St. Georgen - EBM-Papst St. Georgen plant mit einem Verlustergebnis für das Geschäftsjahr 2018/19. Laut dem Unternehmen gibt es Probleme im Automotive-Bereich. Deshalb werden nun "alle Optionen" geprüft – auch Kündigungen sind nicht ausgeschlossen.

Es ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann: Knapp zwei Milliarden Euro umfasst der Umsatz, den die Ebm-Papst-Gruppe im Geschäftsjahr 2016/17 erzielte, 397 Millionen Euro davon gehen auf das Konto der St. Georgener GmbH, die neben der Bergstadt auch den Standort Herbolzheim umfasst.

Wie nun allerdings bekannt wurde, kränkelt es in der Bergstadt innerhalb des Betriebs. Am vergangenen Freitag wurden die Mitarbeiter der Standorte zu Informationsveranstaltungen zusammengerufen. Das Problem: Das Geschäftsfeld Automotive wirft zu wenig Ertrag ab. Von Investitionsstopp, Personalabbau und der Prüfung der Abläufe ist laut gut informierten Kreisen bei der Versammlung die Rede. Auch der Verkauf der gesamten Sparte stehe demnach zur Diskussion.

Auf Nachfrage bestätigt das Unternehmen, dass man vor "einschneidenden Veränderungen stehe". "Nicht zuletzt aufgrund von riskanten Entscheidungen der Vergangenheit – unter anderem wurden auch nachteilige Verträge geschlossen – steht dem Geschäftsfeld Automotive ein Verlust für das Geschäftsjahr 2018/19 bevor", so Pressesprecher Hauke Hannig.

Im Geschäftsfeld Automotive sind rund die Hälfte aller Angestellten der beiden Standorte, also 800 Mitarbeiter, tätig. Angesprochen auf mögliche Kündigungen, meint Johannes Pfeffer, Sprecher der Geschäftsführung von EBM-Papst St. Georgen: "Es wurden noch keine Entscheidungen getroffen, und wir möchten auch keine Ängste schüren." Ziel sei es, bestehende Arbeitsplätze bei EBM-Papst St. Georgen zu halten und langfristig zu sichern.

Man habe die Mitarbeiter frühzeitig über die Situation informieren wollen, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Bereits seit knapp drei Jahren sei die negative Entwicklung bemerkbar. "Wir haben nun aber einen Stand erreicht, wo wir von den Gesellschaftern Signale empfangen, dass es so nicht weitergehen kann", erklärt Pfeffer die Hintergründe.

Im Hinblick auf mögliche Fehlentscheidungen zeigt sich das Unternehmen indes durchaus selbstkritisch. "Wir haben Projekte ins Haus geholt, die riskant waren. Die eine nahezu perfekte Umsetzung erfordert hätten", gibt Pfeffer zu. Angesichts noch nicht vollends ausgereifter Automatisierungsprozesse und zu hohen Stillstandzeiten seien die Kostenkalkulationen nicht aufgegangen.

Darüber hinaus gebe es aber auch externe Faktoren, die zur Verschlechterung der Situation beigetragen hätten, wie etwa ungeplante Materialpreisverteuerungen oder Elektronikbauteile, die in ihren Preisen dramatisch angestiegen sind. "Das ist eine Gemengelage, hinzu kommt noch der relativ hohe Tarifabschluss", bilanziert Pfeffer.

Neben dem Geschäftsfeld Automotive umfasst EBM-Papst St. Georgen die industrielle Lufttechnik und die Antriebstechnik. Diese Geschäftszweige seien zwar nicht von der Krise betroffen, dennoch wurden alle Mitarbeiter über den Stand der Dinge informiert. "Wir wollen keine Zweiklassengesellschaft im Unternehmen etablieren und unter keinen Umständen eine Spaltung riskieren." Darüber hinaus seien die Geschäftsfelder innerhalb der Firma stark verzahnt. "Wenn man bei einer Einheit etwas tun muss, würde immer auch die andere Einheit betroffen sein", so Pfeffer. Man sei auch im Gespräch mit der Arbeitnehmervertretung.

Neben den Senkungen der laufenden Kosten beinhaltet der Maßnahmenkatalog des Unternehmens auch die Verhandlung mit Lieferanten und Kunden im Automotive-Bereich und betrifft ebenfalls in diesem Geschäftsfeld getätigte, aktuelle Investitionen.

"Die Automobilbranche ist ein wirklich hartes Geschäft, daraus kann man aber auch viel lernen", meint Pfeffer. Man wolle daher die Veränderungen im Ablauf, den Prozessen, Methoden und internen Einstellungen auf alle Geschäftseinheiten übertragen. Durch rasches Handeln erhofft sich EBM-Papst St. Georgen somit, möglichst unbeschadet die Krise zu überstehen: "Wir wollen das Heft des Handelns in der Hand behalten, um nicht hinterher von Dingen überrascht zu werden, die wir nicht mehr kontrollieren können – und die für uns alle unerfreulich wären."

Kommentar: Wichtiger Schritt

Von Nadine Klossek

Erneut gerät ein St. Georgener Unternehmen in die Schlagzeilen, weil es wirtschaftliche Probleme hat. Zuletzt rollte eine Entlassungswelle über Grässlin hinweg, die auf jahrelange Versäumnisse vonseiten der Firma zurückgeführt werden. Nun also trifft es eines der wichtigsten Unternehmen der Bergstadt, das – man erinnere sich – bereits 2009 während der Automobilkrise in die roten Zahlen gerutscht war. Zwei Fälle, die sich ähneln – und doch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Während Grässlin zu spät die Handbremse zog und Investitionen versäumte, besteht bei EBM-Papst Hoffnung. Die Probleme, die in die Krise führten, sind ausgemacht. Es wurde früh genug reagiert, noch hat die Firma »das Heft des Handelns in der Hand«, wie es Johannes Pfeffer formulierte. Der erste wichtige Schritt, um Arbeitsplätze zu sichern, ist damit getan.