Der Kunstrasenplatz auf dem „Reißer“ wird für circa 430000 Euro saniert, wovon die Gemeinde 70 Prozent trägt. Foto: Herzog

Bei der geplanten Sanierung des Kunstrasenplatzes im „Reißer“ gehen Gemeinde und Fußballer neue Wege.

Sie haben sich für ein neues Produkt entschieden, das ohne verfüllten Belag auskommt, aber teurer ist.

Im Gemeinderat erinnerte Bürgermeister Michael Lehrer an den Beschluss im Oktober. Bei der damals vorgestellten Sanierung wurde vereinbart, dass die Gemeinde 70 Prozent der Gesamtkosten übernehme. Außerdem habe der Verein zugesichert, mehrere Kunstrasenplätze mit verschiedenen Füllmaterialien zu testen.

Geringere Kosten für Entsorgung

Die Entscheidung sei auf einen unverfüllten Belag gefallen, der mehrere Vorteile habe. Dieser sei langlebiger und habe einen reduzierten Pflegeaufwand und Unterhaltungskosten. Außerdem seien die Entsorgungskosten bei einer erneuten Sanierung geringer, da nur unbelasteter Kunststoff entsorgt werden müsse.

Dagegen sei das neue Produkt um circa 35 000 Euro teurer, weshalb die Kommune einen Anteil von rund 300 000 Euro stemmen müsse, schilderte der Bürgermeister.

Kunstrasenexperte Albert Beerli (von links), Ingenieur Sebastian Rolfes vom Büro Gfrörer und Markus Aberle vom FV Aichhalden geben in der Sitzung Auskunft über den neuen Kunstrasen ohne befüllten Belag. Foto: Herzog

Albert Beerli von der Herstellerfirma aus der Schweiz erläuterte seine Idee, einen natürlichen Kunstrasen ohne Granulat zu entwickeln. Dabei sei er davon ausgegangen, dass der Belag 365 Tage im Jahr bespielbar sein müsse. Nach einer vierjährigen Testphase sei ein unverfüllter Kunstrasen herausgekommen, auf dem es angenehm zu spielen sei und kein Füllmaterial an Schuhen und Kleidung hängen bleibe. Auch könnten im Nachhinein Fasern wieder eingeschweißt werden.

Lebensdauer bis zu 25 Jahre

Bei etwa sechs bis sieben Stunden Nutzung pro Tag besitze der Belag eine Lebensdauer zwischen 20 und 25 Jahre. Diese könne bei mobilen Toren noch länger sein. „Wenn die Stresszonen (Fünf-Meter-Raum) verschlissen sind, wird dieses Stück herausgeschnitten und ein neues Teil eingesetzt und verklebt. So kann die Lebensdauer um zehn bis 15 Jahre verlängert werden“, stellte der Ingenieur in Aussicht.

Uwe Scheerer erkundigte sich nach der Pflege. Diese könne, so Beerli, in Eigenleistung mit einem Absauggebläse erfolgen – während der Saison einmal monatlich.

Thomas Engelhardt zeigte sich skeptisch bei der Ausschreibung, da es praktisch nur einen Hersteller gibt. Wie der Kunstrasenexperte erklärte, stelle seine Firma nicht nur den Belag her, sondern verlege ihn auch. Die Ausschreibung müsse neutral vorgenommen werden, damit sich jedes Unternehmen beteiligen könne.

Laut des Bürgermeisters müsse dem wirtschaftlichsten Bieter der Zuschlag erteilt werden. Das fordere auch der Württembergische Landessportbund (WLSB).

Nah am Naturrasen

Stefan Wiedmann berichtete von der Erkenntnis, dass Kunstrasen die Gelenke von Spielern stärker belaste. „Wie sieht das bei diesem Belag aus?“, wollte Wiedmann wissen. Nach Auskunft von Beerli sei sein Kunstrasen gelenkschonender, weil der Belag dämpfe und nicht federe wie andere. Aber es brauche mehr Muskeln, schmunzelte der Experte.

Markus Aberle, sportlicher Leiter des Fußballvereins informierte, dass der FVA auf einem solchen Platz in Brigachtal testweise gespielt habe. „Der kommt sehr nah an einen Naturrasen hin“, versicherte Aberle.

Einstimmig beschlossen die Räte, den Kunstrasenplatz mit einem unverfüllten Belag zu sanieren, einen Anteil von 70 Prozent der Gesamtkosten zu übernehmen und den bestehenden Pachtvertrag mit dem Verein um 25 Jahre bis zum 31. August 2048 zu verlängern. Letzteres ist Bedingung, damit der WLSB dem FV Aichhalden einen Zuschuss gewährt.