In Donaueschingen hat das Militär mit dem Jägerbataillon noch einen Standort – ansonsten sieht es aber mau aus mit Kasernen. Kann die Region in der aktuellen Debatte trotzdem mitsprechen? Foto: Cornelia Spitz

Lange Zeit war es verpönt und fast überflüssig, das Militär, nun wird die neue Wehrpflicht diskutiert. Aber Kasernen sind gewichen, auch im Schwarzwald-Baar-Kreis. Und jetzt?

Nach diversen Kriegsausbrüchen und mit Blick nach Amerika wird die Wiedereinführung der Wehrpflicht heiß diskutiert. Will man die Region ins Spiel bringen, wenn Flächen für mögliche neue Militärstandorte gesucht werden? Und wie denken unsere Politiker überhaupt über die Wehrpflicht?

 

Hinterseh für einen Gesellschaftsdienst

Landrat Sven Hinterseh outet sich als „Verfechter des Gedankens, einen sogenannten Gesellschaftsdienst einzuführen“. Das wäre ein enormer Mehrwert für die Jugendlichen und die Gesellschaft.

Bei dem Modell stünde jungen Menschen offen, wo sie ihren Dienst leisten, ob beim Militär oder einer sozialen Einrichtung. Vielleicht, so Hintersehs Hoffnung, erhielten dann auch Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, THW oder Hilfsorganisationen wie das DRK, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter Unfallhilfe, der Malteser Hilfsdienst oder das DLRG mehr Zulauf.

„In meiner Zeit als Zivildienstleistender in einem Alten- und Pflegeheim in Freiburg gab es auch immer wieder junge Menschen, deren Berufswunsch sich während des Zivildienstes nochmals komplett veränderte, so dass sie sich aufgrund der Erfahrungen dort für einen sozialen Beruf entschieden haben.“

Frei: Reaktivierung sei notwendig

Der CDU-Bundestagsabgeordnete für den Schwarzwald-Baar-Kreis und aktuelle Kanzleramtschef Thorsten Frei befürwortet die Wiedereinführung beziehungsweise Reaktivierung der Wehrpflicht klar. „Dies ist angesichts der sicherheitspolitischen Lage notwendig, um die Sicherheit und Freiheit Deutschlands und des gesamten Kontinents zu bewahren. Deshalb haben wir mit der SPD im Koalitionsvertrag beschlossen, einen neuen Wehrdienst einzuführen, der zunächst auf Freiwilligkeit setzt.“ Der Verteidigungsminister arbeite an der Umsetzung. Keinen Hehl macht Frei aus seiner Skepsis, ob „der personelle Aufwuchs der Bundeswehr allein mit dem Prinzip Freiwilligkeit zu erreichen wäre“.

Bei Aussetzung der ehemaligen Wehrpflicht und faktisch nicht vorhandenen Bedrohungslage in Europa sei die Reduzierung von Standorten eine logische Konsequenz gewesen. Im Schwarzwald-Baar-Kreis sei die Entscheidung der französischen Regierung hinzugekommen, die Stationierung des Regiments 110 als Teil der Deutsch-Französischen Brigade zu beenden. Für Donaueschingen oder auch Villingen-Schwenningen sei es ein Glücksfall gewesen, „große und attraktive Flächen für den Wohnungsbau und die Stadtgestaltung erwerben zu können“. Als Politiker werde er Kommunen aus der Region unterstützen, wenn sie klare Position pro Bundeswehr beziehen und sich beim Landeskommando Baden-Württemberg oder beim Bundesverteidigungsministerium mit Flächen bewerben wollen.

Hereinspaziert aufs Militärgelände in Donaueschingen. Foto: Cornelia Spitz

In Donaueschingen etwa seien die Rahmenbedingungen auch wegen der aktiven Garnison des Jägerbataillons „hervorragend“ – aber der Konversionsprozess „Am Buchberg“ sei unumkehrbar vollzogen und andere Altliegenschaften oder gar Neubauten erforderten große Investitionen.

Türk-Nachbaur zollt Soldaten Respekt

Auch für die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur steht fest: „Ohne die Akzeptanz vor Ort geht es nicht“.

„Ich bin froh, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung der Bundeswehr in den letzten Jahren spürbar verändert hat. Der Dienst in der Truppe verdient Respekt – und er ist unverzichtbar für unsere Sicherheit.“ Sie stehe „ganz klar zu unserem Standort im Schwarzwald-Baar-Kreis“. Trotzdem: Aktiv ins Gespräch bringen will sie Kommunen in der Region als Standorte nicht. Gebe es realistische Pläne, werde sie sich „für eine faire und transparente Einbindung der Region“ aber einsetzen.

Die Linie von Verteidigungsminister Boris Pistorius, auf Freiwilligkeit zu setzen, teile sie. Sie sehe auch Potenzial für neue Formen gesellschaftlichen Engagements, sieht darin aber kein probates Mittel gegen den Fachkräftemangel – dazu brauche es gut bezahlte Jobs, keine Ersatzlösungen. Und „bevor wir über eine Pflicht diskutieren, müssen wir wissen, wie viele junge Menschen überhaupt bereit wären, zu dienen.“ Ein erster Schritt müsse die Datenerhebung sein – „alles andere wäre voreilig“.