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Solarlobby hat neues Geschäftsfeld zu erschlossen - Hohe Subventionen für Konzerne.

Köln/Berlin - Wer selbst produzierten Solarstorm auch selbst verbraucht, wird vom Staat besonders üppig gefördert. Was eigentlich für umweltbewusste Häuslebauer gedacht ist, wird aber zunehmend von Konzernen ausgenutzt. Die Kosten trägt der gewöhnliche Stromverbraucher.

Deutschlands Supermärkte sollen grün werden. Besonders innovativ präsentierte sich in den vergangenen Wochen der Handels- und Touristikkonzern Rewe. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen warb das Kölner Unternehmen, zu dem unter anderem die Marken Penny, Toom, Promarkt, ITS und Dertour gehören, für mehr Nachhaltigkeit. Durch allerlei Maßnahmen wie etwa bessere Kühltechnik, Wärmepumpen, die Abluft aufarbeiten, und die Nutzung von Ökostrom will das Unternehmen seinen CO2-Ausstoß bis 2015 um 30 Prozent senken.

Ein weiterer Bestandteil des durchaus innovativen Rewe-Klimapakets: Bis Ende des Jahres will der Konzern nach eigenen Angaben mehr als 75000 Quadratmeter Solarmodule auf den Dächern von Lagerhallen und Supermärkten errichten. Ein kleiner Teil des erzeugten Stroms werde direkt vor Ort selbst verbraucht, der Rest ins Netz eingespeist, heißt es von Rewe. Die Maßnahme könnte sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den Handelsriesen, immerhin die Nummer zwei in Deutschland, selbst rechnen. Denn trotz einer außerordentlichen Kürzungsrunde bei den Solarsubventionen Mitte vergangenen Jahres erhalten Solarstromer für jede Kilowattstunde selbst erzeugten Sonnenstroms durchschnittlich immer noch gut 30 Cent in die eigene Geldbörse. Garantiert für eine Dauer von 20 Jahren. Für die Kosten der Solarsubventionen kommt der normale Stromverbraucher via Umlageverfahren über seine monatliche Stromrechnung auf.

Besonders üppig wird es vergütet, wenn der Sonnenstrom gar nicht erst ins Netz eingespeist wird, sondern direkt vor Ort verbraucht wird. Der Gedanke dahinter: Wenn der Strom da bleibt, wo er erzeugt wird, und nicht erst in die Stromnetze hineingedrückt und später wieder entnommen wird, entlastet das die ohnehin schon verstopften Stromautobahnen in Deutschland. Das ist dem Gesetzgeber einen Zusatzbonus von immerhin bis zu acht Cent je erzeugter Kilowattstunde wert.

Von dem Sahnehäubchen auf dem Solarkuchen können seit kurzem nicht nur Häuslebauer mit Kleinanlagen, sondern auch Großerzeuger profitieren. Mit der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) im Sommer 2010 wurde dort ein Passus verankert, der die satten Eigenverbrauchs-Boni nicht nur für geringe Anlagengrößen zulässt, sondern auch für Solarkraftwerke mit einer Leistung von bis zu 500 Kilowatt. Damit wird es auch für die Besitzer von großen Dachflächen - etwa auf Supermärkten oder in Industriebetrieben - ziemlich attraktiv, Solarmodule zum Eigenverbrauch zu installieren.

Die Folge: Immer größere mit Solarpaneelen bestückte Dachflächen bedeuten immer mehr Leistung und damit immer höhere Kosten für die Solarstromförderung, die die Stromverbraucher bezahlen müssen. Einer Prognose des Leipziger Instituts für Energie zufolge werden im Jahr 2011 maximal zwei Milliarden Wattstunden Solarstrom zum Eigenverbrauch in Deutschland erzeugt werden. Ein Jahr später sollen es den IE-Prognosen zufolge schon maximal 3,45 Milliarden Wattstunden sein. Die damit verbundenen Kosten würden von 370 Millionen Euro auf fast 550 Millionen Euro pro Jahr steigen.

"In puncto Eigenverbrauch ist es genau so gekommen, wie wir das erwartet hatten", sagt Holger Krawinkel, Energieexperte im Bundesverband der Verbraucherzentralen, der schon im vergangenen Sommer auf eine Kostenexplosion im Solarfördersystem hingewiesen hatte. Durch die Neuregelung - und besonders die Zulassung noch größerer Anlagen - ergäben sich "zusätzliche Mitnahmeeffekte" speziell für Großproduzenten von Solarstrom. Auf Deutsch: Es sind vor allem finanzstarke Solarstromer mit Großanlagen, die von der neu gefassten Solarförderung profitieren.

Für das Bundesumweltministerium (BMU) macht die Förderung von Großanlagen durchaus Sinn. Die Entlastung der Stromnetze sei größer, wenn nicht nur Privatleute, sondern auch Stromgroßkunden ihre Energie sofort selbst verbrauchten, heißt es vom BMU. Außerdem sollen durch die Regelung "Impulse an Hersteller von modernen Stromspeichern" gesetzt werden, leistungsfähige Produkte zu entwickeln.

Tatsächlich macht der Eigenverbrauch von Solarstrom deutlich mehr Sinn, wenn er mit Stromspeichern gekoppelt ist und daher eine kontinuierliche Leistungsabgabe gewährleistet ist. Die Entwicklung brauchbarer Energiespeicher steckt aber noch in den Kinderschuhen. Ob die Eigenverbrauchsregelung aber die nötigen Impulse für Neuentwicklungen setzen kann, ist unter Fachleuten umstritten.

Manche vermuten denn auch einen anderen Grund hinter der neuen Möglichkeit für Großanlagenbetreiber, sich die begehrten Zusatzboni zu sichern: In einer Zeit, in der die allgemeinen Solarvergütungen immer weiter zusammengestrichen werden, sei es der Solarlobby im neuen EEG gelungen, für Großkunden ein Schlupfloch einzurichten, das ihnen weiterhin hohe Profite garantiere. Damit sei der deutschen Solarlobby ein wichtiger Schritt gelungen - sich über Jahre eine ganz neue Abnehmerschicht für ihre Solarmodule zu sichern.