Meister ihres Fachs (von links): Janina Ruh, Violoncello; Friedemann Treiber, Violine; Dimitry Bartolov, Klavier; Christian Diemer, Komponist; Matthias S. Krüger, Komponist; und Simon Strasser, Oboe. Foto: Friederichs

"Die Rottweiler – 100 Jahre Donaueschingen": Programm und Anspruch zugleich. Drei Komponisten und zwei Musiker aus Rottweil glänzten mit Uraufführungen zur Eröffnung des Rottweil Musikfestivals Sommersprossen in dessen 55. Jahr.

Rottweil - Im Kontrast zu den ins Programm aufgenommenen, damals uraufgeführten Werken von Paul Hindemith und Alban Berg wirkten die Kompositionen der Rottweiler maßvoll, mit spielerischen Überraschungseffekten, aber durchaus ästhetisch anspruchsvoll.

Matthias S. Krügers lyrisches Werk "Bald sind wir aber Gesang" (Hölderlin) interpretierte Janina Ruh mit Stimme und ihrem Instrument Violoncello zu einer verbundenen starken Einheit.

Hochkonzentriert

Seine uraufgeführte Auftragskomposition "klopfen I" für Dreiklang-Klassik im Landkreis Rottweil für Oboe mit Englischhorn, Violine und Violoncello bewältigten die Rottweiler Simon Strasser und Janina Ruh mit dem eingesprungenen Friedemann Treiber hochkonzentriert, den gleichförmig monotonen Rhythmus durchziehend.

In seiner Uraufführung "beben" für Klavier solo zum 250. Beethoven-Geburtstag fuhr der eingesprungene Pianist Dimitry Bartolov zu Höchstleistungen auf, indem er buchstäblich das Instrument auseinander nahm und den wohlbekannten Beethovenschen Klängen harte Schnitte entgegensetzte.

Resonanzstark

Das "Rezitativo et Danza" der Rottweilerin Julika Lorenz wurde von Janina Ruh resonanzstark souverän interpretiert. Mit den spielerisch-scheinbar leichter arrangierten Werken "Etudewürfel" (2013), ursprünglich für Kinder entworfen, und "Te ombroma 99% acai" (2016) setzte Christian Diemer Kontraste: Seinen Würfel entfalteten Janina Ruh und Friedemann Treiber als geometrisch lautloses (leere Saiten, ohne Bögen) Gebilde, und zu "Te ombroma" ließ er Schokostückchen im Publikum verteilen, um das Rascheln als Partizipation gezielt in die Komposition einzubeziehen. Die drei Musiker Janina Ruh, Friedemann Treiber und Dimitry Bartolov ließen sich nicht aus der Ruhe bringen und genossen ihrerseits den Überraschungseffekt.

Gesellschaftskritisch und synästhetisch

Im Podiumsgespräch mit den zwei Rottweiler Komponisten (Julika Lorenz konnte nicht dabei sein) und Dreiklang-Intendantin Julia Guhl wurden Hintergründe und Absichten der Komponistenwerdegänge beleuchtet. Für Krüger fließen immer auch gesellschaftskritische Gedanken in seine oft lyrischen Kompositionen ein, während Diemer synästhetische Formen, ja haptische Klänge bevorzuge.

Beide Komponisten hatten während ihrer Rottweiler Jugendzeit zu den Donaueschinger Musiktagen inspirierenden Kontakt, hätten sich aber auseinandergelebt und sähen heute trotzdem Verbindendes in ihrem Kompositionsschaffen.