann man nur erahnen, wie es dort zugehen muss", so Geiger.

Am 4. Dezember wird Geiger zusammen mit Verlegerin Astrid Seme die Publikationen seines Verlags in der Stadtbibliothek vorstellen. Lucia Kienzler, Leiterin der Stadtbibliothek, ist schon gespannt: "Ich freue mich darauf. Die Kombination aus Kunst und Literatur ist mal was ganz anderes."

Am 11. Januar wird das Werk in den Räumlichkeiten des Global Forest-Vereins vorgestellt. Doch nicht nur das Buch wird ungewöhnlich werden, sondern auch die dazugehörige "Lecture-Performance". "Alle werden dabei eine besondere Position einnehmen", meint Geiger vielsagend.