Sophie Scholl. Foto: Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Bad Dürrheim hat einen Sophie-Scholl-Weg, so wie viele andere Gemeinden auch. Es ist aber mehr als eine reine Erinnerung an eine der bekanntesten Widerstandskämpferinnen in der Nazi-Diktatur, es gibt einen weiteren Bezugspunkt: Sophie Scholl lebte mehrere Wochen in der Gemeinde. Am Sonntag wäre ihr 100. Geburtstag.

Bad Dürrheim - Sophie Scholl, geboren am 9. Mai 1921, steht für den Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur. Als Teil der "Weißen Rose" rief die Studentin in Flugblattaktionen zum Kampf gegen Faschismus und eine gleichgeschaltete Bildungslandschaft auf – und bezahlte dies 1943, mit gerade einmal 21 Jahren, mit dem Leben.

Viel beachtete Sonderausstellung von Jürgen Kauth

Mit ihrem Kampf für Gerechtigkeit und Freiheit ist Sophie Scholl ein Vorbild. Aber wer war die Ikone des Widerstands und was hat dies genau mit Bad Dürrheim zu tun? Der bekannte Bad Dürrheimer Jürgen Kauth, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, beschäftigte sich mit dem Leben Sophie Scholls. Ihm ist auch die Sonderausstellung vor zehn Jahren zu verdanken, die damals eine große Resonanz zur Eröffnung erfuhr.

Nach dem Abitur absolvierte Sophie Scholl im August 1940 im Rahmen ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin ein vierwöchiges Praktikum im Kindersanatorium Kohlermann in Bad Dürrheim. Ein Einsatz, der mit langer und harter Arbeit verbunden war.

"Obwohl das Kinderheim als Luxus-Kinderheim galt, begann in diesen vier Wochen das Erwachsenwerden von Sophie Scholl", erzählt Jürgen Kauth. "In ihrer kargen Freizeit habe sie die meisten Briefe in ihrem kurzen Leben geschrieben." In dieser Zeit las Sophie Scholl Schriften des Kirchenvaters Augustinus.

Ihr schwäbischer Dialekt sorgt für Anlaufschwierigkeiten

Jürgen Kauth weiß noch einiges zu berichten über den Aufenthalt von Sophie Scholl in Bad Dürrheim. "Um ehrlich zu sein, ich freue mich schon, bis es wieder vorbei ist", schrieb Sophie nach ihrem Dienstantritt im Spätsommer aus Bad Dürrheim. Sie war als Kindergärtnerin beschäftigt und wurde von den kleinen Kurgästen mit "Tante" angeredet.

Anlaufschwierigkeiten ergaben sich, weil die Kinder ihren schwäbischen Dialekt nicht verstanden, und ihre Zimmergenossin schnarchte. Zu ihren Aufgaben gehörte das Einlassen der Solbäder für die jungen Kurgäste – wobei es im Haus noch kein fließendes Wasser gab – Kinder waschen, mit Essen versorgen, bei Spaziergängen begleiten oder vom Bahnhof abholen. Morgens fing sie um 7 Uhr an. Abends um 21.30 Uhr hatte sie alles in etwa fertig. Zweimal in der Woche hatte sie einen Nachmittag frei.

Am 7. Oktober 1941 schließlich erhielt sie eine Anstellung im NSV-Kinderhort in Blumberg, wo sie einen sechsmonatigen Kriegshilfsdienst ableisten musste. Der Gegensatz zu dem Kindersanatorium Kohlermann in Bad Dürrheim war groß. Sie schrieb an ihren Bruder: "Ich arbeite hier im Kinderhort, bei Schulkindern, deren Eltern zu 60 Prozent vorbestraft sind, (diese) sind jedoch für einen Vergleich mit meinen Vorgesetzten noch viel zu gut."

Junge Frau mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn

Sophie Scholl war eine tief im Christentum verwurzelte junge Frau mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Sie glaubte zunächst an das von den Nationalsozialisten propagierte Gemeinschaftsideal. Wann und warum aber löste sich Sophie Scholl schließlich vom Nationalsozialismus? "Eine letztendliche Antwort gibt es nicht", so beschreibt es einer ihrer Biografen Robert M. Zoske. "Es war ein schrittweiser Prozess, der sie vom Schwärmer zum Dissidenten werden ließ, der mit der wachsenden Gewalt des Regimes zu tun hatte und mit seiner Forderung nach Konformität und Gehorsam." So wurde sie Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose bis zu ihrem Tod. Verurteilt wurde sie wegen Hochverrats und mit der Guillotine hingerichtet zusammen mit ihrem Bruder Hans.

Eine Gedenktafel für Sophie Scholl wurde 2011 vom Geschichts- und Heimatverein an der Ecke Wald-/Sonnenstraße angebracht. Dort, wo das Haus Kohlermann stand, in dem Sophie Scholl 1940 das Praktikum absolvierte. Dazu sagte damals Jürgen Kauth: "Wir stehen hier nicht an einem Grab, und es ist keine Trauerfeier. Wir freuen uns, dass es einen Menschen wie Sophie Scholl gab." Am internationalen Frauentag hat das Präsidium des Europäischen Parlaments beschlossen, zwei seiner Gebäude in Brüssel nach herausragenden europäischen Frauen zu benennen. Das Gebäude mit der Adresse Rue Wiertz 30-50 wurde nach Sophie Scholl benannt.