Spiele machen nicht nur Spaß, sondern fördern auch die Konzentration und sind deshalb gut für das Gehirn. Foto: Zelenjuk Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Mentale Fitness im Fokus / Übungen lassen sich in den Alltag integrieren

St. Georgen. Fitter werden, abnehmen, sich bewusster ernähren: Das sind die Klassiker unter den guten Vorsätzen für das neue Jahr. Doch wie sieht es mit der mentalen Fitness aus? Sabine Hummel, ganzheitliche Gedächtnistrainerin und Fachpräventologin geistige Fitness aus St. Georgen, erklärt im Interview, wie man im Alltag einen klaren Kopf bewahrt.

Wenn ein Muskel nicht trainiert wird, verkümmert er. Gilt das auch für unsere "grauen Zellen"?

Ja, es ist enorm wichtig, unser Gehirn genauso wie unseren Körper zu trainieren. Egal in welchem Alter, man muss immer dranbleiben.

Ist es in der heutigen Zeit mit ihren vielen Reizen und Informationen schwer, auch mental fit zu bleiben?

Tatsächlich, wir haben jeden Tag so viel im Kopf. Der alltägliche Stress löst viele Probleme aus. Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen sind nur zwei Beispiele. Und auch das Multitasking beim Arbeiten ist nicht gut für das Gehirn. Das haben die Wissenschaftler inzwischen bewiesen. Klar lässt sich das in manchen Berufen nicht unterbinden. Aber wenn es irgendwie geht, soll man versuchen, die eine Aufgabe zu erledigen und erst dann mit der nächsten anzufangen.

Kann auch Bewegung hilfreich sein?

Natürlich! Geht man raus in die Natur und in den Wald, soll man dann bewusst auf sein Umfeld achten. Was passiert um mich herum? Was höre und was sehe ich? Dadurch werden wir aufmerksamer – und das regt unser Gehirn an.

Sie raten also, auch Spaziergänge für die Verbesserung der mentalen Fitness zu nutzen?

Man kann sich, während man spazieren geht, auch Städte oder Flüsse von A bis Z überlegen, von einhundert bis eins rückwärts zählen oder auch ganz bewusst den Schritt wechseln, also mal langsamer und mal schneller laufen.

Wie sieht es mit dem Handy und Co. aus? Werden wir dadurch immer fauler?

Ich glaube schon. Das Handy erleichtert zwar unseren Alltag, aber wir müssen uns ja keine Nummern und keine Passwörter mehr merken. Und auch das ständige Googeln hat seine Nachteile. Früher haben wir alles in Büchern nachgeschlagen, und viele Abläufe waren in diesen Prozess integriert.

Welche Abläufe meinen Sie?

Man musste zum Regal gehen, das Buch herausholen und die richtige Stelle im Lexikon finden. Für unser Gehirn war es eine gute Übung.

Gibt es trotzdem Hoffnung, dass wir mit bestimmten Tricks auch in der digitalen Welt unser Gehirn auf Trab halten können?

Ja, die gibt es. Ganz wichtig sind zum Beispiel unsere Finger. Die Beweglichkeit von Fingern hat viel mit der Beweglichkeit des Gehirns zu tun. Däumchen drehen, Finger tippen, Hände drücken – diese kleinen Übungen kosten nicht so viel Zeit, vielleicht nur eine Minute zwischendurch, aber sie bewegen ganz viel im Kopf und sind für das Gedächtnis gut. Man muss nur immer daran denken.

Was können wir außerdem tun, um möglichst lange fit im Kopf zu bleiben?

Eine gute Methode ist, die gewohnten Bewegungsabläufe zu ändern. Es ist wichtig, dass man aufmerksam bleibt und auch versucht, eingefahrene Denkstrukturen zu ändern.

Zum Beispiel?

Man kann versuchen, mit der linken Hand Zähne zu putzen oder beim Frühstück, während man sein Brötchen schmiert, auf einem Bein zu stehen. Man merkt dann schnell, dass das einem ganz schön schwerfällt. Das regt aber das Gehirn an. Genau so ist es, wenn wir beim Spazierenlaufen mal einen anderen Weg nehmen.

Dafür muss man aber schon seine Komfortzone verlassen, oder?

Ja, selbstverständlich. Manchmal muss man sich überwinden. Wenn wir in der Schublade in der Küche Messer, Gabeln und Löffel vertauschen, müssen wir uns umstellen –aber das macht ganz viel in unserem Kopf. Es ist wichtig, offen für Neues zu bleiben. Es bringt zum Beispiel auch viel, regelmäßig Wörter im Lexikon nachzuschlagen. Aber auch die direkte Kommunikation, der Austausch, das Gespräch spielen eine sehr große Rolle.

Und Kreuzworträtsel?

Da ist es ratsam, nicht immer bei den gleichen zu bleiben, sondern die Arten von Kreuzworträtseln immer wieder zu wechseln. Sonst lernt man nicht so viel, es sind nur Abrufe vom bereits vorhandenen Wissen.

Kann man sagen, dass das Thema mentale Fitness in erster Linie Senioren betrifft?

Nein. Eigentlich hat jede Altersgruppe ihre Besonderheiten. Bei Senioren sind es meistens Wortfindungsstörungen. Für Schüler ist das Gedächtnistraining sehr wichtig, und bei Berufstätigen kommen Merkfähigkeit und Konzentration ins Spiel.  Die Fragen stellte Tatsiana

Zelenjuk.