Der Sportplatz-Mangel in Pforzheim erreicht einen neuen Tiefpunkt. Besonders hart trifft es den neuen FCP, der am Sonntag sein allerletztes Spiel bestreitet – in Bad Liebenzell.
Die kurze Vereinsgeschichte des 2018 neu gegründeten 1. FC Pforzheim könnte schon bald enden. Klar ist zumindest: Direkt nach dem letzten Saisonspiel an diesem Sonntag in der Staffel 2 der Fußball-Kreisklasse C bei der SG Nagold-Platte II (Anpfiff um 14 Uhr in Bad Liebenzell) wird er sich vom Spielbetrieb abmelden. Der Grund: Er hat keinen Sportplatz mehr. Der Pachtvertrag mit dem TV Pforzheim, dem der Sportplatz auf dem Bohrain gehört, auf dem der neue FCP in den vergangenen Jahren seine Heimspiele ausgetragen hat, wird nicht verlängert. Für die rund 140 Jugendspieler des jungen Vereins sei man zwar noch auf die Suche nach einer Lösung, aber die erste Mannschaft wird definitiv von der Bildfläche verschwinden – denn ein anderer Sportplatz ist nicht in Sicht.
Der dramatische Sportplatz-Mangel in der Goldstadt erreicht mit der Abmeldung des 1. FC Pforzheim einen neuen Tiefpunkt. Er ist jedoch nicht das einzige Opfer. Inzwischen haben sämtliche Pforzheimer Fußballvereine einen Aufnahme-Stop im Nachwuchsbereich ausgerufen. Kinder und Jugendliche, die sich neu anmelden wollen, müssen abgewiesen werden.
In eine Lücke gesprungen
Solidarität mit dem neuen FCP zeigt ausgerechnet der 1. CfR Pforzheim. Das Verhältnis zwischen beiden Vereinen ist eigentlich nicht gut, schließlich entstand der CfR im Jahr 2010 aus der Fusion zwischen dem VfR Pforzheim und dem alten FCP. Frustrierte FCP-Fans, die die Tradition des deutschen Vizemeisters von 1906 erhalten wollten, hatten daher acht Jahre später den neuen 1. FC Pforzheim gegründet. Doch nun schreibt der CfR-Vorstandsvorsitzende Markus Geiser in einem Brief an das Rathaus: „Der 1. FC Pforzheim 2018 hat es nach Corona geschafft, innerhalb von drei Jahren eine 140 Kinder große Jugendabteilung aufzubauen. Im Übrigen, wie bei allen Pforzeimer Fußballvereinen, mit einem Migrationsanteil von über 80 Prozent. Der 1. FC Pforzheim 2018 ist damit in eine Lücke gesprungen, die wir anderen Fußballvereine gar nicht mehr abbilden können. Nämlich die Aufnahme von weiteren Kindern und Jugendlichen. Egal ob es der CfR, die Kickers, die PSG oder der SV Büchenbronn ist – wir sind am Anschlag. Wir haben keine Plätze mehr zur Verfüung. Im Falle meines Vereins müssen wir uns schon seit Jahren irgendwo anders Plätze auf eigene Kosten dazumieten. Und die Einwohnerzahl der Stadt Pforzheim wächst weiter.“ Gerade mit Blick auf den neuen FCP warnt Geiser in dem Brief: „Sollen wirklich 140 Kinder lieber vom Fußballplatz vor die Schlösslegalerie geschickt werden?“
Plan nicht umgesetzt
Ebenfalls mit einem offenen Brief an die Stadtverwaltung gewendet hat sich der Pforzheimer Sportkreis-Vorsitzende Henry Wiedemann, der an den 2015 aufgestellten Sportentwicklungsplan erinnert, mit dem neue Sportplätze geschaffen werden sollten. „Zehn Jahre später müssen wir allerdings feststellen, dass hiervon so gut wie nichts umgesetzt wurde“, schreibt Wiedemann und kritisiert, dass der CfR für seinen Jugendspielbetrieb Plätze auf eigene Kosten anmieten muss: „Diese Zustände sind ein Synonym für das fehlende Verständnis und die unzureichende Berücksichtigung der Anliegen und Bedürfnisse der Sportgemeinschaft in Pforzheim.“
Zwei Jahre Gespräche
Beim neuen FCP ist die Laune natürlich im Keller. Sportlich wartet auf ihn am Sonntag in Bad Liebenzell eigentlich ein dramatisches Saisonfinale, denn er steht punktgleich mit der SG Nagold-Platte II auf dem Relegationsplatz. Sollte er dieses entscheidende Spiel nicht gewinnen, müsste er eigentlich in die Abstiegsrelegation – doch die wird vermutlich nicht mehr ausgetragen. Der Vorsitzende Sascha Senst bedauert: „Wir sind seit über zwei Jahren mit anderen Vereinen im Gespräch.“ Doch es lasse sich einfach keine neue Heimat für den Verein finden. Und auch Senst weiß um die dramatische Lage in Pforzheim: „Alle innerstädtischen Vereine sind ausgelastet und haben im Jugendbereich einen Aufnahme-Stop.“
Wo spielt künftig GU?
Das Rathaus selbst schweigt zu dem Thema. Mehrfache Anfragen unserer Redaktion ließ die Pressestelle der Stadt Pforzheim unbeantwortet. Das gilt auch für die Frage, wo künftig Germania Union/Türkischer SV Pforzheim unterkommen wird. Der Sportplatz des ambitionierten Verbandsligisten, der die Oberliga vor Augen hat und vor wenigen Tagen im badischen Pokalfinale gegen den SV Sandhausen stand, wird demnächst abgerissen – er steht der geplanten neuen Brücke im Brötzinger Tal im Weg. Kritiker sagen: Der 2022 vollzogene Abriss des Holzhofstadions – alte Heimat des VfR Pforzheim –war gerade vor dem Hintergrund des Sportplatz-Mangels zu voreilig.