Lars Klingbeil ist zum neuen SPD-Vorsitzenden gewählt worden – und löst Norbert Walter-Borjans im Tandem mit Saskia Esken ab. Foto: AFP/HANNIBAL HANSCHKE

Die SPD will ihren Wahlerfolg verstetigen – und vermeidet zumindest am Beginn ihrer Regierungszeit die entsprechenden Fehler, kommentiert Christopher Ziedler.

Berlin - Jeder Erfolg birgt auch die Gefahr der Selbstgefälligkeit. Wer sich noch daran berauscht, dass nach 16 Jahren wieder ein SPD-Kanzler regiert, tut sich naturgemäß schwer, Wasser in den Wein zu gießen. Die Fallstricke, über die die Sozialdemokraten in der kommenden Zeit stolpern könnten, sind dennoch zahlreich.

Offensichtlich ist der Konflikt zwischen Regierungshandeln und Parteipolitik, der sich zwangsläufig in der Ampelkoalition auftut. Als reiner Kanzlerwahlverein muss jede politische Vereinigung auf Dauer scheitern. Ein wenig beunruhigt muss die Parteispitze auch angesichts der unterschiedlich großen Zustimmung zu den beiden neuen Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken sein. Der Wahlsieg versperrt den Blick auf strukturelle Probleme: Selbst mit einem nahezu perfekten Wahlkampf und eklatanten Fehlern der Konkurrenz konnten die Genossen nur ein Viertel der Stimmen auf sich vereinen, bei Erst- und Jungwählern landeten sie hinter Liberalen und Grünen. Und auch das mehr als ordentliche Abschneiden im Osten der Republik ist nicht unterfüttert durch lebendige Ortsvereine.

Die Spitze hat schon gezeigt, dass sie es kann

Auf ihrem Parteitag hat die SPD die Weichen so zu stellen versucht, dass der Erfolg keine Eintagsfliege bleibt. Ob das gelingt, ist noch nicht zu beurteilen. Zumindest aber erliegen die Sozialdemokraten nicht der Versuchung, im Siegesrausch alles andere auszublenden. Die breit aufgestellte neue Führungsspitze mit Klingbeil und Esken, zu der auch Kevin Kühnert als Generalsekretär gehören wird, hat in anderen Rollen bereits bewiesen, dass das Zusammenspiel mit Scholz funktionieren kann, ohne die Eigenständigkeit aufzugeben. Da ist es auch richtig, dass inhaltliche Akzente hin zu einer wirtschaftskompetenteren und internationaler ausgerichteten SPD gesetzt und weitere Organisationsreformen angekündigt wurden.

Daraus wird nicht automatisch ein sozialdemokratisches Jahrzehnt, wie das nun als Ziel ausgegeben wurde. Die Genossen machen in diesen Tagen aber nicht die Fehler, die das von vornherein ausschließen.