Die Sparkassen-Finanzgruppe ist nicht optimal aufgestellt, sagt Sparkassenpräsident Peter Schneider. Verbesserungsbedarf sieht er bei den Landesbanken Foto: Leif Piechowski Foto:  

Sparkassenpräsident Peter Schneider verteidigt die Entscheidung, das Rechenzentrum der Sparkassen in Fellbach zu schließen. Am Standortsoll etwas Neues entstehen.

Stuttgart - Sparkassenpräsident Peter Schneider verteidigt die Entscheidung, das Rechenzentrum der Sparkassen in Fellbach zu schließen. Am Standortsoll etwas Neues entstehen. „Langfristig sehe ich gute Chancen, dass in Fellbach sogar mehr IT-Arbeitsplätze sind als heute“, sagt Schneider.


Herr Schneider, die EU-Kommission will eine europaweite Einlagensicherung schaffen. Ist dann mein Geld bei jeder europäischen Bank so sicher wie bei der Sparkasse?
Das ist einer unserer Hauptkampfplätze mit der europäischen Gesetzgebung. Wir haben in der Sparkassen-Finanzgruppe ein sehr weitgehendes System, indem wir die ganze Sparkasse sichern. Egal, wie viel Einlagen ich habe, und egal, ob ich Privat- oder Firmenkunde bin, es ist alles gesichert. In unserer Gruppe sind es 423 Sparkassen plus ihre Verbundunternehmen, die sich gegenseitige Unterstützung versprechen. Dazu kommen noch die Kommunen und Landkreise als Träger. Das ist die größte Haftungsmasse im europäischen Finanzmarkt. In Europa gibt es Länder, die nur eine sehr geringe oder keine Einlagensicherung haben. Wir haben nichts gegen einheitliche Standards, aber das dichte Sicherheitsnetz in unserer Gruppe darf nicht angetastet werden. Wir wehren uns auch dagegen, dass unser Sicherungstopf für Banken in anderen Ländern herhalten soll. Jeder soll für sich sorgen.

Was macht Sie so sicher, dass das Sicherheitsnetz der Sparkassen ausreicht, wenn es im Euro-Raum noch einmal zu einer langen, großen Krise kommt?
Wenn alles zusammenbrechen würde, wären auch wir nicht unbegrenzt krisenresistent. Aber die Sparkassen haben so viel Substanz und ein solides Geschäftsmodell, dass sie in so einer Situation viel länger durchhalten können als andere.

Die Beschäftigten des Sparkassen-Call-Centers haben monatelang für mehr Geld gestreikt. Und bei Ihrem IT-Dienstleister Finanz Informatik sollen 1600 Jobs wegfallen. Warum machen die Sparkassen so einen Druck?
Wir haben in Deutschland einen sehr attraktiven Privatkundenmarkt, der aber schrumpft. Kommen neue Anbieter hinzu, geht das nur über einen knallharten Verdrängungswettbewerb. Die Sparkassen bieten alle Finanzdienstleistungen an, und das überall und für alle. Deshalb müssen wir uns optimal aufstellen, sonst wird der Kostennachteil zu groß. Viele unserer Wettbewerber organisieren ihre Call-Center außerhalb von Deutschland zu niedrigeren Konditionen. Wir halten auch alle IT-Arbeitsplätze in Deutschland, während die Konkurrenz oftmals ihre IT zwischen Tschechien und Indien organisiert. Durch die Konzentration der Finanz Informatik auf wenige Standorte lassen sich jährlich 100 Millionen Euro einsparen. Das können wir nicht außer Acht lassen.

Für das Rechenzentrum in Fellbach mit knapp 500 Beschäftigten bedeutet das das Ende.
Für die Beschäftigten, die sehr gute Arbeit geleistet haben, ist das eine bittere Pille, wenn sie nach Münster oder Hannover wechseln sollen oder mit Abfindungen oder über Vorruhestand ausscheiden. Aber die Entscheidung, Standorte zu schließen und sich kostengünstiger aufzustellen, ist im Interesse der gesamten Gruppe. In Zukunft werden am Standort Fellbach weiterhin IT-Leistungen konzentriert – zwar nicht mehr wie jetzt für Sparkassen, aber für Landesbanken und die Versicherer der Gruppe. Die LBBW plant, mit einem Großteil ihrer eigenen Informationstechnologie nach Fellbach zu wechseln, die Sparkassenversicherung überlegt sich das ebenfalls. Langfristig sehe ich gute Chancen, dass in Fellbach sogar mehr IT-Arbeitsplätze sind als heute.

Die Sparkassen leisten sich immer noch elf Landesbausparkassen und zehn Sparkassenversicherer. Wird es da zu Fusionen kommen, wie vom Bundesverband angeregt wurde?
Auf lange Sicht ja. Wir sind nicht optimal aufgestellt. Doch das Wichtigste wären Verbesserungen im Bereich der Landesbanken. Hier haben wir große Fortschritte gemacht. Die Landesbanken Rheinland-Pfalz und Sachsen sind in der LBBW aufgegangen. Die WestLB, die einst größte Landesbank, ist vom Markt verschwunden. Jeder optimiert gerade seine Landesbank. Die Institute werden kleiner und auf weniger Risiko ausgerichtet. Die LBBW ist hier am entschiedensten vorwärts gekommen. Als Nächstes steht die engere Zusammenarbeit zwischen der Landesbank Berlin und der Dekabank an. Wir sollten nicht alles auf einmal anpacken, sondern Schritt für Schritt die Dinge angehen.

„Wir haben zugestimmt, die vollen 3,2 Milliarden Euro zu wandeln“


Was heißt das für die Landesbanken?
Unser Zielbild mit drei leistungsfähigen Landesbanken ist nach wie vor gültig: eine im Norden, in der Mitte und im Süden.

Mit Süden meinen Sie München und Stuttgart?
In der Tat wären Bayern und Baden-Württemberg die Schwerpunkte. Darüber hinaus haben wir noch Rheinland-Pfalz und Sachsen als Geschäftsgebiet. Aber aktuell stellen sich solche Überlegungen nicht. Jeder muss seine Hausaufgaben machen. Dazu brauchen wir noch Jahre.

Die Sparkassen haben zugestimmt, die stillen Einlagen der Träger bei der LBBW in hartes Kernkapital umzuwandeln, allerdings nicht die komplette Summe. Die LBBW hat auf mehr gehofft. Was sprach dagegen?
Wir haben zugestimmt, die vollen 3,2 Milliarden Euro zu wandeln, die stehen zur Verfügung. Davon werden 2,2 Milliarden sofort vollzogen. Die Bank braucht im Moment nicht mehr, ihr Eigenkapital reicht aus. Ändern sich die regulatorischen Anforderungen oder würde der Markt sich dramatisch verschlechtern, werden wir auch die weitere Milliarde wandeln.

Die stillen Einlagen werden von allen drei Trägern gehalten, von Sparkassen, Land und Stadt. Die Stadt fordert etwas für ihre Zustimmung. Was kann sie rausholen?
Die Stadt hat Minderheitenschutzrechte in die Diskussion gebracht. Wir haben in der Vergangenheit als Träger immer sehr einmütig gehandelt. Das war stets der große Vorteil der LBBW. Jetzt sagt die Stadt, wenn unser Kapital eine andere Qualität hat, soll die Einvernehmlichkeit in wichtigen Fragen festgeschrieben werden. Dafür habe ich ein gewisses Verständnis.

Was sind wichtige Fragen?
Das sind zum Beispiel Fragen, wenn etwa die Aufnahme einer anderen Bank geplant wäre, sowie Fragen der künftigen Rechtsform der LBBW oder auch die Frage der Gewinnverwendung. Wir haben uns hier auf die Stadt Stuttgart zubewegt, aber natürlich müssen unsere Gremien einer solchen Regelung noch zustimmen.

„Bin gespannt, was die Ermittlungen bringen“


In den Krisenjahren wurden auf die stillen Einlagen keine Zinsen gezahlt. Stehen alle Eigner noch fest zu ihrer Landesbank?
Nach der Hochrechnung der Bank für 2012 werden für dieses Jahr Zinsen bezahlt: insgesamt für alle drei Eigner 128 Millionen Euro. Von den rückständigen Zinsen aus den Jahren 2009 bis 2011 in Höhe von insgesamt 548 Millionen Euro sollen aus dem Ergebnis dieses Jahres 176 Millionen nachgeholt werden, 372 Millionen stehen dann noch aus. Ich bin zuversichtlich, dass sogar mehr nachgeholt werden kann, als wir zugrunde gelegt haben, denn die Bank ist auf gutem Kurs. Wenn stille Einlagen gewandelt werden, verfällt zwar juristisch der dann noch ausstehende Zinsanspruch. Aber das Geld schwimmt nicht den Neckar hinunter. Es ist in der Landesbank, die uns gehört.

Aber natürlich wird bei der Stadt mit den Zinsen gerechnet.
Sicherlich, aber auch das Land und die Sparkassen haben kein Geld zu verschenken. Ich habe bei stillen Einlagen zwar formal einen Anspruch auf Nachholung der Zinsen, der kann aber nur erfüllt werden, wenn ein positives Ergebnis vorliegt.

Bei der Stadt ist man offenbar uneins. Was ist, wenn die Stadt den Beschluss, die stille Einlage zu wandeln, nicht mitträgt?
Dann wäre plötzlich der Zusammenhalt der Träger, der bisher immer die LBBW gestärkt hat, nicht mehr gegeben. Das hätte auch negative Auswirkungen auf die Außenwirkung der Bank – vom Rating bis hin zu Fragen der Refinanzierung. Außerdem ruft jede Entscheidung, an der sich die Träger der LBBW nicht gemäß ihres jeweiligen Anteils beteiligen, wegen des Beihilferechts sofort die EU auf den Plan.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt seit fast drei Jahren gegen frühere und teils noch amtierende LBBW-Vorstände. Rechnen Sie mit einer Anklage?
Ich bin sehr gespannt, was drei Jahre dauernde Ermittlungen in einem klar abgegrenzten Sachverhalt an Ergebnis bringen.

Neben dem anfänglichen Vorwurf, Bankvermögen veruntreut zu haben, kommt offenbar noch eine Bilanzstraftat hinzu. Was verbirgt sich dahinter?
Auch das weiß ich nicht. Natürlich gibt es in einem großen Unternehmen wie der Landesbank in der Bilanz immer Fragen, die Bewertungsspielräume lassen. Das bespricht man dann mit den Wirtschaftsprüfern, die übrigens jeden Abschluss bis ins Detail testiert haben. Ob sich aber aus der Bilanz eine Straftat konstruieren lässt, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.