Spricht von einem guten Gespräch: SPD-Chef Martin Schulz. Foto: dpa

Die Sondierungen zwischen Union und SPD werden zunehmend holprig: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet gerät ins Plaudern über Verhandlungsergebnisse und Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel macht im Außenministerium ohnehin, was er will.

Berlin - Je näher bei den Sondierungen von Union und SPD der Donnerstag als entscheidendes Datum rückt, desto holpriger wird die Wegstrecke. Erste Verstöße gegen das „Schweigegelübde“, das die Verhandler einander im Vorfeld gegeben hatten, verärgern die Genossen. Die Union wiederum ist wenig amüsiert über Meldungen, wonach Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel angeblich Pläne erarbeiten lässt, wie das Kanzleramt bei einer neuen großen Koalition ausgebremst werden könne.

Dennoch ist die Atmosphäre bisher bei Weitem nicht so vergiftet, wie bei den Jamaika-Verhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder spricht von „guten und zielorientierten Verhandlungen“ und SPD-Chef Martin Schulz lobt ein „gutes Gespräch“ der Parteichefs über Europa. Fraktionschefin Andrea Nahles blieb es vorbehalten, die Union zur Funkdisziplin aufzufordern, weil diese noch immer im geschwätzigen „Jamaika-Modus“ verharre. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet war offenbar derart beglückt über eine angebliche Einigung in Energie- und Klimafragen, dass er bei einer Veranstaltung der IHK in Düsseldorf am Montag darüber ins Schwärmen geriet.

Einigungen, die noch keine sind

Zuvor war durchgesickert, dass Union und SPD es nicht mehr für realistisch halten, das deutsche Klimaziel einzuhalten, wonach bis zum Jahr 2020 der Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden soll. In den Jamaika-Verhandlungen war diese Selbstverpflichtung noch einer der unauflösbaren Knoten, weil die Grünen davon nicht abrücken wollten. Vor allem die SPD-Seite beeilte sich aber, zu betonen, dass die Pariser Klimaschutzziele für 2030 nicht nur unangetastet bleiben, sondern auch noch mit einem neuen Gesetz im Aufgabenbuch künftiger Regierungen festgeschrieben werden sollen. Eine Kommission soll zudem schnell einen Fahrplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung aufstellen. Dies sei aber nur ein Zwischenstand. Bis Donnerstag sei nichts „in Form gegossen“.

Das gilt auch für die zweite angebliche Einigung, wonach der Spitzensteuersatz künftig erst ab 60 000 Euro statt wie bisher bei knapp 55 000 Euro greifen soll. Man habe lediglich festgehalten, dass dieses Ziel in allen Wahlprogrammen zu finden sei, heißt es in der SPD. Man will dem jedoch nur zustimmen, wenn zugleich der Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent angehoben wird, was die Union strikt ablehnt. Eine Einigung wird hier erst in der Schlussrunde erwartet.

Will Gabriel die Kanzlerin schwächen?

Zuletzt meldete das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ es gebe eine Einigung bei Regeln über die Zuwanderung von Fachkräften. Dies ist erwartet worden, weil die Union in dieser Frage bereits bei den Jamaika-Verhandlungen einen weiten Weg hinter sich gebracht hatte und hinter das dort Vereinbarte kaum zurückfallen kann. Umstritten bleiben nach wie vor die weitaus kniffligeren Knackpunkte bei der Flüchtlingspolitik. Die Union will den Familiennachzug weiter aussetzen und eine Obergrenze einführen. Die SPD lehnt bisher beides ab.

Für Wirbel an der Seitenlinie sorgte erneut Sigmar Gabriel. Sein Ministerium soll Regeln für eine künftige große Koalition erarbeiten, die angeblich der Kanzlerin das Leben erschweren sollen. In der SPD wird dies aber – wohl auch um die Union zu besänftigen – als harmlos abgetan. Es sei nun einmal Aufgabe des Auswärtigen Amtes, die Regierungsarbeit der SPD-Ministerien zu koordinieren, heißt es. Deshalb sei eine Mail an die Staatssekretäre der SPD-geführten Ressorts gesendet worden mit der Frage, wie man die Zusammenarbeit auf neue Füße stellen könne. Die Interpretation, es handle sich um eine Kampfansage an das Kanzleramt, sei falsch.