Gerüchte kursieren um eine Kabinettsumbildung und einen Rückzug von Minister Schäuble.

Berlin - Härter kann ein Dementi gar nicht sein. "Reine Erfindungen" nannte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die wabernden Gerüchte um eine Kabinettsumbildung. Die ranken sich vor allem um die Person des Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU). Mit dem aber, betonte Merkel, stehe sie "in trautem Einvernehmen". Und auch Schäuble blockte ab. Merkel habe das Nötige gesagt. An anderer Stelle, wirft man Schäuble derzeit vor, habe er selbst nicht das Nötige gesagt. Bei seinem Sprecher, so der Vorwurf, den er in aller Öffentlichkeit runtergeputzt habe, entschuldigte er sich nicht. Die Sache ist nach dem Rücktritt von Michael Offer noch nicht ganz ausgestanden. Schäuble jedenfalls sah sich in Südkorea gezwungen, erneut auf das Thema einzugehen. Es habe für ihn "Grund zur Verärgerung" bestanden, beharrte er. Allerdings fügte er hinzu: "Ich habe überreagiert, das ist wahr. Das habe ich auch öffentlich gesagt. Aber auch ein Bundesfinanzminister hat Nerven und ist manchmal sehr belastet."

Ist damit alles gesagt in Sachen Schäuble und Kabinett? Wohl kaum. Viele Beobachter bestehen auf ihrer Sicht, dass das Thema Neubesetzung der Regierung oberste Chefsache ist und längst konkrete Pläne bestehen. Die Spekulationen haben einen komplexen Hintergrund. Zwei Aspekte haben mit Schäuble gar nichts zu tun. Da geht es nämlich zunächst um Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Der ist nun auch Landeschef der NRW-CDU und damit Spitzenkandidat bei der nächsten Landtagswahl. Und danach wird er nach Düsseldorf wechseln, entweder als Ministerpräsident oder als Oppositionsführer. In normalen Zeiten könnte Merkel das erstmal egal sein, denn an Rhein und Ruhr wurde ja erst im Mai gewählt und die nächste reguläre Wahl stünde erst in fünf Jahren an.

Bald Neuwahlen in NRW?

Aber die Zeiten sind gar nicht normal, SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft regiert ohne Mehrheit. Da liegt es nahe, dass sie demnächst die günstige Gelegenheit nutzt und Neuwahlen herbeiführt. Alle Umfragen geben Rot-Grün dann exzellente Wahlchancen. Deshalb ist die Sorge bei der CDU sehr groß, dass Kraft schon im März, zeitgleich mit den Wahlen in Baden-Württemberg, die Bürger zu den Urnen ruft. Dann läge die Frage "Kabinettsumbildung oder nicht" gar nicht mehr in Merkels Hand. Röttgen müsste nach Düsseldorf und der Posten des Umweltministers wäre vakant.

Da kommt dann der Name Tanja Gönner (CDU) ins Gespräch. Von der baden-württembergischen Verkehrs- und Umweltministerin hat die Kanzlerin seit jeher eine gute Meinung. Und die Art, wie sie in der Öffentlichkeit charmant, aber in der Sache unnachgiebig für Stuttgart 21 streitet, imponiert der Kanzlerin ebenfalls. Sie wäre der mit Abstand der aussichtsreichste Tipp für die Röttgen-Nachfolge. Der zweite Hintergrund der Kabinetts-Spekulationen ist thematisch benachbart. Mag sein, dass der CDU ein politisch schwieriges Frühjahr bevorsteht. Wenn die Union in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kräftig verliert, was so utopisch ja nicht ist, könnte sich Merkel dazu gezwungen sehen, gegenüber den Bürgern ein machtvolles Zeichen eines Neustarts zu geben. Eine Kabinettsumbildung ist dazu das klassische Mittel. Wenn die aber ein durchschlagender Erfolg werden soll, könnte sie sich kaum auf den Namen Röttgen beschränken. So kommt Schäuble ins Spiel.
 
De Maizière als Schäuble-Nachfolger?

Dass über einen Austausch Schäubles bereits gesprochen wurde, ist klar. Das war notwendig, denn in der Zeit seiner längeren Klinikaufenthalte in diesem Jahr musste zunächst eine vorläufige Vertretung bestimmt werden. Dann aber musste auch zumindest erkundet werden, was passieren sollte, wenn Schäuble langfristig ausfiele. Im Mai, bei den Verhandlungen über den Euro-Rettungsschirm, wurde er von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vertreten - ein wichtiger Fingerzeig. Unproblematisch wäre der Wechsel de Maizières in das Finanzministerium allerdings nicht. Dann nämlich stellt sich die Frage, wer ihn als Innenminister beerben könnte, und da drängt sich niemand auf. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla wäre eine Möglichkeit. Er ist im Thema eingearbeitet, da er in seiner jetzigen Funktion auch Koordinator der deutschen Geheimdienste ist.

Der Nordrhein-Westfale Armin Laschet (CDU) könnte nach innerparteilichen Niederlagen in Düsseldorf einen Ortswechsel gebrauchen. Als erfolgreicher Integrationsminister in der Regierung von Jürgen Rüttgers (CDU) würde er ebenfalls viel Sachverstand mitbringen. Aber noch ist das alles offiziell kein Thema. Wie sagt die Kanzlerin: "Reine Erfindungen."