Schlaglöcher und rumpelige Straßen sind ein sichtbares Zeichen für die Finanznot vieler Kommunen. Foto: Rabea Gruber/dpa

Gut 13 Milliarden Euro stehen dem Land aus dem Sondervermögen für kommunale Infrastruktur zu. Was kommt bei Städten und Gemeinden an?

Es ist ein offensichtlich nach Aufmerksamkeit heischender Vorschlag. Und doch zeigt er, wie ernst die finanzielle Lage in den Kommunen im Land ist. Schwäbisch Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU) hat angeregt, Schülerinnen und Schüler sollten ihre Klassenzimmer selbst putzen. Das könnte der Stadt Millionen sparen, so sein Argument. Tatsächlich ist nicht ausgeschlossen, dass die Idee beim ein oder anderen Bürgermeister im Land verfängt. Denn Kommunalverbände warnen seit Monaten, die Finanzlage sei so desaströs wie nie. Im Sommer musste das Land Liquiditätshilfe leisten, um die Zahlungsunfähigkeit mancher Gemeinden abzuwenden.

 

Kommunen und Koalition verhandeln Ende der Woche

Ende der Woche sitzen die Spitzen von grün-schwarzer Koalition und Kommunalverbänden erneut zusammen. Dieses Mal geht es um die Frage, wie das für kommunale Investitionen vorgesehene Sondervermögen verteilt wird – und ob das Land mittels eines Nachtragshaushaltes nicht noch mehr Geld zuschießen könnte.

Konkret geht es um die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen des Bundes, die für kommunale Infrastruktur ausgegeben werden sollen. Davon landen 13,15 Milliarden Euro über 12 Jahre in Baden-Württemberg. Welchen Anteil davon das Land an die Kommunen weitergibt, ist noch unklar.

Strobl will größeren Anteil an Kommunen geben

Der für die Kommunen zuständige Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte am Dienstag, aus seiner Sicht müsse der deutlich größere Teil der kommunalen Seite zur Verfügung gestellt werden. Richtgröße könnte sein, was die Kommunen an Investitionen in Infrastruktur stemmen. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) verwies zwar zuletzt auf Bayern, wo rund 60 Prozent der Mittel weitergegeben werden, signalisierte aber, dass er verhandlungsbereit sei.

Den Kommunalverbänden wäre es am liebsten, das gesamte Geld würde an die Kommunen weitergegeben. Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetags, Susanne Nusser, sagte unserer Zeitung. „Wir erwarten deutlich mehr als 60 Prozent der Mittel aus dem Sondervermögen, die dem Land zugewiesen wurden.“ Und weiter: „Das Mindeste wäre, dass der Anteil der Kommunen an den Gesamtinvestitionen überwiesen wird. Aus unserer Sicht wären 85 Prozent gerechtfertigt.“

Städtetag kritisiert Verteilmechanismus

Nusser hat noch ein ganz anderes Problem: Der Mechanismus, den der Bund für die Verteilung der Mittel gefunden hat. Sie sollen nach Rechnungsstellung oder als Förderung fließen. „Die Kommunen brauchen Mittel, die eigenkapitalwirksam werden“, betont Nusser. Nur auf diese Weise könnten die Gelder etwa mit Hilfe von Krediten vervielfacht werden. „Dieser Hebel fällt komplett weg, wenn die Gelder nach Rechnungsstellung oder als Förderung ausgezahlt werden.“ Angesichts der Finanznot sind die rund 1,1 Milliarden Euro pro Jahr umgelegt auf die 1001 Städte und Gemeinden und 35 Landkreise schnell verbraucht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte deshalb bereits eine Aufstockung des Sondervermögens um 30 Prozent durch das Land. Auch Nusser sagt: „Wir brauchen dringend strukturelle Verbesserungen bei den kommunalen Finanzen. Wenn dafür ein Nachtragshaushalt notwendig ist, dann muss das eben so sein.“ Mit der Lockerung der Schuldenbremse, die der Bundestag im Frühjahr beschlossen hat, hätte die Landesregierung theoretisch die Möglichkeit in einem Nachtragshaushalt weitere Schulden für die Finanzierung der Kommunen aufzunehmen.

Nimmt das Land neue Schulden auf?

Der neue Landkreistagspräsident Achim Brötel mahnte, es brauche schnell eine Lösung. „Die kommunale Daseinsvorsorge ist dadurch inzwischen in ihrem Kern gefährdet“, sagte er unserer Zeitung. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger hatte bereits ähnliche Sorgen geäußert, will sich vor Freitag aber nicht genauer äußern. „Wir verhandeln nicht über die Öffentlichkeit, sondern am Verhandlungstisch“, sagt er.

Noch ist nicht entschieden, ob die Landesregierung überhaupt für die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen einen Nachtragshaushalt aufstellen wird. Darüber werde entschieden, wenn die für die Verteilung notwendige Verwaltungsvereinbarung finalisiert sei, heißt es aus dem Finanzminium. Unklar ist auch, ob sich Grün-Schwarz darauf einigen wird, dabei auch zusätzliche Schulden für die Kommunen aufzunehmen. Strobl sagte über eine zusätzliche Schuldenaufnahme am Dienstag: „Das sehe ich im Augenblick nicht.“