Münchens Joshua Kimmich aus Bösingen Foto: Annegret Hilse/Reuters/pool/dpa

Was für ein Kontrastprogramm: Flügelstürmer Leroy Sané wird beim Heimsieg gegen Köln ausgepfiffen. Im selben Stadion inszeniert der FC Bayern die so bedeutsame Vertragsverlängerung mit Joshua Kimmich aus Bösingen.

München/Bösingen - Die Pfiffe gegen Reizfigur Leroy Sané konterte der FC Bayern postwendend mit einem einzigartig inszenierten Zukunftssignal, für das ihm bei allen Münchner Fans Applaus sicher ist. Am Morgen nach dem mit Willensstärke und Serge Gnabrys Schusskraft erzwungenen 3:2 gegen den 1. FC Köln verkündeten die Bayern die schon länger fixe Vertragsverlängerung mit Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich.

Der Rekordmeister feierte die vorzeitige Ausdehnung des Kontraktes bis 2025 mit dem Kapitän und Leitwolf der Zukunft als "großes Zeichen nach innen und außen". Kimmich (26) steht in München längst für das, was dem jüngeren Kollegen Sané (25) auch zugetraut wurde: Ein Garant für Erfolge und ein bewunderter Fußballstar der Fans zu sein.

"Ich habe ja mal zum Spaß gesagt: Der Joshua ist noch ehrgeiziger als ich. Das will ja schon einiges heißen", scherzte Bayern-Chef und Ex-Torwarttitan Oliver Kahn. Der Nächste, der nun verlängern soll, ist Kimmichs kongenialer Mittelfeldpartner Leon Goretzka (26).

Welche herausragende Bedeutung die Bosse der Einigung mit Kimmich zumaßen, die diesen ab sofort in die Riege der Spitzenverdiener katapultiert, dokumentierte die aufwendige Inszenierung der Vertragsunterschrift. Im Beisein von Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic unterzeichnete der Juniorchef des aktuellen Teams das neue Arbeitspapier nicht wie sonst üblich im Bürotrakt auf dem Vereinsgelände, sondern auf dem Rasen der Allianz Arena.

"Ein Weltklassefußballer mit einer überragenden Mentalität"

Hinter Kimmich glänzten die wichtigsten Fußball-Pokale. Und das Stadion leuchtete für die Videoaufnahmen außen in Rot mit einem großen "JK - 6", Kimmichs Initialen und Trikotnummer. "Es ist der richtige Augenblick und der richtige Zeitpunkt", sagte Kimmich.

Er wechselte 2015 von RB Leipzig nach München. 8,5 Millionen Euro Ablöse mussten die Münchner damals an den Besitzer VfB Stuttgart zahlen. Eine lohnenswerte Investition mit Top-Rendite. Zumal der Triple-Sieger von 2020 noch viel vor hat mit seinen vielen Freunden im Bayern-Team. Er wolle "allen zeigen, dass wir die Nummer 1 sind. Genau deswegen bin ich hier." Bei Nummer 1 denkt er auch an Europa.

Vorstandschef Kahn sieht in Kimmich den Mann, der "viele Dinge" und "eine Ära" mitprägen könne. Der Vorzeigeprofi gilt als Anführer für die Zeit nach den Ü30-Leitfiguren Manuel Neuer, Robert Lewandowski und Thomas Müller. Kimmich sei "ein Weltklassefußballer mit einer überragenden Mentalität", der beim FC Bayern "Geschichte schreiben" werden, prophezeite Sportvorstand Salihamidzic.

Die vor einem Jahr in München begonnene Sané-Geschichte schaut im Moment nicht nach einem gemeinsamen Happy-End aus. Am Ende eines für ihn bitteren Fußballabends musste der Nationalspieler am Sonntag auch noch im Regen mit den Reservisten Tempoläufe absolvieren. Während sich Doppel-Torschütze Gnabry und der für Sané eingewechselte Schwungbringer Jamal Musiala nach dem Fünf-Tore-Spektakel in der zweiten Hälfte auf einer kleinen Ehrenrunde feiern lassen konnten, war Sané der Verlierer im siegreichen Bayern-Team.

Nagelsmann wirbt für Sané

Beim x-ten Ballverlust und einem missglückten Freistoß erntete der Künstler in der nicht nur von ihm mauen ersten Hälfte Pfiffe. Und die Ansage seiner Auswechslung wurde sogar von einem Teil der 20.000 Zuschauer mit hämischem Applaus bedacht. Trainer Julian Nagelsmann verurteilte nach seinem ersten Bundesligasieg mit dem FC Bayern die Reaktion von den Rängen. "Es gehört sich, dass die eigenen Fans Spieler unterstützen. Das ist mir immer mehr wert und wichtig."

Es gebe "keinen Spieler auf dieser Welt, der nicht am liebsten eine Topleistung abruft", warb Nagelsmann für Sané. Der Trainer ahnt wohl, dass der Flügelstürmer auch für ihn zum Problemfall werden könnte.

Nagelsmann erwartet von Sané eine engagierte Reaktion. "Demotiviert jetzt zu spielen, würde ja keinen Sinn machen. Dann würden die Pfiffe jetzt nicht weniger werden", sagte der Coach. Sané müsse nun "noch motivierter aufzutreten". Nur mit Leistung gewinnt man Fan-Herzen.

Robben ist Liebling in München

Frag nach bei Arjen Robben. Dessen Trikot mit der 10 traute sich der für 50 Millionen Euro abgelöste und fürstlich bezahlte Sané beim Wechsel nach München zu. Erwartungshaltung und Fallhöhe waren damit gesetzt. Sané will dem Holländer nacheifern - und könnte ihn sich gerade jetzt zum Vorbild nehmen. 2012 wurde Robben nach zwei verschossenen Elfmetern in der Bundesliga gegen Dortmund und im Champions-League-Finale daheim gegen den FC Chelsea zum Sündenbock.

In einem Versöhnungsspiel gegen die Niederlande in der Allianz Arena wurde Robben von Bayern-Fans ausgepfiffen. Ein Jahr später schoss ausgerechnet Robben die Bayern in London im Finale gegen Borussia Dortmund zum Titelgewinn - und war fortan ein Liebling in München.