Mehr Strom aus Wind- und Sonnenenergie lautet die Devise. Wo und in welcher Form Anlagen dafür entstehen könnten, soll eine Potenzialanalyse ermitteln. Manchem Landwirt bereitet die Sache aber Bauchschmerzen.
Auch in Furtwangen muss man nach den Vorgaben von Bund und Land eine Mindestmenge an Strom aus Wind- und Sonnenenergie bereitstellen. Zuvor gilt es, ein grundlegendes Konzept für die Stadt zu erstellen. Daher hatte der Gemeinderat zu einer Sondersitzung eingeladen: „Anträge für Agri-PV und Freiflächenanlagen: Beratung über die vorliegenden Anträge und weiteres Vorgehen“ war der einzige Tagesordnungspunkt.
Das ist geplant Christian Marzahn von der Bauverwaltung stellte die aktuelle Situation dar. Drei Anlagen mit jeweils zehn Hektar Fläche sind aktuell für Furtwangen projektiert, zwei in Linach beim Hansenhof und Wehrlehof sowie im Neuweg unterhalb des Kolmenhofs. Beim Hansenhof ist es eine Agri-PV-Anlage, an den beiden anderen Stellen eine Freiflächen-PV.
Die Varianten
Der Unterschied der beiden Typen: Bei Freiflächen-PV werden die Solarmodule auf großen Ständern aufgestellt, die Fläche kann nicht mehr normal bewirtschaftet werden. Eine Beweidung etwa mit Schafen ist möglich. Bei Agri-PV stehen die Module auf Masten und werden ausgeklappt. Durch einen ausreichenden Abstand kann die Fläche weitgehend normal bewirtschaftet werden. Der Stromertrag ist aber etwas geringer. Ulrich Mescheder merkte an, dass der Flächenbedarf für PV-Anlagen etwa zehnmal so groß sei wie für Windkraft bei gleichem Ertrag. Aus rechtlicher Sicht, so Marzahn, müsse für eine solche Anlage ein Bebauungsplan erstellt und der Flächennutzungsplan angepasst werden. Vorteil sei, dass aktuell ein neuer Flächennutzungsplan, dann mit Ausweisung von Vorrangflächen für PV, erstellt werde. Der Prozess dauere aber mehrere Jahre.
Die Analyse Hier habe die Stadt die Möglichkeit, die Situation auf der Gemarkung zu analysieren und Flächen vorzuschlagen. Das ideale Instrument dafür sei eine „Potenzialanalyse“, bei der mögliche Flächen nach konkreten Gesichtspunkten bewertet werden. Daher will die Verwaltung eine solche Analyse erstellen lassen. Der Gemeinderat folgte der Empfehlung. Allerdings wurde gefordert, diese schnell zu realisieren, da bereits zum Jahresende die Vorschläge für Regionalplan und Flächennutzungsplan eingereicht sein sollen.
Entscheidung vertagt Auf Vorschlag von Isolde Grieshaber (UL) wurde die Entscheidung auf die nächste Sitzung Ende Juni vertagt. In der Zwischenzeit soll die Verwaltung versuchen ein Planungsbüro zu finden, das die Analyse zeitnah realisieren kann. Roland Thurner (UL) forderte außerdem, sich vor allem auf Windkraft zu konzentrieren, da Furtwangen durch seine Lage dafür prädestiniert sei. Angesprochen wurde der Netzausbau, um den produzierten Strom einspeisen zu können. Aktuell sind teils lange Zuleitungen notwendig
Das sagen Landwirte Anschließend hatten betroffene Landwirte, die die Beratungen verfolgt hatten, die Möglichkeit, ihre Position darzustellen. Die Gemeinderäte zeigen sich beeindruckt von den Erläuterungen und den Gesichtspunkten für eine Entscheidung. Die müsse bei weiteren Entscheidungen berücksichtigt werden.
Sorge um die Existenz Zuerst äußerte sich Martina Hepting aus Schönenbach. Ihr habe ein Schreiben eines Solarpark-Betreibers am Wochenende schlaflose Nächte bereitet. Dieses richte sich offensichtlich an die Landwirte der Region. Sie wurden angefragt, ob sie bereit wären, entsprechende Flächen für die Photovoltaik an das Unternehmen zu verpachten. Geboten wurden hier mindestens 4000 Euro je Hektar und Jahr, bei guter Stromproduktion auch mehr.
Fehlen dann Futterflächen? Martina Hepting äußerte die Befürchtung, dass in ihrem Umfeld der eine oder andere Grundbesitzer das Angebot annehmen könnte. Sie betreiben den einzigen verbliebenen landwirtschaftlichen Betrieb in Schönenbach. Dabei sind sie für ihr Milchvieh auf die gepachteten Flächen ringsherum zur Futtergewinnung angewiesen. Wenn die Flächen an ein PV-Unternehmen verpachtet werden, sei der Bestand ihres Hofs gefährdet.
Hans-Peter Rombach vom Hansenhof in Linach erläuterte seine Entscheidung, Flächen am Sommerberg für PV zur Verfügung zu stellen. Es seien sehr harte Böden mit relativ geringem Ertrag gerade bei der Hitze. Durch Agri-PV erwarte er eine Beschattung des Geländes, wodurch der Ertrag nach seiner Einschätzung deutlich steigen würde. Für ihn komme nur Agri-PV infrage, weil er das Gelände weiter bewirtschaften wolle, eine Verbesserung der Bedingungen für den Graswuchs wäre nur von Vorteil.
Auch ein Zubrot Detlef Wehrle vom Wehrlehof in Linach erläuterte, dass er zehn Hektar seines Geländes für Freiflächen PV zur Verfügung stellen wolle, etwa 16 Prozent seiner Gesamtfläche. Wesentlicher Gesichtspunkt war die Tatsache, dass 2022 diese Flächen drei Monate lang braun waren, ein zweiter Schnitt sei nicht mehr möglich gewesen. Und eine solche Verpachtung sei ein Zusatzeinkommen für die Altersvorsorge, da er aktuell keinen Hof-Nachfolger habe.