Durchaus auch kritisch blickt trotz seines guten Finalplatzes Timo Benitz auf die Europameisterschaften in Berlin und den gesamten Saisonverlauf zurück. Foto: Eibner Foto: Schwarzwälder Bote

Leichtathletik: Timo Benitz wertet EM-Platz sieben angesichts großer Achillessehnen Probleme und Doppelbelastung als Erfolg

Mit der Preisgabe eines gut gehüteten Geheimnisses und Vorwürfen in Richtung der Verantwortlichen im Deutschen Leichtathletik-Verband meldete sich nach seinem siebten Platz im 1500 m-Finale der Europameisterschaften von Berlin Timo Benitz zu Wort.

Nach einer schwierigen Saison wiederholte Benitz als bester Deutscher auf dieser Strecke seine Platzierung bei den Europameisterschaften in Zürich 2014. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Bote ließ er gestern das Rennen vom Freitag Abend und die letzten Monate Revue passieren.

Zunächst zum 1500 m-Finale. Wie ist das Rennen aus deiner Sicht gelaufen?

Timo Benitz: Mein Plan war eigentlich früher etwas Boden gutzumachen. Aber ich bin dann hinten geblieben, weil es im Feld sehr unruhig war, ich mich aus dem Gerangel heraushalten und damit Kraft sparen konnte. Die letzte Runde war dann knallhart, aber die 50 000 Zuschauer haben mich noch einmal richtig nach vorne gepusht.

Auf der Zielgerade hast Du dann noch einige Plätze gut gemacht. Kam der Endspurt zu spät?

Ich habe dank der Unterstützung des Publikums eigentlich nur noch die Konkurrenten abgefangen, die am Ende die Kräfte verlassen haben. Dennoch bin ich mit Platz sieben angesichts der Ausgangssituation schon zufrieden, denn ich bin nur als 24. der europäischen Jahres-Bestenliste angereist.

Nach dem Rennen hast Du von schwerwiegenden Achillessehnenproblemen gesprochen, von denen im Vorfeld öffentlich nie die Rede gewesen waren. Wie sehr haben sie dich behindert?

Von diesen Problemen wussten praktisch nur mein Trainer Jörg Müller und ich. Ich hatte schon öfter Probleme mit der Achillessehne, in diesem Jahr aber Schmerzen sogar auf beiden Seiten. Ich habe mir aber gesagt, bis zur Europameisterschaft ziehe ich das durch, nachdem mir ärztlicherseits versichert wurde, dass kein Achillessehnenriss droht.

Wie gehst du nach der EM damit um?

Ich werde ein spezielles Achillessehnenprogramm bei der Charité in Berlin absolvieren und gehe davon aus, dass ich wieder schmerzfrei werden kann. In dieser Saison will ich auch noch bis zum ISTAF in Berlin laufen und ich habe weiterhin als großes Ziel die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokyo, das ist mein klarer Plan.

Wie sieht es dabei mit der Unterstützung seitens des Verbandes aus?

Leider muss man sagen, dass der DLV zwar die Erfolge einstreicht, aber selbst dafür keinen Cent ausgegeben und wenig dafür getan hat. Mit meinem siebten Platz bin ich immerhin hinter dem Hürdenläufer Gregor Traber (5. Platz über 110 m, d.Red.) der zweitbeste deutsche Läufer bei allen Männerrennen. Alle meine Trainingslager sind höchstens über den Landesverband und den Verein finanziert worden. Das geht mir alles tierisch auf den Geist und da läuft beim DLV irgendetwas richtig falsch.

Dazu warst du vom Verband auch im Gegensatz zu Homiyu Tesfaye und Marius Probst trotz erfüllter Norm nicht vornominiert. Wie hat sich dieser Prozess für Dich dargestellt?

Auch das habe ich überhaupt nicht verstanden, weil ich zum einen immer bei internationalen Wettkämpfen meine Leistung gebracht und das Finale erreicht habe, wenn ich nicht gerade unglücklich gestürzt bin. Deshalb wollte ich bei der deutschen Meisterschaft auch unbedingt gegen die beiden gewinnen, was mir letztlich trotz einer riskanten Taktik auch gelungen ist. Das hatte mich extrem motiviert und danach war auch reichlich Genugtuung vorhanden.

Du vermisst also schon die Anerkennung, die du eigentlich verdienst?

Das kann man so sagen, gilt in ganz besonderem Maße aber auch für unseren Trainer Jörg Müller. Wenn heute Abend (das Gespräch wurde am gestrigen frühen Nachmittag geführt) Elena Burkard einen Platz unter die besten Acht oder sogar den ersten sechs Läuferinnen im 3000 m-Hindernisfinale erreicht, wovon ich ausgehe, ist "Jack" der erfolgreichste deutsche Lauftrainer bei dieser EM. Und das, ohne Geld zu verlangen oder etwas zu bekommen. Und noch nicht einmal eine Akkreditierung für die EM hat der DLV für ihn besorgen können, damit er Elena und mich vor Ort betreuen kann. Dass zwei Starter ein EM-Finale erreichen ist eine ganz große Sache für solch einen vergleichsweise kleinen Verein wie den TV Dornstetten.

Für etwas Wirbel haben auch deine Aussagen nach dem Halbfinale in Richtung des norwegischen Siegers gesorgt. Wie ist der Stand?

Dass meine Worte beim Fernsehinterview in Richtung eines Dopingvorwurfs interpretiert wurden, war von mir nie beabsichtigt, sondern kam erst durch die Kommentierung des Moderators zustande. Ich habe dazu auf meiner Facebook-Seite eine Stellungnahme abgegeben und die Angelegenheit richtig gestellt. Es ging mir in erster Linie darum, meine extrem hohe Doppelbelastung durch Studium und Spitzensport und die sich dadurch ergebenden Nachteile gegenüber unter Vollprofibedingungen trainierenden Konkurrenten darzustellen.

Von all diesen unerfreulicheren Umständen abgesehen: Wie bewertest du die EM in Berlin generell?

Ich kann nur sagen, dass ich noch niemals zuvor bei der Athletenvorstellung gelacht habe, weil ich sonst immer vor einem Rennen voll konzentriert bin. Aber das war ein solch tolles Gefühl vor diesem sauguten Publikum. Dabei war das vorher für mich schon komisch, vom Hotel die mir so vertrauten Wege zum Stadion zu fahren.   Die Fragen stellte Arno Schade.

Sensationsdebüt von Elena Burkard bei der EM in Berlin: Beim Sieg vo Gesa Felicitas Krause belegte die 26-Jährige gestern Abend in neuer persönlicher Bestzeit von 9:29,76 min Platz sechs.