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Neonazis reichen für den St. Georgener Ralph-Thomas K. den Klingelbeutel rum

Das Oberlandesgericht in Stuttgart verurteilte ihn als Rädelsführer und Kopf des ehemaligen Neonazi-Portals Altermedia zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe. Hinter Gittern aber sitzt Ralph-Thomas K. noch nicht. Er hat Revision eingelegt und nutzt die Zeit bis zur Entscheidung für Werbung in eigener Sache.

Schwarzwald-Baar-Kreis (cos). Die Kosten des Verfahrens wurden den vier Verurteilten im bundesweit viel beachteten Altermedia-Prozess auferlegt. Im Internet gibt es zwischenzeitlich eine Solidaritätsseite für den verurteilten St. Georgener, auf der unter anderem ganz ungeniert zu Spenden für den Neonazi aufgefordert wird. Auf einer anderen Seite bittet sein "Kamerad" um eine Spende für ihn, "um die wirtschaftlichen Folgen dieses Urteils abzumildern". 1488 Euro ist die Zielsumme auf dem Spendenbarometer. Derweil wurde ein Solidaritätsshirt aufgelegt mit der Aufschrift "Wir sind alle Altermedia". Und Neonazis im süddeutschen Raum veranstalten immer wieder so genannte "Soli-Abende" für K., bei welchen beispielsweise einschlägige Bands auftreten und schon mal der Hut mit der Bitte um Spendengelder kreist. Im Ortenaukreis, im Kreis Freudenstadt und m Raum Emmendingen, versammelten sich Neonazis auf diese Weise – letztgenannte Veranstaltung sollte für Ralph-Thomas K. ebenso wie für den mehrfach verurteilten Neonazi und Holocaust-Leugner Horst Mahler sein, der im vergangenen Jahr per europäischem Haftbefehl gesucht und von Ungarn schließlich an Deutschland ausgeliefert worden war. Man sei sich gerade an diesem Abend "einmal mehr darüber bewusst" geworden, dass sie alle für die gleiche Sache kämpften, heißt es in einem Beitrag auf K.s Internetseite. Und auch hier wurden – mit einer Versteigerung – Spenden von Neonazis für Neonazis gesammelt.

Auf Tour

Diesem Ziel dienen möglicherweise auch seine aktuellen Aktivitäten: Aus einem der Hauptangeklagten im Altermedia-Prozess ist ein Referent geworden. So bietet sich Ralph-Thomas K. nun offenbar in rechten Kreisen für Vortragsabende an. Bei der Partei "Die Rechte" hielt er im Großraum Rastatt Ende Mai einen Vortrag unter dem Titel "Der Stuttgarter Altermedia Prozess – wie man aus einer Netzseite eine kriminelle Vereinigung bastelt". Dabei soll er auf Altermedia, seine U-Haft und den Prozess eingegangen sein. Auch als Autor in einer einschlägigen Zeitschrift verbreitet er seine Sicht der Geschichte. Auf zwei Doppelseiten schildert er beispielsweise, wie er am 27. Januar 2016 "um kurz vor 7.00 Uhr morgens" im Wohnhaus in St. Georgen verhaftet worden sei. 16 Beamte seien an der Durchsuchung beteiligt gewesen, die bis nachmittags gedauert habe. Er habe weder gewusst, was sie von ihm wollten, noch was er mit Altermedia Deutschland zu tun haben soll, schreibt K., der am 8. Februar 2018 nach 14 Verhandlungstagen verurteilt worden ist. Seine Schilderungen der Razzia aus dem Jahr 2016 schmückt er mit kleinen Details aus, wie dem "sarkastischen Grinsen" mit dem ihm eine "persönliche Grußbotschaft" vom damaligen Innenminister Thomas de Maizière überreicht worden sei: die Verbotsverfügung für Altermedia Deutschland.

Das Portal, auf dem radikale Hetze gegen Ausländer betrieben worden sein soll und das, so Maizière, "die Verbreitung übelster rassistischer und fremdenfeindlicher Kommentare und Beiträge" möglich gemacht und gefördert habe, wurde vom Netz genommen.

"Informationen" bringt K. nun offenbar unter anderem über das Printmedium oder als Referent unters Volk. So gibt er in seinem Artikel etwa "Kameraden, die in eine ähnliche Situation kommen", Tipps zum "richtigen" Verhalten im Gefängnisalltag und erklärt, wie ratsam es sei, den Haftbefehl mit in die Justizvollzugsanstalt zu nehmen. K. saß in Offenburg ein und meint, wer keinen Haftbefehl habe oder verliere, werde "sofort als Frauen- oder Kinderschänder vorverurteilt". In dieser schweren Zeit sollten sich seine Kameraden nicht unterkriegen lassen, "draußen geht das Leben weiter".

Wie es auch digital weitergehen kann, zeigt er an anderer Stelle. Das Thema "Verschlüsselung" im Internet streift der 29-Jährige in seinem Bericht zwar nur kurz, allerdings lässt er auch sonst kaum eine Gelegenheit aus, das ihm offenbar am Herzen liegende Thema aufzugreifen: Er erwähnte es während des Referats bei der Rechten ebenso wie er ihm auf seiner Solidaritätsseite in Kapitel mit Link zur ausführlichen Anleitung zum anonymen Surfen im Internet widmet.