Manfred Bökenkamp referiert über die transsibirische Eisenbahn in der "Geschichtstruhe". Foto: Hübner Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Manfred Bökenkamp erläutert Hintergründe zur Transsibirischen Eisenbahn / Persönliche Geschichte

Wann begann der Bau der Transsibirischen Eisenbahn? Wie lange ist die Bahnstrecke? Fragen wie diese beantwortete der Vortrag von Manfred Bökenkamp.

St. Georgen. Viele Details über den Bau der Transsibirischen Eisenbahn hatte Manfred Bökenkamp bei einem Vortrag in den Räumen des Vereins für Heimatgeschichte parat. Er sei ein Kind der "Transsib", da seine Eltern und Großeltern ohne sie wohl kaum zusammengekommen wären, so Bökenkamp. Sein Großvater reiste noch 1899 acht Wochen per Schiff von Hamburg nach Wladiwostok, wo er arbeitete. Seinen Urlaub konnte er später per Bahn antreten, was nur noch 14 Tage bis drei Wochen beanspruchte.

Laut Bökenkamp hatte Russland damals noch den julianischen Kalender, der im Vergleich zum gregorianischen Kalender um 13 Tage verschoben ist.

Russland habe mehrere Zeitzonen, Uhren an Bahnhöfen zeigten auf einer Seite Moskauer, auf der anderen Seite Ortszeit, Fahrpläne aber nur die Moskauer. 1973 habe er seinen ersten Rubel für vier Deutsche Mark und acht Pfennig getauscht, heute liege ein Rubel bei zehn Cent. Die evangelische Kirche in Wladiwostok werde seit 1908 von Hamburg aus verwaltet.

Die Trasse ist 9000 Kilometer lang

Dem Bau zugrunde lag eine Idee von 1860, die Amur-Region per Pferdebahn an Wladiwostok anzubinden, was Zar Alexander II. ablehnte. Der deutschstämmige Finanzminister Sergei Julievich Witte überzeugte seinen Nachfolger Alexander III. Von dem Projekt.

Der Bau begann 1891, etwa 25 Jahre nach der Schwarzwaldbahn. Beide Projekte kämpften aber mit ähnlichen Schwierigkeiten.

Die über 9000 Kilometer lange Trasse hat verschiedene Abschnitte, unter anderem den europäischen oder den vorsibirischen. Besonders teuer und zeitaufwendig war der Abschnitt beim Baikalsee mit sieben Kilometer Tunnel, einigen Brücken, Viadukten, Stützmauern und Schutzbauten gegen Steinschlag. Bis zu deren Fertigstellung gab es eine aufwendige Zwischenlösung in Form einer Fähre, die 25 Waggons aufnehmen konnte. Das Schiff wurde in Einzelteile zerlegt zum Baikalsee gebracht und dort in eineinhalb Jahren zusammengebaut. Die Fähre konnte Eis bis zu einer Dicke von 1,5 Metern brechen.

Waggons per Pferd über den gefrorenen Baikalsee

Da die russische Regierung 1904 einen Angriff der Japaner befürchtete, wurde der Bahnbau beschleunigt, es entstand eine Strecke bis nach China. Es wurden sogar Schienen über den 1600 Meter tiefen, zugefrorenen Baikalsee gelegt und Waggons per Pferd darüber gezogen.

Das hohe Bautempo führte zu primitiver Bauweise. Schienen wogen nur halb so viel wie hierzulande, Schwellen waren festgenagelte Bäume. Deshalb kam es zu vielen Unfällen. Die Arbeiter waren oft Soldaten, Sträflinge oder Verbannte. In Westsibirien wurden 28 große Flüsse mit Brücken mit einer Gesamtlänge von 68 Kilometern überquert.

Laut Bökenkamp stammten die Waggons zeitweise alle aus der DDR, noch heute hat jeder Waggon einen Samowar zum Zubereiten von Brühe, Tee und anderem.

Am Südende des Baikalsees gibt es den angeblich einzigen Marmorbahnhof der Welt. Die Brücke über den Jennissei wurde mit der selben Technik wie der Eiffelturm gebaut und war 1900 bei der Weltausstellung in Paris zu sehen. Erst 1935 entstand ein zweites Gleis.

Spurbreiten sind in den Ländern unterschiedlich

Züge müssen wegen unterschiedlicher Spurbreite zwischen Europa und Russland in mehrstündiger Arbeit umgespurt werden. Das funktioniert aber nicht beim Sonderzug namens "Zarengold". Die Gesamtkosten der Bahn wurden laut Bökenkamp nie berechnet.