Schulleiter Jörg Westermann begrüßt die Gäste zu einem Vortrag über faire Kleidung von Frank Herrmann. Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Weltfairänderer: Buchautor Frank Herrmann spricht über die Ausbeutung in der Kleidungsindustrie

St. Georgen. Einen nachdenklich stimmenden Vortrag zum Thema "faire Kleidung" hielt der Buchautor Frank Herrmann im Rahmen der "Weltfairänderer"-Woche an der Robert-Gerwig-Schule. Die Bürgerstiftung finanzierte die Veranstaltung. Die Resonanz der Besucher hielt sich in Grenzen.

Herrmann erinnerte zu Beginn an Unfälle und Konfrontationen mit der Obrigkeit in Textilfabriken in Pakistan, Bangladesch oder Kambodscha. Dabei kamen zum Teil mehrere hundert Menschen ums Leben. Kleidungsetiketts müssten überschrieben sein mit "Made in Hell – Hergestellt im rechtsfreien Raum", so Hermann.

Ein Problem seien die vielen Zulieferer, die zudem Aufträge an andere weitergeben. Herrmann verwies auf einen Greenpeace-Check. Der ergab für fast alle Firmen die Note "Ungenügend".

Im vergangenen Jahr gaben die Deutschen 62,3 Milliarden Euro für Kleidung aus, berichtet der Referent. Ein Großteil werde kaum getragen. Unter den zehn größten Textilhändlern Deutschlands liegen zwei Discounter.

Stundenlohn liegt bei 31 Cent

Die wichtigsten Herstellungsländer für billige Kleidung seien China, Bangladesch und die Türkei. Der Stundenlohn einer Arbeiterin in Bangladesch liege bei 31 Cent. Dort koste ein kleines Zimmer zur Miete 20 bis 30 Euro pro Monat, der Mindestlohn liege bei nur 19 Prozent des existenzsichernden Lohns.

Noch dramatischer sei die Lage in Südosteuropa. In Rumänien liege der Mindestlohn bei 1,29 Euro pro Stunde. Bei einer Lohnverdoppelung erhöhe sich der Preis eines T-Shirts nur um 50 Cent. Allerdings würden dann Firmen abwandern, Länder gegeneinander ausgespielt.

Laut Herrmann gibt es keine zu 100 Prozent faire Kleidung. Jedes Siegel decke nur Teilbereiche ab. "Fairtrade Textile Productions" versuche das zu ändern. Weitere Siegel seien "Fairtrade Certified Cotton", "Fairtrade Cotton Program", eines von Naturland oder "Global Organic Textile Standard", das soziale Komponenten berücksichtige. Den höchsten Standard habe IVN. Das von der deutschen Politik lancierte "Bündnis für nachhaltige Textilien" beruhe auf Freiwilligkeit. Ein gutes Beispiel für Mode aus Deutschland sei Manomama aus Augsburg, wo Menschen mit Handicap angestellt würden.

Wenn Baumwolle, dann nur Bio-Qualität

Auf die Frage hin, was einzelne Verbraucher tun könnten, riet Herrmann davon ab, bestimmte Länder zu boykottieren, da man so nur Arbeitern schade. Der Boykott von Einzelfirmen sei aber gerechtfertigt. Der Kauf von Produkten kleiner Labels oder Weltläden könne helfen, ebenso wie auf das "Fair Wear Foundation"-Label zu achten.

Man solle an Geschäftsleitungen schreiben und sich nach Produktionsbedingungen erkundigen. Auch Politiker könne man fragen, woher die Kleidung für städtische Bedienstete komme.

Wenn Baumwolle, dann Bio, so Herrmann. Die sei ansonsten eines der schädlichsten Anbauprodukte mit viel Chemikalien und hohem Wasserverbrauch. Auch konkurriere sie mit Nahrungsanbau. Andere Tipps waren, weniger, aber bessere Qualität zu kaufen und Discounter zu meiden.

Der Referent sprach auch über Kleidertauschbörsen. Outdoorkleidung sei oft ein Giftschrank mit gefährlichen Chemikalien. In der Stadt brauche man keine Kleidung für den Himalaja. Daunen stammten oft von lebend gerupften Gänsen. Als Alternative gebe es Naturfasern wie Kork, Leinen oder Bambus.

Ein weiteres Problem sah Herrmann bei Leder. Ein Kilo Rinderhaut benötige 17 100 Liter Wasser, 7,4 Kilo Getreide und 41 Kilo Viehfutter. Auch werde Kühen zum Teil die Haut bei lebendigem Leib abgezogen, Arbeiter stünden in einer Chrombrühe. Ein sehr hohes Niveau an Standards biete auch hier IVN.

Faire Mode allein genüge aber nicht, Nachhaltigkeit betreffe alle Bereiche: "Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun", zitierte Herrmann Dichter Johann Wolfgang von Goethe.