Um die Probleme von Menschen, die im Alltag nicht mehr alleine zurechtkommen, kümmert sich Susanne Andres-Reischle – seit Oktober mit Verstärkung durch Anna-Sophie Dreiszas. Ihr gemeinsamer Jahresbericht zeigte, dass die Aufstockung bitter nötig war.
Corona, Krieg, Inflation – alleine diese drei Stichworte reichten Susanne Andres-Reischle und Anna-Sophie Dreiszas beim Rückblick auf 2022, um den Stadträten im Ausschuss für Soziales, Kultur, Schulen und Sport deutlich zu machen, dass die Situation sich verschärft hat. „Immer mehr Menschen brauchen Unterstützung, und die Fälle werden immer komplexer“, sagten sie. „Selbst Bürger, die bisher keinen Bedarf hatten, geraten in Notsituationen durch den Verlust von Wohnraum, Krankheit und finanzielle Probleme.“
Regelmäßig setzt sich Susanne Andres-Reischle deshalb in einem Arbeitskreis mit Vertretern von Caritas und Diakonie zusammen, um die Hilfe zu koordinieren – und dabei hat sie neuerdings auch im eigenen Haus tätige Hilfe: Seit Oktober unterstützt Anna-Sophie Dreiszas, die Integrationsbeauftragte der Stadt, sie mit 50 Prozent Stellenanteil – und mit positiven Folgen: „Die Vertretungssituation und die Erreichbarkeit sind besser, wenn auch noch nicht durchgängig abgedeckt, wir können mehr Klienten aufnehmen und sie intensiver betreuen sowie Fälle besprechen“, freute sich Dreiszas: Zwei Frauen wissen eben mehr als eine.
Hausbesuche zu zweit bedeuten mehr Sicherheit
Auch der Sicherheitsaspekt ist nun besser berücksichtigt: Hausbesuche können die beiden Frauen nun zu zweit absolvieren, wenn nötig, und sich zudem regelmäßig mit der Unterbringungsbehörde austauschen, wenn es um Obdachlose geht.
Paradiesisch sind die Zustände für die Sozialarbeiterinnen dadurch freilich nicht, denn die Zahl der Hausbesuche ist ebenso gestiegen wie die Arbeitsdichte, wie die Fall-Grafik zeigte: Auf fast 100 ist die Zahl der Beratungen von 2021 auf 2022 angestiegen und lag 2023 – Stand: 30. Mai – schon bei mehr als 80. Auffällig höher ist die Zahl der Fälle, in denen mehr als drei Beratungen nötig waren: 2020 gab es solche gar nicht, 2022 waren es rund 25, heuer auch schon wieder fast 20 solcher Fälle. Die Langzeitfälle werden ebenfalls deutlich mehr: Ihre Zahl steuert 2023 bereits auf den hohen Wert von 2020 – fast 40 – zu.
Die Gefahr der Obdachlosigkeit nimmt zu
Ein Alarmzeichen: „Die Gefahr der Obdachlosigkeit nimmt zu“, mahnte Andres-Reischle, denn die Lage auf dem Wohnungsmarkt sei angespannt. Hinzu komme die Überlastung der Sozialleistungsträger und die zu geringen Kapazitäten bei anderen Beratungsstellen bei gleichzeitig steigendem Bedarf. Als Beispiele für den wachsenden Druck und die steigende Überforderung der Klienten nannte sie den alleinstehenden „Herrn M.“, der wegen vermüllter Wohnung die Räumungsklage bekam, danach in einer Obdachlosenunterkunft landete, zwischen zwei stationären Entgiftungen im Jakobus-Haus und einmal sogar in der Justizvollzugsanstalt.
Eine andere Einrichtung hatten den Fall gemeldet, und er zeigte, wie wichtig Hausbesuche seien, so Andres-Reischle: „Es werden Notlagen deutlich, die sonst verborgen geblieben wären.“ Zudem sei der Soziale Dienst der Stadt inzwischen im sozialen Netz weiterer Träger fest etabliert.
Das Ehrenamt muss gestärkt werden
Ihren Ausblick machte das nicht besser: Der Bedarf werde weiter steigen, prognostizierten die beiden. Sie appellierten deshalb an alle, interne Ressourcen noch besser zu nutzen, den Austausch weiter zu fördern, das Ehrenamt zu stärken – hohe Bereitschaft sehen sie dafür bei Stadt und Gemeinderat – und gelegentlich drauf zu schauen. Nur dann sei das „Leben in Albstadt auch in Zukunft für alle weit über normal!“, wie es im Werbeslogan heißt.