Muss niemandem mehr etwas beweisen: Wolfgang Epting beim Zieleinlauf des Ironman auf Hawaii im Jahr 2017. Foto: Schwarzwälder Bote

Triathlon: Freudenstädter spricht über Höhen und Tiefen der extremen Sportart – und den eisernen Willen

Der Ironman – er ist sagenumwoben, hat beinahe etwas Mystisches. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen, das gilt es bei jedem dieser Wettkämpfe über die Langdistanz zu schaffen. Der Freudenstädter Wolfgang Epting ist inzwischen bei ganzen 18 solcher Langdistanz-Triathlons am Start gewesen und berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung von seinen Erfahrungen, dem Erlebten und seiner Saison.

Herr Epting, welcher der mittlerweile 18 erfolgreich absolvierten Ironman-Wettkämpfe ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?

Der Zieleinlauf bei einem Ironman löst Emotionen aus, die man so zuvor nicht kannte und die man für den Rest seines Lebens nicht mehr vergisst. Wir Triathleten sagen, dass jeder, der ins Ziel kommt, ein Gewinner ist und genau so fühlt man sich, weil man weiß, dass man an seine Grenzen und vielleicht auch ein Stück darüber hinaus gegangen ist. Ich kann mir die Emotionen und Eindrücke jedes Zieleinlaufes immer wieder in Erinnerung rufen. So hat jeder dieser 18 Wettkämpfe etwas ganz Spezielles, wobei natürlich die Teilnahme an der Ironman-Weltmeisterschaft 2017 auf Hawaii den bisherigen Höhepunkt meiner Triathlon-Karriere darstellt. Das ist mit keinem anderen Rennen vergleichbar, wird von Mythen umrankt und auch die Bilder von dort sind derart einprägsam, dass die ganze Sportart oftmals damit assoziiert wird. Derart extreme Bedingungen, die Wellen beim Schwimmen, die berüchtigten Mumuku-Winde beim Radfahren und die Hitze von über 45 Grad beim Laufen gibt es in dieser Kombination sonst nirgendwo auf der Welt. Auf Hawaii habe ich mein sportliches Lebensziel erreicht und meinen Traum wahr gemacht. Auch mein erster Wettbewerb vor 19 Jahren über die Langstrecke im deutschen Triathlon-Mekka Roth, den ich zugegebenermaßen ziemlich blauäugig absolvierte, ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Nach dem Rennen musste ein Arzt meinen Zehennagel mit einer glühenden Nadel durchstechen, um eine Blutblase zu behandeln, die sich aufgrund eines nicht genügend eingelaufenen Schuhs gebildet hatte.

Wie schaffen Sie es, über eine solch lange Zeit Ihre Familie, den Beruf und Ihr Hobby unter einen Hut zu bekommen?

Eine straffe Selbstorganisation und eine sportbegeisterte Familie sind die Voraussetzungen, um diesen trainingsintensiven Sport überhaupt betreiben zu können. Darüber hinaus bedarf es einer gewissen Flexibilität und Spontaneität, um die erforderlichen Trainingseinheiten frühmorgens, spätabends, auf Geschäftsreisen oder am Wochenende in den Alltag und das Berufsleben zu integrieren. An dieser Stelle möchte ich mich bei meiner Familie dafür bedanken, dass ich diesen Sport all die Jahre ausüben konnte. Wir sind ein starkes Team und unterstützen uns gegenseitig bei unseren sportlichen Aktivitäten.

Gibt es spezielle Techniken und Methoden zur Motivation, die Sie mit unseren Lesern teilen möchten?

Ich habe mir angeeignet, stets einen positiven inneren Dialog zu führen, um meinen – wie ich es nenne – mentalen Muskel zu trainieren. Während eines Ironman-Wettkampfes hat jeder Sportler genügend Zeit, in der er sich selbst motivieren oder sabotieren kann, was letztlich darüber entscheidet, ob er sein Ziel erreicht oder aufgibt. Anlässlich meiner Teilnahme am Ironman auf Hawaii 2017 habe ich eine Wohltätigkeitsaktion zugunsten der Kinderhilfe Organtransplantation ins Leben gerufen. Während des Wettkampfes habe ich in den unvermeidlichen Schwächephasen an die Kinder gedacht, denen es ohne eigenes Verschulden wesentlich schlechter geht und mir gesagt: "Aufgeben ist keine Option, was würden diese Kinder wohl dazu sagen. Du tust es auch für sie." Motivation hat für mich sehr viel mit Zielsetzung zu tun. Ich hatte, seit ich diesen Sport betreibe, das Ziel, auf Hawaii zu starten. Dieses große Ziel half mir dabei, viele Widerstände zu überwinden. Wenn man einmal die Entscheidung getroffen hat, ein sportliches Ziel zu erreichen, stellt sich die Frage "Laufschuhe oder Fernsehen" nicht mehr jeden Tag aufs Neue.

Sie haben in diesem Jahr, nach achtmonatiger Vorbereitung, beim Ironman in Zürich kurzfristig am Wettkampftag entschieden, aufgrund einer Krankheit nicht zu starten. Wie gehen Sie mit diesem Rückschlag um?

Es war für mich eine sehr schwierige Entscheidung, nicht zu starten. Wenn man jedoch nicht zu 100 Prozent fit ist, sollte man keinen Ironman-Triathlon angehen, sondern sich seine Verantwortung der Familie und dem Arbeitgeber gegenüber bewusst machen und klare Prioritäten setzen. "Come back stronger", sagt man bei uns – komm’ stärker zurück. Niederlagen gehören zum Leben, beim Hobby wie im Beruf. Ich akzeptiere solche negativen Erfahrungen als Teil meiner persönlichen Entwicklung und habe gelernt, gestärkt daraus hervorzugehen. Ausdauer, Belastbarkeit und Durchhaltevermögen besitzen sowohl beim Triathlon als auch im Geschäfts- sowie im Privatleben Relevanz.

Welche Erinnerungen und Gefühle kommen in Ihnen hoch, wenn Sie auf den am Wochenende stattfindenden, legendären Ironman auf Hawaii schauen?

Die ersten Bilder aus Hawaii lassen die im Vorfeld des Ironman überall spürbare Energie, die einmalige Atmosphäre und die Vorfreude auf den Wettkampf schnell wieder lebendig werden. Die Erinnerungen an meine Teilnahme vor zwei Jahren sind noch omnipräsent. Etwas Wehmut mischt sich in den Gefühlscocktail, da ich gerne selbst vor Ort wäre und teilnehmen würde. Dennoch freue ich mich auf einen spannenden Wettkampf bei den Profis, drücke aber auch allen anderen und ganz besonders meinen Bekannten, die am Start sein werden, fest die Daumen.

Gibt es für Sie nach Ihrer Teilnahme am Ironman 2017 auf Hawaii überhaupt noch sportliche Ziele für Ihre Zukunft?

Ich muss niemandem mehr etwas beweisen und kann das tägliche Training als Bereicherung meines Lebens und als eine Quelle der Freude und Energie betrachten. Sofern es die Gesundheit erlaubt und dieser faszinierende Sport weiterhin mit den Wünschen meiner Familie sowie meiner Arbeit im Vertrieb eines international agierenden Softwarekonzerns vereinbar ist, werde ich weiter trainieren und aktiv an Wettkämpfen teilnehmen. 20 Ironmans oder mehr dürfen es schon werden und auch eine weitere Teilnahme auf Hawaii habe ich noch nicht ganz abgeschrieben.