Die Spice Girls sind die erfolgreichste Girlgroup aller Zeiten. Wie vor 30 Jahren aus hunderten jungen Frauen drei übrig blieben – und warum beinahe zwei andere Spice Girls geworden wären.
Es ist der 4. März 1994: Hunderte junge Frauen sind einer Zeitungsanzeige gefolgt und zum Vorsingen in ein Studio in London gekommen. Drei davon werden Teil der Spice Girls, der erfolgreichsten Girlgroup aller Zeiten. Zwei Jahre später erobern Posh Spice, Scary Spice, Baby Spice, Ginger Spice, und Sporty Spice mit ihrer Single „Wannabe“ die Charts.
Bob und Chris Herbert, ein Vater-Sohn-Gespann, sehen in den frühen 90er Jahren den Erfolg von gecasteten Boybands wie Take That. Ihre Idee: Wieso nicht eine Girlgroup aus dem Boden stampfen und mit jungen Frauen die Charts stürmen? Die Herberts schalten eine Anzeige im Branchenmagazin „Stage“ – und warten ab.
Mel B – Scary Spice
Im 270 Kilometer entfernten Leeds setzte sich die 18-jährige Melanie Brown in einen Zug und fuhr zum Casting in die Hauptstadt. Auf der Bühne schmetterte sie Whitney Houstons „Greatest Love Of All“. „Mel B war die erste, die mich beeindruckt hat“, erinnerte sich Chris Herbert in der Doku „Spice Girls: How Girl Power Changed Britain“. „Mir gefiel ihre Einstellung. Sie kam rein, als wäre ihr das alles völlig egal. Das fand ich irgendwie gut. Sie war total selbstbewusst.“
Victoria Adams – Posh Spice
Nicht so weit hatte es Victoria Adams-Wood aus dem Londoner Vorort Harlow. Die 20-jährige sang „Mein Herr“ aus dem Musical „Cabaret“. „Brillant“, fand Herbert. „Victoria war klassischer. Sie hatte ein bisschen Anmut.“ In seinen Notizen – er vergab damals Punkte von 1 bis 10 – schnitt sie allerdings nicht überragend ab: „Tanzen: 6, Singen: 5, Aussehen: 7, Persönlichkeit: 5.“
Geri Halliwell – Ginger Spice
Geri Halliwell aus Watford in Hertfordshire nahm das Casting der Herberts nicht so ganz ernst – vielleicht, weil sie mit 21 schon einige Auditions hinter sich hatte. Mehrfach sagte sie ihre Teilnahme in allerletzter Minute ab. „Jedes Mal hatte sie eine Entschuldigung“, so Herbert. „Ich glaube, ich hätte das Vorsingen nicht bestanden, weil meine Stimmtechnik damals nicht so gut war“, gab Halliwell später zu. Trotzdem schaffte sie es unter die letzten zwölf Kandidatinnen – „da war ich dann ein bisschen laut“ – und letztlich in die Band. Wegen ihrer roten Haare wurde sie Ginger Spice.
Mel B, Geri, Victoria, Michelle Stephenson und Lianne Morgan schafften es schließlich in die Endauswahl. Moment mal, die letzten beiden Namen kennen Sie gar nicht? Stimmt. Chris und Bob Herbert entschieden sich nämlich noch einmal um. „Ich wurde ausgewählt, aber einen Monat später bekam ich einen Brief“, erinnerte sich Morgan, die damals 23 war. „Sie schrieben, sie fänden mich sehr gut, aber ich sähe deutlich älter aus als die anderen.“
Mel C – Sporty Spice
Die 20 Jahre alte Melanie Chisholm aus Whiston bei Liverpool hatte es bei der Audition in London mit den Pointer Sisters und „I’m So Excited“ versucht, war aber nicht in die Endauswahl gelangt. Als man Lianne Morgan als zu alt aussortiert hatte, gab man Mel C doch noch eine Chance.
Fortan wohnten die fünf jungen Frauen zusammen in einem Haus. Doch Michelle Stephenson verstand sich nicht mit ihren Bandkolleginnen. Die vier anderen unterstellten der erst 17-Jährigen, sie zeige zu wenig Einsatz. Ob Michelle die Band verließ oder gehen musste, darüber gibt es verschiedene Erzählungen...
Emma Bunton – Baby Spice
Die von den Herberts engagierte Gesangslehrerin schlug als Ersatz eine ihrer ehemaligen Schülerinnen vor. Die 18-jährige Emma Bunton aus Finchley in London, die in Werbespots und TV-Serien mitgespielt hatte, zog probeweise in das Bandhaus ein, wo sie sich schnell mit allen anfreundete. Damit war die Girlgroup schließlich komplett.
Als die Herberts zögerten, den jungen Frauen einen Vertrag zu geben, machten die kurzen Prozess und suchten sich 1995 ein neues Management. Simon Fuller, der später die Casting-Show „Idol“ mit dem deutschen Ableger „Deutschland sucht den Superstar“ erfand, nahm die Spice Girls, die eigentlich Touch heißen sollten, unter Vertrag. Dass sie zusammengecastet wurden, wollten die Spice Girl anfangs nicht so gern zugeben: „Wir waren schon vorher Freunde“, behauptete Emma Bunton damals in einem MTV-Interview.
Das machen sie heute...
Melanie Brown
Mel B versuchte nach dem Ende der Spice Girls, alleine Musik zu machen. Doch ihre Soloalben floppten. Sie spielte in Filmen mit, trat im Musical „Rent“ auf und veröffentlichte eine Fitness-DVD – am besten kennt man sie inzwischen aber als TV-Jurorin der verschiedensten Talentshows. Mel B hat zwei Töchter.
Victoria Beckham
Die vielleicht beeindruckendste Post-Spice-Girls-Karriere hat wahrscheinlich Victoria Beckham gemacht. Noch während ihrer Zeit in der Girlgroup heiratete sie den Fußballstar David Beckham. Das Paar hat vier Kinder, ist das britische „Power Couple“ schlechthin. Heute ist Posh Spice eine ernst zu nehmende Designerin, die ihre Kollektionen bei den wichtigsten Schauen in Paris und London zeigt. Herzogin Meghan und Prinzessin Kate zählen zu ihren Kundinnen.
Geri Horner
Ginger Spices Solokarriere begann vielversprechender als die von Mel B. Sie veröffentlichte drei Alben. Außerdem schrieb Geri mehrere Kinderbücher und saß ebenfalls in den Jurys mehrere TV-Talentshows. Seit 2015 ist sie mit dem Red-Bull-Teamchef Christian Horner verheiratet, mit ihm hat sie einen Sohn. Gerade haben die Horners keine einfache Zeit: Dem Formel-1-Manager wird derzeit von einer Red-Bull-Mitarbeiterin vorgeworfen, er habe sich ihr gegenüber „unangemessen“ verhalten.
Melanie Chisholm
Solo hatte Mel C mit „First Day of My Life“ 2005 einen gewaltigen Hit – vor allem in Deutschland, wo das Lied eine der erfolgreichsten Singles des Jahres wurde. Als Maria Magdalena tourte sie mit dem Andrew-Lloyd-Webber-Musical „Jesus Christ Superstar“ durch ausverkaufte Stadien. Natürlich hat auch Mel C TV-Jurorinnen-Erfahrung und war Coach bei der britischen Version von „The Voice Kids“. Sie hat eine Tochter.
Emma Bunton
An die gewaltigen Erfolge der Spice Girls konnte auch Baby Spice mit ihrer Solokarriere nicht anknüpfen. Emma Bunton veröffentlichte mehrere Alben, arbeitete hier und da als Radiomoderatorin und war – natürlich – auch in TV-Jurys zu Gast. Wie ihre frühere Bandkollegin Victoria Beckham macht auch Bunton in Mode – allerdings für Kinder. Zusammen mit Jade Jones, früher Mitglied der nicht annähernd so bekannten Boyband Damage, hat sie zwei Söhne.