Die Schülerbeförderung für Menschen mit Behinderung ist teuer. Nun wird ein Eigenbeitrag gefordert. Foto: © Otto Durst - stock.adobe.com/Schulbus

Die Kreisräte befassen sich dieser Tage mit unpopulären Entscheidungen. So soll etwa ein Eigenbeitrag für die Beförderung von Schüler mit Behinderungen eingefordert werden. Grund sind die verheerenden Finanzen. „Wir kriegen das nicht mehr ausgeglichen“, mahnt der Landrat, „wir müssen den Leuten die Wahrheit sagen“.

Nach drei Stunden Sitzung war Helmut Riegger schon fast der Verzweiflung nahe. Getagt hatte der Bildungs- und Sozialausschuss (BSA) des Kreistags und wieder mal ging es größtenteils um die prekäre Haushaltslage. „Ich weiß nicht mehr weiter“, sagte der Landrat.

 

Möglicherweise hatte ihm die Diskussion mit Eltern auf die Stimmung geschlagen, die unmittelbar vor der Sitzung gegen die Streichung des Zuschusses für die Schülerbeförderungskosten demonstriert hatten. Das Thema beschäftigte auch den BSA.

Dieses Mal ging es um den Eigenanteil für Schüler mit Behinderung, die den öffentlichen Personennahverkehr nicht nutzen können und eigens befördert werden müssen, was kostenintensiv ist. Das soll im Haushalt 217 000 Euro einsparen.

Entscheidung falle schwer

Eberhard Bantel (FWV) schlug sich auf die Seite der betroffenen Eltern: „Müssen wir denn bei den Behinderten anfangen?“, fragte er.

Diese Entscheidung falle keinem leicht, stellte Erster Landesbeamter Frank Wiehe fest und wies zugleich darauf hin, dass für diese Kinder schon sehr viel getan werde. Das müsse man bei der Beurteilung der Einzelmaßnahme sehen.

Lothar Kante (SPD) sieht darin wiederum eine einseitige Belastung für die Betroffenen. Brigitte Loyal (Grüne) kommt es wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwands zu einem Nullsummenspiel.

Letztlich sprach sich die Mehrheit des BSA dafür aus, dem Kreistag zu empfehlen, einem Eigenbeitrag zuzustimmen, den die Familien dann künftig bezahlen sollen.

Beim Busverkehr ging es um einen relativ geringen Beitrag. Letztlich, und darauf zielte Riegger ab, geht es um eine Lücke von 27 Millionen Euro im Etat 2025. Gerade mal 3,7 Millionen Euro hat die Haushaltsstrukturkommission zusammengekratzt.

Seit eineinhalb Jahren hinke die Wirtschaft der Entwicklung hinterher, die von Kostensteigerungen und Inflation gekennzeichnet sei. „Wir kriegen das nicht mehr ausgeglichen“, so der Landrat, „wir müssen den Leuten die Wahrheit sagen“ .

Allein die Sozialen Hilfen verschlingen mehr als 50 Millionen Euro, „das ist deutlich mehr als die Hälfte, was wir aus der Kreisumlage bekommen“, umriss Riegger die Lage. Seine Hoffnung richtet sich darauf, dass die Deutschen in Krisen oft Stärke bewiesen hätten.

Fast 42 Millionen Euro

Bei den Sozialhilfen ergebe sich allein bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nach dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) für den Kreis Calw ein Nettoressourcenbedarf von fast 42 Millionen Euro. Hinzu kommt, dass Bund und Land ihren Beitrag nur zu einem geringen Anteil leisten.

Dabei geht es nicht um den gesamten Betrag, sondern um die Kostensteigerungen, die von Änderungen beim BTHG ausgehen, wie Tobias Haußmann, Leiter des Dezernats Jugend, Soziales und Integration, erläuterte.

Die schlagen mit bis zu acht Millionen Euro zu Buche. Sie sollen bei den Betroffenen zu mehr Individualität und Selbstbestimmung führen.

Hier laufen noch Verhandlungen. So sind 2024 statt der geplanten 8,5 Millionen nur 1,5 Millionen Euro an den Landkreis geflossen. Haußmann hofft künftig auf deutlich höhere Erstattungen.

„Kann man dagegen nicht vorgehen?“, fragte Bantel. Eine gemeinsame Klage der Landkreise stellte Andreas Hölzlberger (CDU) in den Raum.

Da riet Wiehe ab. Schließlich bestünden die Ansprüche der Betroffenen und die Gerichtskosten kämen dann noch hinzu. Der Landrat-Stellvertreter versicherte, dass weitere Gespräche stattfinden, „die mit großer Vehemenz geführt werden“.

„Wir haben eine sehr gute Sozialverwaltung“

An der historisch schlechten Haushaltslage dürfte sich grundsätzlich nichts ändern. Peter Drenckhahn (AfD) fragte nach der Kontrolle der Sozialausgaben. Immer wieder sei von Gerüchten zu hören, dass vor allem Ukrainer in Deutschland Hilfen kassieren und dann in ihr Heimatland zurückkehren.

Die Ausgaben zu kontrollieren sei die originäre Aufgabe der damit betrauten Mitarbeiter im Landratsamt, versicherte Wiehe. „Wir haben eine sehr gute Sozialverwaltung“, sagte der Erste Landesbeamte; wobei Missbrauch in Einzelfällen nicht völlig auszuschließen sei.