Ein neues Wohn- und Verwaltungsquartier ist auf dem früheren Kasernengelände in Villingen geplant. Foto: Marc Eich

Das befürchtete Horrorszenario ist eingetreten: Kein Investor will die Pläne für den Bau von 680 Wohneinheiten umsetzen. Die Stadt legt großen Wert auf bezahlbare Mieten.

Eine schlechte Nachricht hat die Stadt in Sachen bezahlbarer Wohnraum im neuen Quartier „Oberer Brühl“ auf dem ehemaligen Kasernengelände in Villingen: In der zweiten Runde des europaweiten Vergabeverfahrens sind alle Bewerber abgesprungen, steht im Bericht für die Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch, 8. November, ab 16 Uhr in der Neckarhalle in Schwenningen.

 

Zurück auf Anfang heißt es so für das riesige Bauprojekt mit dem ehrgeizigen Ziel, rund 680 Wohneinheiten zu schaffen, von denen 90 Prozent unter die Kategorie soziales Wohnen fallen.

Dem Gemeinderat schwebt ein urbanes Quartier vor, das mit reduziertem Verkehr und grünen Achsen, Geothermie sowie einer Fußgänger- und Fahrradverbindung zur Innenstadt dem Klimaschutz und Energieverbrauch Rechnung trägt. Eine wichtige Rolle spielen zudem Gemeinschaftsflächen wie ein Quartierstreff oder ein Café.

„Bündnis für faires Wohnen“ hat sich zurückgezogen

Angesichts gestiegener Baupreise und Bauzinsen sowie fehlender staatlicher Förderprogramme hatte sich das „Bündnis für faires Wohnen“ – bestehend aus den Baugenossenschaften Villingen und Familienheim, des Spitalfonds und der städtischen Wohnbaugesellschaft (Wbg) – aus wirtschaftlichen Gründen als möglicher Investor zurückgezogen. Nun scheint sich auch kein privater Bauträger zuzutrauen, das ambitionierte Modell in die Tat umzusetzen.

In der ersten Stufe hätten drei Bieter einen Teilnahmeantrag eingereicht, erklärt die Stadt. Nach der Prüfung und der Auswahl der geeigneten Bewerber für die Angebots- und Verhandlungsphase sei noch ein Bieter im Rennen gewesen. Doch die Frist sei abgelaufen, ohne dass ein Angebot eingegangen sei. Die Konsequenz sei es, das Verfahren aufzuheben.

Finanzielles Risikos und hohen Aufwand im Blick

Ein Horrorszenario, das die Verwaltung schon befürchtet und deshalb vor einem Jahr vorgeschlagen hatte, eine städtische Sozialwohnungsbaugesellschaft zu gründen, um die Umsetzung der sozial hehren Pläne zu garantieren. Der Gemeinderat hatte diesen Vorstoß indes wegen des finanziellen Risikos und des hohen Aufwands abgelehnt.

Jetzt ist alles auf Null gesetzt – und die Zeit drängt, denn die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) hat der Stadt beim Verkauf des Geländes einen Preisnachlass von 3,1 Millionen Euro eingeräumt mit der Auflage, 126 Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten bis 2026 auf den Markt zu bringen. Jetzt gelte es, weitere Optionen wie die Reduzierung des Bauvolumens, den Verzicht auf einzelne Kriterien oder eine zeitlich versetzte Vergabe der Baufelder zu prüfen, zeigt sich die Verwaltung derzeit ratlos. Auch die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft könnte wieder auf den Tisch kommen. Zudem gelte es, die Verpflichtungen aus dem Grundstückskaufvertrag und der Städtebauförderung zu bewerten, bevor das Thema im Gemeinderat zur Diskussion steht.