Sylvia Reiser am nachgebauten Tunnelportal – einem der besonderen Blickfänge zur neuen Sonderschau. Foto: Tobias Lupfer

Mit der Sonderschau „35 Jahre Tunnelanschlag“ zeigt Wolfachs Museum im Schloss ab Sonntag, wie massiv sich die Stadt durch die Umfahrung verändert hat – und was dadurch verloren ging.

Renate Züfle, Frau des damaligen Bürgermeisters Hans-Peter Züfle, war es als Patin vorbehalten, am 22. Mai 1990 die erste von vielen Explosionen zu zünden, die bis heute den Verkehrsfluss im Kinzigtal und das Wolfacher Stadtbild nachhaltig veränderten: „35 Jahre Tunnelanschlag“ ist die Sonderausstellung betitelt, die ab Sonntag, 11. Mai, im Museum im Schloss an den Tunnelbau, die in Teilen skandalumwitterte Einweihung und die Folgen des Projekts erinnert.

 

Bis zur Freigabe des Reutherbergtunnels am 5. November 1993 war Wolfachs Schlosstor das Verkehrs-Nadelöhr des Kinzigtals: 10.000 Autos und Lastwagen drängten bis dahin täglich hindurch. „Der Rückstau reichte bis zur Hagenbuchkurve“, erinnert sich Sylvia Reiser, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Kultur im Schloss, am Freitag beim Presserundgang vor dem Museums-Saisonstart. Die Sehnsucht der Wolfacher nach einer Umfahrung reicht zurück bis in die 1960er-Jahre. Der Vorlauf für die Ausstellung fiel kürzer aus: „Die ersten Gedanken kamen auf im August, als wir nach einem Motto für die Sonderausstellung gesucht haben.“ Nach den Sonderschauen zu den Jubiläen des FC Wolfach, der Hohenlochenhütte und der Kinzigflößer in den Vorjahren sollte es diesmal wieder ein komplett eigenes Projekt werden.Von Tanz und FreibadIm Januar wurde die Idee konkretisiert, das vielfältige Thema strukturiert: Ein Teil der Schau befasst sich mit der Vorgeschichte und den weitgehend in Vergessenheit geratenen Planvarianten, die selbst eine Trasse über den Herlinsbach ins Wolftal beinhalteten. Ein anderer dokumentiert

den eigentlichen Bau und die mehrtägige Feier zur Einweihung. Und vor dem Eingang inden großen Saal wird mit etwas Wehmut an Freibad und Campingplatz erinnert, die der Trasse am Ostportal weichen mussten. Neben vielen Fotos vom davor bis zum danach gibt es auch wieder Video-Elemente: In einem eigens gebauten Tunnelportal läuft in Endlosschleife eine Fahrt durch den Tunnel, im Hungerturm ist eine Aufnahme des skandalumwitterten Tanztheaters „Widersagen Sie dem Satan“ der

Hausacher Choreografin Bärbel Agoston zu sehen, das seinerzeit zu dessen Einweihung im Tunnel aufgeführt wurde. Erst nach der Fasnet sei das Vorstandsteam in die Umsetzungsphase der Ausstellung eingestiegen. „Es war schon intensiv, die Zeit“, blickt Reiser zurück auf die letzten Wochen, in denen auch mehrere Arbeitseinsätze an den Wochenenden anstanden.

Den Feinschliff erhielten die Ausstellung und das nachgebaute Tunnelportal gerade erst am Dienstag. Stark unterstützt worden sei das Team im Vorfeld von der Stadtverwaltung, unter anderem mit Original-Plänen und Fotos, sowie von Oberflößer Andreas Erker, beruflich Bergmann, der zusätzliche Exponate beisteuerte.Neubau der InnenstadtIm großen Saal widmet das Museumsteam einem weiteren Aspekt der Tunnel-Historie seinen Raum: Dem Umbau der Vorstadt sowie der Hauptstraße, der erst durch die Umfahrung möglich wurde. Auch hier erinnern Fotos und ein Video an die Mammutaufgabe für die Bauarbeiter, deren Ergebnis heute ganz selbstverständlich das Bild der Stadt prägt