Das Prinzip ist nicht neu: Die Soko Stuttgart lädt gerne prominente Mitspieler ein, um für Aufmerksamkeit und Rummel zu sorgen. So hat man nun Hella von Sinnen zu einem Auftritt in der ZDF-Krimiserie geladen. Sie spielt eine Immobilienmaklerin, die unter Mordverdacht steht.
Stuttgart - Hella von Sinnen in einem Krimi? Da hat sich das Opfer bestimmt totgelacht, denkt man unwillkürlich. Und schwups, hat man die Schublade aufgezogen, in der die 54 Jahre alte Rheinländerin eingezwängt ist. „Seit ich 1988 erstmals mit Hugo Egon Balder aufgetreten bin, stecke ich in einer Schublade.“ Und darauf stehe: „Lesbisch, dick, Klamauk!“ Für Fernseh-Deutschland ist sie die ewige Ulknudel, die „Tschaka! Tschaka!“ ruft und in bunten Kostümen Possen reißt.
Diese Erwartungen des Publikums erfüllt sie am Dienstag in den Kulissen der Soko im Römerkastell zunächst vortrefflich. Auch wenn die Zuschauer nur eine Handvoll Fotografen und Journalisten sind. „Ich sehe aus wie die Ornithologin aus Hitchcocks ,Vögeln‘“, scherzt sie über ihr Barett, das auch ein totes Frettchen sein könnte. Sie gibt den Affen Zucker, beeindruckt mit einer schier unerschöpflichen Zahl an Gesichtsausdrücken, fotografiert zurück mit ihrem Smartphone, auf dem im Übrigen der Union Jack, die britische Flagge, aufgedruckt ist. Long live the Comedy Queen.
Zwei Tage ist Hella von Sinnen in Stuttgart
Natürlich, sie ist Unterhalterin, Entertainerin, Rampensau, Komikerin, aber eben nicht nur. Und als die Fotografen gegangen sind, taucht eine andere Hella von Sinnen auf. Eine nachdenkliche Frau, die ernstgenommen werden möchte als Schauspielerin. Theater,–, Film- und Fernsehwissenschaften hat sie studiert, und vor der RTL-Show „Alles nichts oder?!“ mit Balder hat sie zehn Jahre Theater gespielt. Ob es nun an den Erwartungen des Publikums liegt oder dem fehlenden Mut der Fernsehmacher, „dennoch werde ich nicht als Schauspielerin wahrgenommen“, sagt sie. Schublade auf, Schublade zu. Doch nun hofft sie auf eine Karriere à la Grit Boettcher, „die es im Alter ja auch geschafft hat, vom Image als Ulknudel wegzukommen“.
Bei der Soko Köln hatte sie einen Auftritt als Ladenbesitzerin, die verdächtigt wird, einen Mord begangen zu haben. Nein, nicht mit Witzen, sondern mit einer Hellebarde. Zur Soko Stuttgart kam sie über ihre Freundschaft mit Regisseur Christoph Eichhorn. Hier spielt sie Fiona Bönisch, die Geschäftsführerin einer Immobilienfirma. Sie soll einen Hausbesetzer um die Ecke gebracht haben. Auf ungewöhnliche Art und Weise. Indem sie einen Zaun unter Strom gesetzt hat. Der Tote war übrigens reiferen Alters, die Hausbesetzer sind Rentner, die für den Erhalt ihres Seniorentreffs kämpfen. Die Folge wird im Herbst im ZDF zu sehen sein.
Zwei Tage ist Hella von Sinnen in Stuttgart. Das hört sich nicht lange an, aber die Rheinländerin muss im Land der Weintrinker dürsten. Heute erst komme ihre Fahrerin mit einer Kiste Kölsch im Kofferraum. Vielleicht sollte sie es mal mit dem hiesigen Brotwein Trollinger versuchen. Der könnte ihr schmecken. Was dem Biertrinker das Kölsch ist dem Weintrinker schließlich der Trollinger. Zugegeben, das sind nun zu viel der Klischees. Eigentlich sollten die Schubladen zubleiben. Obwohl am Stromzaun zu brutzeln doch nicht so erstrebenswert erscheint. Dann lieber über Hella von Sinnen totlachen.