Sarmite Romane steht hier in dem Raum, der einmal ihr Wohnzimmer war. Foto: Schabel

Am Silvesterabend schlug eine Rakete auf dem Balkon von Sarmite Romane in Lahr-Kippenheimweiler ein. Das Feuer griff auf die Wohnung über, die nun unbewohnbar ist. Ihre Kolleginnen von einem ambulanten Pflegedienst sammeln nun Spenden für sie.

Beim Betreten der abgebrannten Wohnung von Sarmite Romane stockt dem Berichterstatter der Atem – nicht nur, da ein verkohlter Geruch in der Luft liegt, sondern weil der Anblick so deprimierend ist. Alles ist verrußt oder verbrannt. Im früheren Wohnzimmer sind noch Reste des Christbaums zu erkennen. Romane zeigt auf einen Bilderrahmen, in dem ein Familienfoto hing, wie sie erzählt. Zu sehen ist davon nichts mehr, das Feuer hat die Aufnahme vernichtet.

 

In den anderen Räumen der Vier-Zimmer-Wohnung in der Westendstraße in Wylert bietet sich dasselbe traurige Bild: Wände, Böden und Decken sind schwarz, Möbel und Hausrat total verkokelt.

Romane (55) hatte dort seit acht Jahren mit ihrem Sohn (21) und ihrer Tochter (23) zur Miete gewohnt, ehe ihnen am Silvesterabend eine verfrühte und verirrte Rakete ihr Zuhause nahm. Sie war bei Freunden in Kenzingen, als sie gegen 21 Uhr von Nachbarn angerufen wurde – ihr Balkon würde brennen. Romane fuhr sofort heim und musste dort feststellen, dass das Feuer in der gesamten Wohnung gewütet hatte.

Es sei eine verzweifelte Situation gewesen. Als besonders schlimm habe sie auch das Silvesterfeuerwerk drei Stunden später in den Straßen rund um den Brandort empfunden. Die Knallerei habe wehgetan, sagt sie.

Romane ist 2014 aus Lettland nach Deutschland gekommen, um hier zu arbeiten. Sie ist beim ambulanten Pflegedienst Aktiv-Pflege mit Sitz in Langenwinkel angestellt, hilft den Patienten bei der Hauswirtschaft, kauft für sie ein oder unterstützt sie bei Behördengängen. Ihre Kolleginnen beschreiben sie unserer Redaktion gegenüber als sehr pflichtbewusst – so sei sie auch am 2. Januar morgens pünktlich zum Dienstantritt erschienen, obwohl es ihr nicht gut ging.

Am meisten schmerzt sie der Verlust der Famlienfotos

Nach dem Brand habe sie drei Nächte nicht geschlafen, sagt Romane. Denn Möbel und der restliche Hausrat waren nicht versichert, „ich habe alles verloren“. Selbst was nicht direkt verbrannte, sei nicht mehr zu gebrauchen. Kleidungsstücke aus der Wohnung seien etwa dermaßen verraucht, dass selbst „zehnmal Waschen“ nicht helfe, der Brandgeruch gehe einfach nicht raus.

Am meisten schmerze der Verlust von Familienfotos sowie der privaten, großen Büchersammlung ihrer Tochter, einer leidenschaftlichen Leserin. Ihre Tochter sei zurück nach Lettland gefahren und lebe dort nun bei ihrem Vater. Sie selbst sei mit ihrem Sohn, der in Deutschland studiert, bei einer Freundin untergekommen.

Romane ist froh und dankbar, jetzt nicht direkt eine neue Wohnung suchen zu müssen. Sie danke auch der Hausverwaltung ihrer alten Wohnung, da sie von dieser Seite ebenfalls gut unterstützt werde, betont sie. Die Arbeit, der Austausch mit den Kollegen und Patienten würden ihr helfen, auf andere Gedanken zu kommen, sagt die 55-Jährige.

Was ihr widerfahren ist, hat das ganze Team des ambulanten Pflegedienstes berührt, wie beim Besuch unserer Redaktion spürbar wird. „Wir wollen helfen“, sagen ihre Kolleginnen. Deshalb haben sie eine Spendenaktion organisiert.

Ein kleiner Junge spendet sein Taschengeld

Ein halbes Dutzend Beschäftigte der Aktiv-Pflege war am Samstag in der Lahrer Marktstraße mit einem Spendenkässle unterwegs und bat um Unterstützung für Romane. Die Resonanz sei sehr gut gewesen. Ein Junge habe sogar sein gesamtes Wochen-Taschengeld von 2,50 Euro gegeben. Wie viel in der Spendenbüchse zusammengekommen ist, können Romanes Kolleginnen nicht sagen, da sie noch nicht geöffnet worden sei.

Sachspenden – etwa Kleidung oder Geschirr – seien zurzeit keine Hilfe, da Romane ja keine Wohnung habe, um sie unterzubringen. Wer mit Geld helfen will, könne die Internetseite www.paypal.com aufrufen, dort die Reiter „Geld senden“ und „Spenden senden“ aufrufen sowie die Suchbegriffe Silvester und Brandopfer eingeben. Auf dem Spendenkonto sind bis Montag bereits 1600 Euro eingegangen. Wer nicht bei Paypal registriert ist, aber Romane trotzdem unterstützen will, kann sich bei Aktiv-Pflege unter Telefon 07821/ 9 91 40 72 erkundigen.

Beim Gespräch ist der 55-Jährigen der Schock noch anzumerken, gleichwohl blickt sie nach vorn. Sie danke allen, die für sie da sind, betont sie mehrfach. Und dass es doch einen Trost gebe: Ihre Katze – der einzige „Bewohner“, der am Silvesterabend zu Hause war –, hat das Feuer überlebt. Das Tier hatte sich im Kleiderschrank im Schlafzimmer versteckt.

Wer ist der Täter?

Verursacht worden war das Feuer ganz offenbar durch eine Silvesterrakete, die am 31. Dezember gegen 21 Uhr auf Romanes Balkon im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses einschlug – von dort griffen die Flammen auf die Wohnung über. Es ist nicht bekannt, wer die Rakete abgefeuert hat. Die Offenburger Polizei hat deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung eingeleitet. Allerdings liegen keine Zeugenhinweise vor, wie das Polizeipräsidium auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt.