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Nach Kriegsende herrschen im "Distrikt" strenge Vorschriften / Zugreisen sind eingeschränkt

Im Sommer 1945 war die Bevölkerung mit schweren Umständen konfrontiert. Was sie zu tun und lassen hatte, war von der französischen Militärregierung vorgegeben.

St. Georgen. Nach Weltkriegsende hatten im Land die französischen Besatzer das Sagen. Letztlich kontrollierten diese auch den Nachrichtenfluss. Im "Verkündungsblatt" vom 30. Juni 1945, vor genau 75 Jahren, erlegte diese herrschende Macht den Bergstädtern strenge Regeln auf. Bei Nichtbefolgen drohten harte Strafen.

Das Titelthema des damaligen Verkündungsblatts, der Transport mit der Deutschen Reichsbahn, stellt heraus, worauf es damals wirklich ankam: auf das Wesentliche.

Thematisiert wird die "Wiederaufnahme des Eisenbahnverkehrs". Verkündet wird, dass die Zuständigkeit nunmehr bei der "Reichsbahndirektion Karlsruhe" liegt – und zwar für das gesamte Eisenbahnliniennetz im Bereich der ersten französischem Armee.

Ein "allgemeiner Reise- und Güterverkehr" wird im Sommer 1945 noch nicht aufgenommen. Es verkehren nur sogenannte Dienst- oder Arbeiterzüge. Diese dienen vorrangig den Bediensteten der Eisenbahn und den Besatzungsmächten selbst. Lebenswichtige Güter werden aber auch transportiert. Zivilpersonen, die den Passierschein "Laisser-Passer" der Besatzungsbehörde besitzen, können die Züge nutzen – sofern diese freie Kapazitäten haben. Das gesamte Fahrplanangebot der Region zwischen Waldshut, Konstanz und Ulm lässt sich auf wenigen Zeilen zusammenfassen.

Die Nachkriegszeit verlangt Prioritäten, nicht nur beim Transportverkehr. Ebenfalls auf der Tagesordnung des Nachkriegsblattes stehen die Landwirtschaft und Ernährungssicherung.

Bei der Bekämpfung des Kartoffelkäfers müssen auch die jüngsten Bürger ihren Beitrag leisten. Schulkinder werden abgeordert, die drohende Plage zu beseitigen.

Morgens um 8 Uhr geht es mit der Meldung auf dem Bärenplatz los. Von dort aus verstreuen sich die jungen Hände zur Schädlingssuche. Die Käfer zu bekämpfen, ist Pflicht. Wer nicht kommt, aber keinen ordentlichen Grund vorzuweisen hat, wird "künftig streng bestraft", heißt es im Blatt. Gemeint sind in diesem Fall zumindest aber die Eltern.

"Es muss an das Pflichtbewusstsein der Eltern eindringlich appelliert werden, dass die Schulkinder den Suchdienst pünktlich erfüllen", heißt es in der Mitteilung. Jeden Tag mussten die Kinder bis zu einem Alter von 16 Jahren diesen Gemeindienst verrichten. Frei war nur der Samstag.

Häusliche Arbeiten im Elternhaus, die für die Kinder auch anfielen, waren bei der Käfersuche keine geduldete Ausrede. Lediglich die Kinder, die bereits einer "versicherungspflichtigen Arbeit" nachgingen, konnten der Schädlingsbekämpfung fern bleiben. Die Furcht vor der ausbleibenden Versorgung durch die Knollenfrucht war groß. Die Felder wurden zusätzlich auch mit chemischen Spritzmitteln behandelt.

Auf die Lebensmittelmarken alleine konnte man sich zu dieser Zeit offenbar nicht verlassen. Das zeigt auch der Blick auf die verkündeten Lebensmittelrationen.

Wie dem Blatt zu entnehmen ist, waren die zugeteilte Notversorgung an Lebensmitteln äußerst gering. Für einen Monat mussten dem erwachsenen "Normalverbraucher" reichen: 4000 Gramm Brot, weniger als ein halbes Kilo Fleisch, rund ein Pfund Fett sowie 125 Gramm Quark und 187,5 Gramm Käse. Hinzu kamen 500 Gramm Nährmittel. Nach Auskunft des Zeitzeugen Otto Rapp dürfte es sich dabei um Nahrungsmittel in Pulverform, zum Beispiel Mehl oder Suppe, handeln.

Zu guter Letzt informierte das von der Militärregierung abgesegnete Blatt auch noch über die aktuellen Geschehnisse im Umland. Hierzu war im Blatt gleich von zwei spektakulären Unfällen zu lesen, die sich in Tennenbronn bei der Heuernte ereigneten. Beim ersten Unfall handelte es sich um eine junge Frau, die beim Heuladen verletzt wurde. Noch auf der Wegstrecke, als sich die Bäuerin auf ihrem Wagen befand, flog diese von ihrem Gefährt. Grund war eine brechende Spannvorrichtung. Ein zurückschnellendes Teil erfasste die Frau, warf sie von ihrem Wagen und sorgte dafür, dass diese bewusstlos liegen blieb. Die Frau konnte sich jedoch rasch wieder erholen.

Schlimmer traf es einen anderen Landarbeiter. Beim Heuabladen mit einem Kraftaufzug umschlang ein Seil den Fuß des Arbeiters. Dieser erkannte die Gefahr zu spät, konnte den Aufzug nicht mehr abstellen und wurde dadurch mitgerissen.

In einem "bedenklichen Zustand" habe der Mann ins Krankenhaus gebracht werden müssen, schreibt das Blatt.

Das Verkündungsblatt für die Stadt St. Georgen und Umgebung erschien einmal wöchentlich. Herausgegeben wurde das Blatt mit Genehmigung der Militärregierung. Enthalten waren Mitteilungen durch die Bürgermeister von St. Georgen, Brigach, Oberkirnach, Peterzell, Stockburg, Langenschiltach und Tennenbronn. Zudem teilte die Militärregierung darin ihre Verordnungen mit.