Erst die Pommes beim Flößer 77 bestellt: SPD-Chefin Sakia Esken Foto: Lück

Die SPD-Co-Chefin Saskia Esken auf der Inselspitze bei "Pommes und Politik": Jede Menge junger Leute, aber auch ältere Zuhörer drängen sich unter den Pavillon am Flößer 77 am Neckar und erwarten Klartext.

Horb - Die SPD-Co-Chefin ist sichtbar entspannt. Nicht nur, weil es nach dem brütend schwülen Tag endlich geregnet hat. Sie sitzt auf der Bierbank, gegenüber gut 30 Gäste. Der Jugendgemeinderat Horb, den sie vorher besucht hatte, junge Leute aus Dornstetten und Freudenstadt und ein paar Erwachsene wie beispielsweise Kreischef Marius Thoy.

Die erste Frage eines Jugendlichen aus Dornstetten zeigt: Die Kids sind sehr kritisch. Der Schwarzwälder Bote dokumentiert im Folgenden die Fragen und die Antworten des Esken-Besuchs in Horb.

Wie kann die untere Mittelschicht entlastet werden?

Ein junger Mann fragt: Wie kann die untere Mittelschicht entlastet werden, während Hartz-IV-Empfänger gar nicht sparen müssen? Esken: "Sparen haben die Hartz-IV-Empfänger schon gelernt." Ein Besucher erklärt: "Hartz-IV-Empfänger bekommen das Energiegeld für den durchschnittlichen Verbrauch, egal, was es kostet."

Was hält Saskia Esken von einem Gas-Preisdeckel?

Esken: "Das wäre sehr teuer, das kann sich der Staat auf Dauer nicht leisten. Die Löhne sollten steigen, der Mindestlohn und die Sozialleistungen – aber der Staat darf sich nicht verlupfen."

AKW länger, dafür Tempolimit?

Esken: "Die Diskussion um die Verlängerung der AKW-Laufzeit läuft heiß. Ob der Beitrag sinnvoll ist im Streckbetrieb, darüber muss man reden. An den Argumenten gegen die Atomkraft hat sich nichts geändert. Sie können raushören, ich halte nicht viel davon. Aber ich bin da nicht ideologisch. Das Tempolimit leistet einen großen Beitrag zur CO-Einsparungen, die Auswirkungen sind klein."

Wann wird der ÖPNV auf dem Land fast so gut wie das Auto?

Esken: "Es müssen Mittel da sein, um den Preis zu senken wie mit dem 9-Euro-Ticket und das Angebot zu verbessern. Die Erfahrungen des Stundentakts im Landkreis Calw, den die SPD seit 15 Jahren gefordert hat, zeigt: Die Nachfrage folgt auf das Angebot. Es muss natürlich effizient gestaltet werden mit Rufbussen, aber man muss auch hinnehmen, dass die neuen Angebote Nahverkehr in der Einführung noch nicht gleich voll ausgelastet sein wird."

Ist die FDP in der Bundesregierung zu dominant?

Esken: "Wir haben in den Koalitionsvertrag sehr viel wichtige soziale Projekte reinschreiben können, die jetzt umgesetzt werden. Es war aber auch klar, dass jede Partei schmerzhafte Kompromisse machen wird. Mindestlohn, Bürgergeld, Kindergrundsicherung – Projekte, die die FDP sicher nicht erfreut haben. Wir haben Realitäten, wir haben Mehrheiten."

Wie sollen wir Jungen später die Schulden bezahlen?

Die SPD-Chefin: "Ich sehe das so: Die Inflation wird derzeit durch Angebotsverknappung getragen. Die letzten Jahre der Pandemie haben gezeigt: Bei Umsatz und Beschäftigung in der Wirtschaft hat es durch den Konjunktureinbruch keinen Schaden gegeben – weil wir die Schuldenbremse ausgesetzt haben, um das zu erreichen." Im Herbst wolle Esken sich die Lage genau anschauen und entscheiden, ob die Schuldenbremse erneut ausgesetzt wird.

Was sagt Esken zum Ukraine-Krieg und zur Wiederbewaffnung?

Esken: "Wenn man das Handeln und die Reden Putins vor dem Angriff gehört hat, muss man sich den Vorwurf machen, naiv und ignorant gewesen zu sein. Nicht nur wir in Deutschland, sondern auch in Europa. Die Entscheidung, auch Waffen zu liefern, war eine schwere Gewissensentscheidung. Es fühlt sich zwar nicht gut an, dass aus einem Krieg Chancen erwachsen. Aber: Die EU ist gestärkt in der Einigkeit, die Nato – und auch die G7 wird durch neue Gäste wie Indonesien und Brasilien erweitert."

Sind 100 Milliarden für die Bundeswehr zu viel?

Esken: "Wir haben gemerkt, dass wir nicht mehr in der Lage sind, Bündnis- und Landesverteidigung zu leisten. Da muss man Geld in die Hand nehmen!"

Die Wehrpflicht wiederführen?

Esken: "Ich bin grundüberzeugt, das sollte man freiwillig machen."

Nach anderthalb Stunden ist "Pommes und Poltik" vorbei. Esken: "Das Interesse ist der jungen Leute ist beeindruckend."