Expertin Bettina Sättele: Der Biber bereichert die Landschaft. Gespräche und Zusammenarbeit wichtig.
St. Georgen - Eine Biber-Familie hat das Erscheinungsbild des Areals hinter dem Klosterweiher stark verändert. Bei einem Rundgang um das Gelände erklärt Bibermanagerin Bettina Sättele Wissenswertes zum heimischen Nagetier.
Vom Wegesrand aus sehen Spaziergänger deutlich, dass die Biber auch im Winter aktiv waren. "Sind Sie auf der Suche nach dem Biber?", fragt ein Ehepaar, das das milde Frühlingswetter nutzt, um sich an der frischen Luft zu bewegen. Mit dabei auf der Erkundungstour ist Bettina Sättele. Mit ihrem Fachbüro für Biberfragen ist sie für Städte und Kommunen, Landwirte aber auch Privatpersonen Ansprechpartnerin, wenn es um den Biber geht. Sie ist für das Regierungspräsidium Freiburg im gesamten Regierungsbezirk unterwegs.
Nach einigen Schritten ins Feld wird die Arbeit des Bibers sichtbar. Denn am Gehölz angelangt, zeigt sich, wie sich das heimische Nagetier der Bäume annimmt. Tatsächlich fressen Biber vor allem im Winter die Rinden von Gehölzen. Vorzugsweise ernährt er sich von Weichhölzern wie Pappeln, Weiden oder Auwaldgehölzen. Auf dem veganen Speiseplan stehen außerdem Blätter, Wasserpflanzen und Kräuter.
Auf dem Areal hinter dem Klosterweiher lebt eine Biber-Familie. Seit circa fünf Jahren schon, schätzt Sättele. Durchschnittlich besteht eine Biber-Familie aus vier bis sechs Tieren. So wird es auch am Klosterweiher der Fall sein. Ein Mal pro Jahr, im April oder Mai, bekommen sie Nachwuchs – ein bis drei Jungtiere. Im Alter von zwei Jahren wandern die Jungtiere ab. In freier Wildbahn wird das Nagetier etwa zehn bis zwölf Jahre alt.
Gewässer werden wieder miteinander vernetzt
"Der Biber bereichert die Landschaft. Das ist großartig, was er macht", schwärmt die Bibermanagerin, die in Hohenheim Biologie studierte. Er schaffe ein hochwertiges Biotop, erläutert Sättele. Es habe einen Radius von etwa einem Kilometer um das Revierzentrum herum.
Das Nagetier bringe eine hohe Dynamik in Flächen. Das sei sehr wertvoll für den Nährstoffhaushalt, weiß sie. Durch seine Aktivität vernetzte er beispielsweise die Gewässer wieder miteinander. Dadurch bringe er Auen und Wanderkorridore zurück – und mit ihnen die Lebensräume für Wildtiere, schildert die Biologin, die seit 2003 als Bibermanagerin tätig ist.
Durch seine Dämme sorge der Biber für Wasserrückhaltung und Grundwasseranreicherung. Dadurch fließt das Wasser langsamer ab. Dies sei gut für die Landschaft. Insbesondere, wenn es im Sommer zu Hitze- oder Trockenzeiten kommt. Denn durch einen Staudamm werde die Fläche kontinuierlich bewässert.
Das Biber-Management beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wo man dem Biber Raum gibt. Dieser müsse aktiv gestaltet werden. Weitere Aufgaben, die Sättele wahrnimmt, sind unter anderem die Erstbetreuung bei Problemen, das Suchen von Lösungen, das Einbinden von Behörden sowie Konfliktmanagement.
Landwirte sind die größten Leidtragenden
"Eine klare Absprache ist notwendig. Dann muss man die Dinge abwägen und auch Zugeständnisse machen." Wenn Biber auf einem Gebiet keine Zukunft haben, kann Bettina Sättele die Erlaubnis erteilen, einen Damm abzureißen. "Dann muss der Damm sofort und kontinuierlich abgebaut werden, dass der Biber sieht, dass er hier keine Zukunft hat."
Ganz wichtig sei Transparenz und der Dialog mit den Beteiligten. So auch mit den Landwirten. "Es ist wichtig, sich eng mit der Landwirtschaft abzusprechen." Im Idealfall kann vom Biber besiedelte landwirtschaftliche Fläche abgetauscht werden. Klar sei, dass die Landwirte ihre Existenzgrundlage weiterhin behalten sollen.
Bei einer guten Gehölzlage siedelt der Biber für etwa zehn Jahre an einem Ort an. Flächen können auch lange Zeit verwaist bleiben. Die Staustufen funktionieren nur, so lange der Biber da ist, da er kontinuierlich daran arbeitet. Wandert er ab, laufen die Staustufen in kurzer Zeit ab, erläutert Sättele.
Eine Überpopulation schließt die Biberfachfrau aus. Einerseits sei dies dem Fortpflanzungsverhalten geschuldet, andererseits auch der Futterlage. Unter Bibern finden zudem "heftigste Revierkämpfe statt", sagt sie. Oft seien die Verbisse so schlimm, dass die Tiere sterben oder lang anhaltende Infektionen erleiden. "Das sorgt für eine starke Regulation im Bestand."
Probleme, die eine Besiedlung durch den Biber mit sich bringen können, seien laut der Biberexpertin überschaubar und auch abschätzbar. Landwirte seien die größten Leidtragenden. Durch Biberuntergrabungen und Röhren können Maschinen einsinken und Schaden nehmen. Die Gemeinde müsse vermehrt der Verkehrssicherungspflicht an Wegen nachkommen, sodass angenagte Bäume nicht umfallen. Dem Biberbiss kann mit Gehölzschutz und Draht vorgebeugt werden.
Auf einer ausgeglichenen Fläche, wie sie hinter dem Klosterweiher gegeben ist, bauen Biber eine Burg. Der Grund: Sie benötigen Sauerstoff zum Atmen. Ihren Eingang halten die Nagetiere unter Wasser. So halten sie den Feinddruck gering. Außerdem friere das Wasser im Winter weniger zu. "Biber brauchen auch im Winter offenes Gewässer." Die Mindestwassertiefe sollte einen dreiviertel bis zu einem Meter betragen. Im Inneren des Baus graben sich die Nager Röhren. Diese nutzen sie, um zu fressen oder zu spielen. Vor Kälte schützen den Biber seine Schwarte und seine dicke Unterwolle. "Biber striegeln sich, sodass keine Knötchen im Fell sind und es geschmeidig bleibt", so die Expertin.
Öffentlichkeitsarbeit soll vorangetrieben werden
Eine Eigenschaft, die den Biber auszeichnet, ist seine Hartnäckigkeit, sagt Sättele. Biber sind von Natur aus auch in stark strömenden Gewässern unterwegs. An Stellen, die sehr gut staubar sind, hält der Biber fest. Wichtig ist es ihrer Meinung nach, die Bevölkerung mitzunehmen. "Du musst ihnen begegnen", sagt sie. "Menschen sollten die Möglichkeit haben, die Biber erleben zu können." Deshalb ist ihr Ziel, die Öffentlichkeitsarbeit voranzutreiben.
"Raus gehen und schauen, was er macht", sei der erste Schritt dazu. "Wir brauchen Biber-Erlebnispunkte, bei denen die Menschen die Biber erleben und verstehen können", plädiert sie. St. Georgen wäre hierfür bestens geeignet.