Der Wissenschaftler Rudolf Bühler ist einer der Autoren des Buchs Foto: Keck

Die Buchvorstellung „Kleiner Sprachatlas des Landkreises Freudenstadt“ zog viel Publikum ins Stadthaus. 150 Bürger hatten zur Erforschung der Dialekte beigetragen. Sichtbare Zeugnisse liefert eine angeschlossene Ausstellung im Heimatmuseum.

Der Landkreis hatte ins Stadthaus gerufen und viele kamen: Groß war das Interesse an der Vorstellung des „Kleinen Sprachatlas“, der ab sofort auch im Handel erhältlich ist. Anlass für das recht aufwendige Projekt ist der diesjährige 50. Geburtstag des Landkreises.

Durch das Buch soll die sprachliche Vielfalt des Landkreises dokumentiert werden. Wissenschaftler Rudolf Bühler von der Universität Tübingen machte sich im Sommer vor zwei Jahren daran, in den 83 Ortschaften des Landkreises mit 150 Personen Interviews zu führen.

Nun liegt das Ergebnis vor, das Rudolf Bühler vom Ludwig-Uhland-Institut zusammen mit seinem Kollegen Hubert Klausmann in akribischer Forschungsarbeit ermittelt hat. 168 Seiten umfasst das Werk und belegt in dutzenden von Karten und ausführlichen Texten die verschiedenen Dialektformen, die im Landkreis angesiedelt sind.

Jeder schwätzt anders

Auch wer sich halbwegs beschlagen wähnt in den Sprachvarianten, wird so manche Überraschung erleben. Häufig war auf der Buchvorstellung die Rede von Vielfalt im heimatlichen Rahmen. Sie begründe neben der örtlichen die soziale Zugehörigkeit und zeige die unterschiedlichen Sprachcodes selbst in benachbarten Regionen.

Ein gutes Beispiel ist das Verb „heuen“: Im Hauptgebiet sagt man „haebä“, im alemannischen Bad Rippoldsau-Schapbach „häibä“, in Baiersbronn „haajä“, in Kälberbronn, Schwarzenberg und Huzenbach „haajä“ und in Freudenstadt „haejä“.

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„Sprache prägt, sie bezeugt die Herkunft“, meinte auch Landrat Klaus Michael Rückert. Der Landkreis zeige sich als Schmelztiegel aus verschiedenen Völkern. Dialekte seien vom Kommen und Gehen gekennzeichnet. „Geschichte. Gegenwart und hoffentlich auch Zukunft“ seien in dem Sprachatlas angelegt.

Kreisarchivarin Renate Karoline Adler gab sich überzeugt: „Kulturelle Vielfalt ist ein ganz großer Schatz.“ Die Ausstellung im Heimatmuseum zeige, dass Vielfältigkeit ein Zeugnis für Toleranz und Weltoffenheit sei.

Der Programmleiter des Verlags Regionalkultur, Michael Kohler, übergab Landrat Rückert ein Exemplar des Sprachatlas. Dass Sprachdokumentationen das Publikumsinteresse bedienen, lasse sich an der entsprechenden Ausweitung des Verlagsprogramms ablesen.

Besinnung auf alte Werte

Rudolf Bühler skizzierte in einer Kurzdarstellung Sprach- und Dialektentwicklung sowie deren Einflussfaktoren, insbesondere im Bereich des Landkreises Freudenstadt. Er schloss mit einem allgemeinen Appell, wonach es gilt, sich auf alte Werte zu besinnen und die natürlich gewachsene Sprache zu pflegen.

Neben zahlreichen Reden gab es auch eine musikalische Darbietung. So ernteten Jonathan Nestler und seine siebenjährige Tochter Emilia am Cello sowie Annalena Wegenast an der Violine für ihre musikalischen Beiträge viel Applaus.

Emilia und Jonathan Nestler zeigten ihr Können. Foto: Keck

Die Sprachausstellung bietet zahlreiche Dokumente, Veröffentlichungen und Mitmach-Aktionen. In den Vitrinen finden sich ferner Gegenstände aus dem Alltagsgebrauch mit der entsprechenden Bezeichnung im Dialekt. Beispiele: „An Kratte“ ist ein Henkelkorb und „a Schiid“ ein Korb mit zwei Ohren. Eine Strickjacke ist „an Zweedr“, und drei Damenhüte offenbaren sich als drei „Schaabadeggl“.

Einzug gehalten hat auch die Digitalisierung. In Zusammenarbeit mit der hiesigen Firma Media-Seven von Jürgen Keller hat Archivarin Elisabeth Marsh eine interaktive Informationsstation eingerichtet. Dort kann man auch sein Dialektwissen testen, ganz nach dem Motto: „Wie gut ist mein Schwäbisch?“