Luan Krasniqi mit seinem Förderer Albert Weichert, inzwischen Ehrenvorsitzender des BSV Rottweil, bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 2012.Foto: Stadt Rottweil Foto: Schwarzwälder Bote

Boxen: Ehemaliger Schwergewichtsprofi erinnert sich an die Anfänge seiner Karriere beim Boxsportverein

Vor knapp 35 Jahren kam Luan Krasniqi nach Rottweil. Der Schwergewichtsboxer sorgte früh für Furore, feierte schon als Amateur große Erfolge und Titel. Rottweil und der Boxsportverein wurden zu seiner Heimat. Auch wenn der fast 50-Jährige inzwischen in Hamburg lebt, verbindet ihn noch viel mit Rottweil, wie er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten erzählt.

Herr Krasniqi, wie geht es Ihnen? Wie kommen Sie mit der Situation im Lockdown klar?

Mir geht es sehr gut, und ich fühle mich sehr wohl. Die jetzige Situation ist sehr ungewohnt und auch eine große Herausforderung, aber ich hoffe, dass dies bald ein Ende nimmt und der normale Alltag wieder eintritt.

Sie leben bereits seit ein paar Jahren in Hamburg, zieht es Sie ab und zu mal zurück in die Heimat, nach Rottweil?

Natürlich, ich komme sehr gerne nach Rottweil. Rottweil ist meine Heimat und wird es auch immer bleiben. In Hamburg fühle ich mich aber wohl. Es ist eine Weltmetropole. Hier habe ich eine schöne Zeit.

Fast jeder Rottweiler kennt Ihre Geschichte als Amateur wie auch als Profiboxer – welche waren die Highlights Ihrer über 20-jährigen Karriere? Welche Kämpfe beziehungsweise Erfolge waren die wichtigsten und emotionalsten Ihrer Karriere?

Allgemein gesehen war meine komplette Boxkarriere für mich eine sehr schöne Zeit mit vielen Highlights. Meine Amateur-Zeit war sehr besonders für mich. Man hat alle Siege und Medaillen mit Stolz getragen, wie zum Beispiel die Olympische Spiele in Atlanta, die ich nie vergessen werde. Es waren atemberaubende Momente. Selbstverständlich auch die Zeit als Profi. Jede Etappe in meiner Karriere war eine wichtige und blieb positiv hängen. Gerade auch die Kämpfe als Profi, die waren und werden ein großer Teil meiner Geschichte bleiben, wie 2002 gegen Rene Monse, um den EBU-Europameistertitel den ich gewann. Ein Gefühl das man nie vergisst. Genauso aber auch, meine damalige Niederlage gegen Saleta, die wichtig war für den weiteren Verlauf meiner Karriere. Ich lernte mich selbst kennen und kam stärker zurück und holte den Titel zurück gegen Sinan Samil Sam, der leider verstorben ist. Für mich ein unvergesslicher Fight, wo es um fast alles ging. Und selbstverständlich dann der Höhepunkt meiner Karriere gegen Lamon Brewster um die WM in Hamburg am 100-jährigen Geburtstag von Max Schmeling. Ein Riesen Fight, leider ein unglückliche Ende für mich.

Sie stehen weiterhin im guten Kontakt mit dem Boxsportverein Rottweil. Was denken Sie über die bisherige Arbeit und die Zukunft des Rottweiler Vereins, bei dem Sie ein Box-Vermächtnis starteten – zusammen mit Ehrenvorstand Albert Weichert?

Albert Weichert und mich verbindet sehr viel. Er war der erste Mensch, den ich seit dem ersten Tag meiner Boxkarriere kennengelernt habe. Als ich in den Boxsportverein eingetreten bin, empfingen mich Albert und Theo Kerekesch herzlich und wir hatten eine tolle und sehr schöne Zusammenarbeit. Albert förderte mich und begleitete mich bundesweit auf jedes Box-Event. Natürlich auch zusammen mit meinem damaligen Trainer Theo Kerekesh. Beiden habe ich sehr viel zu verdanken.

Auch Ihre beiden Neffen Ardian und Arianit haben eine erfolgreiche Karriere gestartet und führen Ihr Vermächtnis weiter. Was denken Sie über Ihre Neffen? Haben sie das Potenzial, in die Fußstapfen ihres großen Onkels zu treten und irgendwann ganz oben mitzumischen?

Selbstverständlich haben sie das Zeug dazu, und ich hoffe, dass sie ihre Ziele erreichen und dranbleiben. Ich werde sie immer unterstützen, wo ich kann.

Was wird Ihrer Meinung nach der nächste Schritt für Ardian sein?

Für Ardian war es mir immer wichtig, dass an erster Stelle seine schulische Laufbahn steht. Sein Bachelor war mir wichtig. Sportlich steht ihm alles offen, er ist jung, man wird sehen, was kommt. Alles Schritt für Schritt.

Wie bewerten Sie allgemein das deutsche Amateur- und Profiboxen?

Eine schwierige Zeit. Seit 1996 verzeichnet das deutsche Amateurboxen keine großen Erfolge mehr im internationalen Bereich, wie zum Beispiel bei den Olympischen Spiele, bei denen es seit 1996 kaum noch Medaillen gab für die deutsche Nationalmannschaft. Es ist traurig, dass es seit fast schon 25 Jahren keine großen Erfolge mehr für deutsche Amateurboxer gab, wie zum Beispiel einen Weltmeistertitel oder einen Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen. Seit das öffentlich-rechtliche Fernsehen wie ZDF und ARD aus dem Profigeschäft ausgestiegen ist, hat das deutsche Boxen an Wert verloren. Es fehlt an Persönlichkeiten, die die Zuschauer anziehen, bei denen es sich lohnt einzuschalten. Die USA und England sind dagegen weiter, aber nichtsdestotrotz vermisst man Persönlichkeiten, die diesen Sport präsentieren, sowie Legenden, die inspirierten. Das Profiboxen hängt nah mit dem Amateurboxen zusammen. Eine gute Amateurkarriere ist die Basis für eine erfolgreiche Profilaufbahn. Beide Bereiche aber leiden daran, gute Boxer ins Rampenlicht zu bringen.n Die Fragen stelle Jürgen Schleeh.