Heutzutage zahlt man oft mit der Kreditkarte. Im Sommer 1945 war man hiervon noch meilenweit entfernt. Zum einen gab es die Technik nicht, zum anderen fehlte das Geld. Foto: Pixabay Foto: Schwarzwälder Bote

Vergangenes: Im Verkündungsblatt vom 14. Juli 1945 geht es unter anderem um den Geldverkehr

St. Georgen. Einmal wöchentlich erschien in der Nachkriegszeit das sogenannte "Verkündigungsblatt". In dem Mitteilungsblatt war das Wichtigste die Stadt St. Georgen betreffend zu erfahren. Das Besondere: Das Verkündigungsblatt erschien nur mit Erlaubnis der französischen Militärregierung. Darin wurden den Bürger strenge Regeln auferlegt.

Heute vor 75 Jahren war das Rathaus in den Farben blau, weiß und rot geschmückt. Wegen des französischen Nationalfeiertags trug St. Georgen die Farben seiner Besatzer. Dazu appellierte die Gemeinde an ihre Bürger, entsprechend Farbe zu bekennen, wie im Verkündungsblatt zu lesen ist. Auch das Rathaus wird "seinen Schmuck erhalten und damit der guten Zusammenarbeit zwischen dem Herrn Stadtkommandanten und ziviler Verwaltung Ausdruck geben", heißt es im Blatt seitens der Gemeinde.

Betroffene können für das Nötigste einen Freibetrag beantragen

Wie sich diese "Zusammenarbeit" gestaltete, bekamen Bürger beim Gang zur Bank zu spüren. Viele der Konten waren gesperrt. Politisch Verfolgte, ehemalige Anhänger der Nationalsozialisten, konnten über ihr Vermögen nicht frei verfügen. Auf Grundlage eines Militärgesetzes unterlag dies der Sperrung und Kontrolle der Besatzer.

An diesen Umstand erinnert sich auch Otto Rapp noch gut. "Das waren ja fast alle!", sagt der Zeitzeuge über die Betroffenen. Vergleichbar mit der DDR habe die Mehrheit damals der herrschenden Partei angehört, so Rapp.

Das Blatt vom 14. Juli thematisierte letztlich hauptsächlich die richtige bürokratische Handhabe bei der Kontensperrung. Über das Formular "AKG 2" konnten die Betroffenen einen Freibetrag beantrage. Dadurch ließ sich dann das absolut Nötigste besorgen. "Wir haben Hunger gehabt", schildert der damals neunjährige Rapp die herrschenden Umstände.

Ein noch viel wichtiger Prozess im Sommer 1945 war derweil die Rückführung der Evakuierten und Vertriebenen. Wegen der "Kriegsschrecken", insbesondere auch den Luftkriege, waren die Menschen vielerorts geflohen. Die "Hinausgestoßen" hätten in ruhigeren Gegenden, zum Beispiel im Hochschwarzwald oder in St. Georgen, einen Zufluchtsort gefunden, heißt es im Blatt. Die Herausforderung im Sommer 1945 bestand aber vielmehr darin, die Evakuierten nun wieder heimzuführen.

"Ihre Zahl zählte nach Tausenden", heißt es in dem Dokument, womit sicherlich der gesamte Schwarzwald gemeint ist. Weiter unten in dem Mitteilungsblatt ist die Rede von 40 Transporten, bei denen etwa 600 Personen befördert wurden. Eine Zahl, die den Evakuierten "unserer badischen Heimat und dem benachbarten Elsaß" galt.

Das Zugfahren wird in einer Kolumne aufgegriffen

Für viele der übrigen Vertriebenen stand die Rückführung noch aus. Für jene, "deren Heimat sich meist westlich und nördlich der Mainlinie" befand, musste erst die "umfassende, durchgehende Aufnahme des Eisenbahnverkehrs abgewartet werden".

Wie sich der 84-jährige Rapp erinnert, waren die Züge zerbombt. Glasscheiben fehlten, dafür waren die Fenster mit Holzbrettern zugenagelt. Auch die Dampfkessel schlossen nicht immer richtig. Wenn es keine geeignete Kohle gab, musste Holz mit schlechteren Brenneigenschaften herhalten.

Offenbar verstanden die Menschen beim Thema "Reisen mit der Bahn" auch deswegen damals wenig Spaß. In der Rubrik "Haben Sie schon gehört ...?", eine Art Kolumne im Verkündungsblatt, ist folgender Dialog nachzulesen.

Frau A. fragt dort: "Haben Sie schon gehört, daß man wieder Zug fahren kann, sogar nach Konstanz, Frau M.?". Daraufhin antwortet diese: "Ja, ja, das weiß ich, aber nach Konstanz fahren kostet jetzt 80 Reichsmark, hin und her." Eine Summe, die der anderen Dame die Sprache verschlägt. Ein Bahnbeamter schreitet ein und korrigiert: "Die Fahrkarte kostet heute auf Heller und Pfennig genau denselben Betrag wie bisher." Offenbar gingen die beiden Damen einem Gerücht auf den Leim.

Und von solchen Gerüchten und effekthaschenden Neuigkeiten wollte man damals nichts wissen. "Diese Gerüchtemacherei ist eine wahre Krankheit geworden", heißt es als Kommentar im Blatt. Die abschließenden Worte zur Kolumne lauten: "Machen wir endlich einmal Schluß mit diesem Wichtiggetue und wenden uns Nutzbringendem zu, woran in unserer Zeit bestimmt kein Mangel ist, denn damit nützen wir uns selbst."