Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen nach der Tötung eines 27-Jährigen abgeschlossen. Der mutmaßliche Haupttäter und weitere Angeklagte kommen aus Lahr.
Dienstag, 20. August 2024, um 21 Uhr im belebten Frankfurter Hauptbahnhof. Kurz nachdem ein Zug eingefahren ist, fallen an Gleis 9 Schüsse. Der Täter versucht, in der Menschenmenge unterzutauchen, kommt aber nicht weit: An Gleis 7 wird er von Bundespolizisten festgenommen. Das Opfer, ein 27-jähriger Kurde, der mit mehreren Schüssen im Kopf getroffen worden ist, stirbt am Tatort.
Zwei Tage danach wird bekannt, dass der mutmaßliche Schütze aus Lahr kommt, in der Stadt einen Dönerladen betreibt. Vier Monate später gerät Lahr erneut in die Schlagzeilen: Mitte Dezember durchsucht ein Spezialeinsatzkommando Objekte in den Stadtteilen Mietersheim und Dinglingen sowie in der Schwarzwaldstraße, darunter den Dönerimbiss des mutmaßlichen Schützen. Drei Männer werden in Lahr festgenommen, ein vierter geht der Polizei in Denzlingen ins Netz.
Ende Mai 2025 klicken dann die Handschellen bei weiteren Verdächtigen, die in Lahr und Breisach verhaftet werden.
Jetzt, gut 14 Monate nach der Tötung des jungen Mannes , hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt Anklage gegen insgesamt acht Männer erhoben, wie die Bild-Zeitung zuerst berichtet hat. Die Verdächtigen im Alter von 22 bis 55 Jahren sitzen in Untersuchungshaft. Sieben von ihnen wird gemeinschaftlich begangener Mord aus niederen Beweggründen und Heimtücke vorgeworfen, dem achten die Verabredung zu einem Verbrechen.
Die Verdächtigen schwiegen eisern
Eine Hilfe bei der Aufklärung des Falles waren die Angeklagten nicht – die Männer, alle mit kurdischen Wurzeln, verweigerten jegliche Aussage, hatte die Staatsanwaltschaft unserer Redaktion mitgeteilt. Es ist wohl eine Art innerfamiliäres Schweigegelübde, denn sie sind miteinander verwandt.
Eine alte Familienfehde war offenbar das Tatmotiv
Der heute 55-jährige mutmaßliche Haupttäter Kemal Ö. soll laut Anklage das Opfer am 20. August mit mehreren Schüssen getötet haben. Er soll von hinten auf sein Opfer zugegangen sein und direkt mit einer Pistole geschossen haben. Auch, als der 27-Jährige schon am Boden lag, soll der Angeklagte ihm noch zweimal in den Kopf geschossen haben, so die Staatsanwaltschaft. Im Internet kursierte ein Video, das die wie eine Hinrichtung wirkende Tat zeigen sollte.
Täter und Opfer stammten aus der Türkei nahe der syrischen Grenze. Anlass für die Tat soll eine alte Familienfehde gewesen sein. Bereits 2016 wurde demnach der Vater des in Frankfurt erschossenen Abdul Kadir E. in der Türkei getötet. Danach soll ein Onkel von Abdul Kadir E. einen Verwandten der Ö.s erschossen haben. Seither habe wiederum die Familie Ö. Blutrache geschworen.
Das Opfer hinterließ bei seiner Flucht Spuren im Internet
Kadir E. flüchtete deshalb nach Deutschland, haben die Ermittler rekonstruiert. Er beging aber offenbar den Fehler, in den Sozialen Medien aktiv zu sein, so dass seine Feinde ihn aufspüren konnten.
Der Onkel des Familienmitglieds der Ö.s, das in der Türkei von einem Angehörigen Kadir E.s getötet wurde, sei nun der Haupttäter von Frankfurt gewesen, heißt es. Darüber hinaus wird einem 39-jährigen Deutschen vorgeworfen, den Schützen begleitet und unterstützt zu haben.
Drei weitere Männer sollen dem späteren Opfer bereits am Bahnhof in Mainz aufgelauert haben, um den jungen Mann »entsprechend des zuvor gefassten Tatplans« bei Gelegenheit bereits dort zu erschießen.
Ein weiterer Mittäter habe das Opfer während seiner Reise fortlaufend über soziale Netzwerke verfolgt und den anderen Beteiligten Anweisungen gegeben, so die Staatsanwaltschaft. Ein fünfter Mann habe die Beteiligten in Mainz und Frankfurt koordiniert.
Vier der Männer seien türkische Staatsbürger, der fünfte sei Deutscher. Ebenfalls angeklagt ist ein 29-jähriger Deutscher, der die Tötung des 27-jährigen Opfers im Vorfeld mitgeplant haben soll.
Das Landgericht Frankfurt muss nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Den sieben wegen Mordes Angeklagten droht jeweils eine lebenslange Freiheitsstrafe.