Raguenette (Luise Harder, von links), Christian de Neuvillette (Luc Schneider), Madeleine Robin (Nora Kühnlein) und Cyrano de Bergerac (Mathias Kopetzki)Foto: Becker Foto: Schwarzwälder Bote

Zimmertheater: Cyrano de Bergerac trifft im Bockshof auf ein begeistertes Publikum

Was sucht ein französischer Dichter des 17. Jahrhunderts und Regimentschef der Gascogner Kadetten auf dem Rottweiler Bockshof? Die Liebe.

Rottweil. Wie sich herausstellt, entwickelte das Ensemble des Rottweiler Zimmertheaters unter dem Titelhelden Cyrano de Bergerac eine groß angelegte Komödie voller burlesker und tragischer Momente. Ein französischer Faust, wie Intendant Peter Staatsmann ankündigte.

Es geht um das berühmteste, 1897 uraufgeführte Werk von Edmond Rostand, das noch heute ob seiner überzeitlichen menschlich-geistigen Tiefe Aktualität erreicht. Die Regie (Peter Staatsmann) holt weit aus und lässt Szenen à la Commedia dell Arte mit tragischen Schicksalszenen und begeistert damit das Publikum.

Mathias Kopetzki spielte den Titelhelden Cyrano de Bergerac herausragend zwischen überlegener Schlagfertigkeit und tiefer Verletzbarkeit. Die wiederum in seiner unerfüllten Liebe begründet ist. Hier überzeugt Nora Kühnlein als Madeleine Robin, genannt Roxane, als weibliche Titelheldin, gefangen zwischen Blindheit und echter Trauer um den Verlust aller Liebhaber. Wie ein dramaturgischer Faden zieht sich die Rolle der Bäckerstochter Raguenette, burlesk und nachdenklich durch das Geschehen führend. Luise Harder macht die Rolle mit ihren baletteusen Tanzeinlagen, schauspielerischen Gebärden und der Stimme greifbar.

Das Spannungsgefüge verstärkend fügte sich die höfische Musik des 17. Jahrhunderts in die Handlung ein (Dorin Grama und Nicholas Charkviani). Der großen Theaterszenerie angemessen trat der Chor der Gascogner Kadetten aus Rottweiler Männerstimmen mit Liedern auf, komponiert und geleitet von Robert Kopf. Stark wirkten auch die historischen Kostüme (Bettina Schültke) und Perücken (Katharina Groß). Da war vor dem Pulverturm gar kein Bühnenbild nötig.

Die beiden großen Rivalen – der junge, schöne Christian de Neuvillette, gespielt von Luc Schneider, in Roxane verliebt, aber ohne Esprit – und der geistreiche, aber wegen seiner langen Nase unschöne Cyrano, lieferten sich ein Duell nach dem anderen um die Gunst der schönen Roxane. "Ich lieb die Schwester aller Schönen, ... sie ist so schön, wie ein holder Gruß vom Paradies", gesteht Cyrano seine tiefe Liebe zu ihr und geht soweit, den Liebesbriefen von Christian die dichterische Feder zu führen. Beide werden scheitern, Christian stirbt in der Schlacht; Cyrano 14 Jahre später. Die große Schlussszene mit der trauernder Roxane, dem treuen Freund Henry Le Bret Valvert (zurückhaltend und feinsinnig dargestellt von Philipp Keßel) wird beides vereinen: Schönheit und Geist.

Der Verfasser der tragischen Komödie füllt die zu Herzen gehende Liebesgeschichte durch weiterere Rivalitäten: Der Freigeist Cyrano hasst den Grafen Antione de Guiche, exzellent gespielt von Frank Deesz, der ebenfalls der schöne Roxana verfallen ist. Der Graf vergleicht Cyrano boshaft mit Ikarus, der tief stürzte, doch Cyrano sieht sich der Sonne nah: "Mein Werk entstand aus eigener Kraft!"

Fechtszenen verdeutlichten die Rivalitäten, wobei Stephan Müller als im Fechten unsicherer Montfleury seine Rolle gut verkörpert. Der französische Dichter und Kämpfer Cyrano hat im Bockshof ein begeistertes Publikum gefunden: "Das ist nun mein ganzes Leben: während ich unten stand im schwarzen Schatten, stiegen andere auf, um die Küsse des Lebens einzusammeln! Das ist die Gerechtigkeit, und ich billige sie,..., Molière hatte Genie, Christian aber war schön!" Nach möglichen Kürzungen bietet das Sommerstück "Cyrano de Bergerac" ganz großes Theater. "Die nächsten beiden Vorstellungen sind am Samstag, 24. Juli, und Sonntag, 25. Juli. Mittwoch, 18. August, ist die letzte Vorstellung.