Mehr als 60.000 Besucher: Das Southside Festival ist jedes Jahr auch für die Polizei eine Herausforderung. Uns gewährt sie einen Einblick in die Festivalwache.
Auf der Festivalwache im Take-off-Gewerbepark ist an diesem Samstagmittag jede Menge los. Die Polizei ist mit vielen Kräften vertreten, die teilweise auf dem Festivalgelände unterwegs sind, teilweise hier auf der Wache den Überblick behalten. Und das ist auch nötig: Schließlich handelt es sich mit mehr als 60.000 Menschen um eine Großveranstaltung mit allen dazugehörenden Risiken.
Zwei wichtige Stichworte sind in diesem Zusammenhang Unwetter und Crowd-Management, erklärt uns Marcel Ferraro, Sprecher im Polizeipräsidium Konstanz. Das Festivalgelände umfasst rund 800.000 Quadratmeter, zuzüglich weiterer 150.000 Quadratmeter Reservefläche, die im Fall einer Massenpanik oder Ähnlichem wichtig für die Evakuierung ist.
Ganz genau im Auge behält die Polizei stets das Wetter – in diesem Jahr im Hinblick auf das Thema Dehydrierung. Ferraro erinnert aber auch an unwetterbedingte Festivalabbrüche 2007 – damals gab es sogar drei Schwerverletzte und einen Toten – und 2016, als 82 Personen leicht verletzt wurden.
Erinnerung an Absage im Jahr 2016
Wie schnell sich die Lage verändern kann, hat Ferraro 2016 selbst erlebt, als er die Meldung „In 20 Minuten geht die Welt unter“ bekam und das angesichts des strahlend blauen Himmels erst kaum glauben konnte, später aber eines Besseren belehrt wurde.
Um auf besondere Ereignisse aller Art vorbereitet zu sein, finden die ersten Besprechungen der Polizei zum Festival bereits im Februar statt, erklärt Ferraro.
Innerhalb von 20 Minuten geräumt
Inhalt dieser sind beispielsweise auch veränderte Einlässe und Fluchtwege. Im Ernstfall und im Regelbetrieb sollte das Infield innerhalb von rund 20 Minuten geräumt sein. Eine Herausforderung angesichts dessen, dass die Fläche vor der größten Bühne ein Fassungsvermögen von rund 47 000 Menschen hat.
Die Festivalwache wird jedes Jahr extra anlässlich des Festivals aufgebaut, funktioniert wie ein kleines Polizeirevier und ermöglicht durch die Nähe zum Gelände kurze Wege. Sie ist das ganze Festival über an 24 Stunden täglich besetzt.
Um den Überblick über so viele Menschen und ein so großes Gelände zu bewahren, greift die Polizei auf verschiedene Techniken zurück: Kameras und Drohnen.
Über Bildschirme das Geschehen verfolgen
Was sich auf dem Festivalgelände tut, lässt sich auf einem riesigen Bildschirm in der Befehlsstelle verfolgen. Hier können die Polizeikräfte bei Bedarf moderne Kameratechnik nutzen, um bestimmte Bereiche im Blick zu haben.
In der Befehlsstelle laufen alle Fäden zusammen, erklärt uns Leiter Thomas Knörr und meint damit die Einsatzkoordination.
Geht etwa der Hinweis einer Security-Kraft auf eine Straftat bei Knörr und den Kollegen ein – sei es auf dem Infield, dem Campingplatz oder anderswo rund ums Festival – weisen diese anhand der festgelegten Einsatzabschnitte Polizeikräfte zu, die sich der Sache annehmen.
Wenn ein Geschädigter auf die Festivalwache mitgenommen wird, kümmert sich der Einsatzabschnitt Ermittlungen um ihn.
Auch Drohnen kommen zum Einsatz
Zusätzlich zu den vielen Kameras auf dem Festivalgelände sind auch Drohnen im Einsatz, die im wahrsten Sinn des Wortes dafür sorgen, dass die Polizei „im Bilde“ ist. Dafür werden die Kräfte von der Drohnenstaffel aus Göppingen unterstützt.
Die Drohnen können, auch dank eingebauter Wärmebildkamera, beispielsweise eine Personensuche im Gelände erleichtern.
Neben kleineren Drohnen steht dabei auch die Matrice 300 bereit, eine neun Kilogramm schwere Drohne mit verschiedenen Objektiven, die es ermöglicht, auch aus größerer Entfernung detaillierte Aufnahmen zu liefern.
Das 55.000 Euro teure Flugobjekt ist bis zu 83 Kilometer pro Stunde schnell, kann auch bei Regen fliegen und einer Windgeschwindigkeit von bis zu 54 Kilometern pro Stunde trotzen. Die Drohnenbilder können den Polizeikräften dabei überall hin geschickt werden – ob in die Wache oder ins Polizeiauto.
Unerlaubte Drohnen werden abgewehrt
Die Polizei ist aber auch darauf vorbereitet, unerlaubte Drohnenflüge Dritter, zu denen es doch immer wieder komme, abzuwehren, erklären die Kräfte vor Ort.
Genaue Zahlen zur Einsatzstärke verrät die Polizei aus taktischen Gründen nicht. Nur so viel: Sie ist beim Festival stark genug vertreten, um mit den damit verbundenen Einsätzen fertig zu werden.
Wobei diese sich beim Southside Festival stark in Grenzen halten, wie wir von Marcel Ferraro erfahren. Die Anzahl der Straftaten sei jedes Jahr sehr gering in Anbetracht der Menge an Besuchern und des Aspekts, dass viele davon alkoholisiert sind.
Durchschnittsalter unter 25 Jahren
Das liege vor allem an den Festivalgängern selbst – das Durchschnittsalter liegt bei unter 25 Jahren – die sich überwiegend sehr kooperativ verhielten. Das quittiere man seitens der Polizei gerne mit Offenheit und Transparenz, so Ferraro.
Lag die Anzahl der Straftaten 2017 noch bei mehr als 200, waren es 2024 gerade einmal 66. An diesem besonders niedrigen Stand hatte aber aus Sicht von Ferraro auch das Wetter seinen Anteil, drohten die Festivalgänger doch im Schlamm zu versinken und seien deshalb vor allem mit sich selbst beschäftigt gewesen.
Den größten Teil der Straftaten (rund 53 Prozent) machten die Diebstähle aus, wobei viele sich im Nachhinein nicht als Straftaten entpuppten, weil der Besitzer das vermisste Stück dann doch noch wiederfand.
Weitere Vorkommnisse betreffen erfahrungsgemäß das Erschleichen von Leistungen – etwa, wenn jemand ohne Ticket über den Zaun zum Festivalgelände steigt – Beleidigung und handfeste Streitereien.