Gigaliner, Blitz-Ausbau der Querverbindungen, Wasserstoff-Versorgung. Steffen Würth (IHK): „Die Geduld der Wirtschaft ist endlich. Besonders, wenn es um die Gäubahn geht!“ Die Wirtschaft fordert eine Kompensation für Gäubahn-Kappung.
Die drohende Kappung der Gäubahn ab 2025 bringt nicht nur Bahnpendler auf die Palme. Jetzt schlägt auch die Wirtschaft Alarm. Ein Bündnis von Unternehmern aus dem Südwesten und der Schweiz (250.000 Firmen, 1 Mio. Beschäftige) erklärt jetzt: „Für die Kappung der Gäubahn fordern wir eine Gegenleistung!“
Der Geduldsfaden ist gerissen Steffen Würth (Straub-Verpackungen, IHK-Vize Schwarzwald-Baar/Heuberg): „Die Geduld der Wirtschaft ist endlich. Besonders, was die Gäubahn angeht. Seriöse Schätzungen gehen inzwischen davon aus, dass die Kappung der Gäubahn 20 Jahre lang dauert. Da brauchen wir als Wirtschaft Gegenleistungen!“
Harte Kritik: „Der Ausbau wirkt planlos“ Warum? Sowohl die Schweizer als auch die Unternehmer im Südwesten sind auf die Transportkapazität der Gäubahn angewiesen. Würth: „Der Ausbau wirkt auf uns schlichtweg planlos. Wer sichert den Transport unserer Waren? Den Transport unserer Mitarbeiter?“
Markus Neininger, Chef von Bächle Logistics: „Jetzt hat mich gerade ein Kunde angerufen. Er hat täglich Güterverkehrs-Verbindungen von Schwarzwald-Baar nach Ulm. Jetzt gibt es Trassenprobleme, weil Personenverkehr vorgeht. Es werde jetzt seitens der Bahn geplant, Güterverkehr auf die Straße zurück zu verlagern.“
Forderung nach dem Gigaliner Neininger fordert deshalb als Kompensation von der Landesregierung: „Lasst endlich den Gigaliner überall zu.“ Derzeit ist der Lang-Lkw nur für die Fahrten zwischen den Daimler-Werken zugelassen, so Neininger: „Damit hätten wir insgesamt weniger LKW-Verkehre, würden CO₂ Sparen und hätten auch den Fachkräftemangel gelöst.“
Kann der Metropol-Express für Entlastung Sorgen? Philipp Hilsenbek, Geschäftsbereichsleiter IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg: „Wenn es schon nicht gelingt, zeitnah die Strecke Stuttgart-Zürich zu richten, dann sollte man mit den Zuläufen beginnen.“ Carl Christian Hirsch (IHK Nordschwaldwald: „Man sollte drüber nachdenken, einen Metropol-Express Pforzheim-Nagold bis Hochdorf schnell aufs Gleis zu setzen.“
Fokus auf die Wasserstoff-Versorgung Auch dürfe der Süden nicht bei der Wasserstoffversorgung vergessen werden. Logistiker Neininger: „Die Wasserstoff-Pipeline ist bisher nur zwischen Karlsruhe, Stuttgart und München geplant. Wir im Süden sind nicht dabei.“
Die Schweiz hat das Vertrauen verloren Die Schweiz hat inzwischen das Vertrauen in die deutsche Bahnpolitik verloren. Lukas Federer, vom Wirtschaftsverband „economiesuisse“ in Zürich: „Die Vorfälle auf der Güterbahnstrecke in Rastatt haben gezeigt – die EU-Integration beim Güterverkehr ist praktisch nicht existent. Die Gäubahn als Redundanz hat damals fast nichts gebracht. Das hätte geholfen, das der Nord-Süd.Verkehr auf der Schiene zwischen Rotterdam und Genua nicht zusammengebrochen wäre. Die Schweiz schaut sich inzwischen nach Alternativen um. Sie ist bereit, 500 Millionen Franken in einen linksrheinischen Schienenverkehr über Frankreich und Belgien zu investieren.“
Philip Hilsenbeck: „Man spürt, dass die Schweiz nicht mehr auf Deutschland setzt. Man geht den Umweg über andere Länder, weil man sagt: Dort ist das Risiko geringer. Und wir bekommen den Nutzen.“
Die Schuldfrage wird weitergeschoben Forderungen, Fakten und Appelle, die das deutsch-schweizerische Wirtschaftsbündnis bei einem Fraktionsbesuch im Landtag schon geäußert hat. Wie war die Reaktion?
Steffen Würth: „Die Bewertung, ob es sich gelohnt hat, ist schwierig. Das Argument: Das Land schiebt es auf den Bund, der Bund auf die Bahn, die Bahn auf ihren Besitzer den Bund, kann jedenfalls nicht mehr zählen.“
Hilsenbeck: „Die Sichtweise der Wirtschaft ist so häufig nicht im Landtag präsent. Der Schweizer Generalkonsul war auch dabei. Ich hoffe, das erhöht die Sensibilität für das Thema auch auf höchster Ebene.“
So trifft andere das Gäubahn-Chaos
Logistik-Schock durch Bahn beim BFT
Marius Neininger, Geschäftsführer Bächle Logistics Villingen-Schwenningen: „Ich würde gerne viele Güter auf die Schiene verlegen. Weil ich auch für die Post in der Schweiz arbeite. Dort herrscht LKW-Nachtfahrverbot." Der Logistiker sagt: „Wenn ich erlebe, was dem Black-Forest-Terminal in Horb passiert ist, bekomme ich Zweifel, dass wir das in Deutschland hinbekommen!“
Verheerend für Investoren
Ellen Freudenmann-Habel, IHK-Verkehrsausschuss Nordschwarzwaldwald: „Das Black-Forest-Terminal ist ein Hoffnungsschimmer. Wenn so ein Terminal entsteht zwischen Stuttgart und Zürich, hat das das Potenzial, weitere anzulocken. BFT-Geschäftsführer Richard Lagger bekam von der Bahn sehr spät die Info, dass das Horber Terminal drei Monate von der Schiene abgeschnitten ist. Erst hieß es: fünf Wochen. Das geht an die Liquiditität und ist ein verheerendes Signal an Investoren.“
Schreckt Fachkräfte ab
Zweites Beispiel: Der Campus in Freudenstadt. Freudenmann-Habel: „Dort investieren private Firmen, um junge Fachkräfte zu locken, damit sie dort Maschinenbau studieren können. Diese Investitionen sind abhängig von den Verkehren. Mit der Abbindung der Gäubahn wird verhindert, dass Fachkräfte von A nach B pendeln.“