Im zweiten Halbjahr 2021 repräsentiert Slowenien, und damit Regierungschef Janez Jansa, die EU. Foto: dpa/Kenzo Tribouillard

Das kleine Slowenien mit seinem rechtspopulistischen Regierungschef Janez Jansa übernimmt in Brüssel die Ratspräsidentschaft. Kann das gut gehen?

Ljubljana - Wenige Worte genügten, um Janez Jansa im November 2020 weltweit bekannt zu machen. In den USA hatten gerade die Wahllokale geschlossen. Donald Trump trat vor die Kameras und behauptete, klar gewonnen zu haben. Es dauerte Tage, bis Joe Biden als wahrer Sieger feststand. Doch während Staatenlenker rund um den Globus geduldig auf das Ergebnis warteten, gratulierte Jansa Trump zum „finalen Triumph“. Der Regierungschef des EU-Mitglieds Slowenien warnte vor „weiterem Faktenverweigern durch die Mainstream-Medien“.

Jansa gehörte zu den wenigen Regierungschefs, die Orban zur Seite sprangen

In der EU sorgten Jansas eilfertige Glückwünsche für ein böses Erwachen. Denn wirklich auf der Rechnung hatte dort kaum jemand den rechtsnationalen Regierungschef der kleinen Balkanrepublik mit zwei Millionen Einwohnern. Dabei bereitete sich Jansa schon damals auf die Übernahme der Ratspräsidentschaft vor. Am 1. Juli ist es nun soweit. Im zweiten Halbjahr 2021 repräsentiert Slowenien die EU. Jansas Regierung hat dann das Recht, in Brüssel Themen zu setzen, und die Aufgabe, Kompromisse zu organisieren.Doch wohin soll das führen? Die Bedenken sind in vielen EU-Hauptstädten seit dem Trump-Eklat rasant gewachsen. Denn inzwischen haben auch die weniger gut Informierten gelernt, dass Jansa nicht nur ein Freund von Viktor Orban ist. Er eifert dem ungarischen Premier vor allem in dessen Lieblingsrolle als Enfant terrible der EU nach: als eine Art unberechenbarer Familienschreck der Gemeinschaft. Das zeigte sich zuletzt im „Regenbogenstreit“ um das neue ungarische Jugendschutzgesetz, in dem Homosexualität in die Nähe von Kindesmissbrauch gerückt wird. Jansa gehörte zu den wenigen, fast durchweg osteuropäischen Regierungschefs, die Orban zur Seite sprangen.

Bei anderen Themen sticht der 62-jährige Slowene den vier Jahre jüngeren Ungarn verbal sogar aus. So warf er im April einem ARD-Journalisten vor, im Stil des NS-Hetzblattes „Der Stürmer“ über die Lage in Slowenien zu berichten. So gesehen wirkt die Bezeichnung „Mini-Orban“, mit der Kritiker Jansa beschreiben, fast ein wenig irreführend. Allerdings passt der Ausdruck insofern gut, als Jansa in Slowenien über weit weniger Macht verfügt als Orban in Ungarn. Seine rechtspopulistische SDS erreichte bei der Wahl 2018 gerade einmal 25 Prozent und landete in der Opposition. Erst im März 2020 gab die sozial-liberale Minderheitsregierung auf. Jansa bildete eine zerbrechliche Vier-Parteien-Koalition. Seine Wiederwahl im kommenden Jahr gilt als offen.

Dennoch hat sich mit dem Regierungswechsel auch die Stimmung im Land verändert. Lange hielten Beobachter wie die Soziologin Renata Salecl eine autoritäre Wende für sehr unwahrscheinlich. Die junge Republik, die 2007 als erstes östliches EU-Mitglied den Euro einführte, galt als demokratischer Musterstaat in der Region. Außerdem, erinnert sich Salecl, hätten Menschen wie Jansa im Kommunismus selbst gegen die Diktatur gekämpft: „Seine Verhaftung löste 1988 die Massenproteste aus, die dazu führten, dass die Slowenen überhaupt begriffen, was eine Zivilgesellschaft ist.“Tatsächlich hatte Jansa, ähnlich wie Orban in Ungarn, in den späten achtziger Jahren als einer der führenden Freiheitskämpfer Popularität erlangt. Nach den ersten freien Wahlen 1990 wurde er Verteidigungsminister und führte Slowenien im Zehn-Tage-Krieg 1991 in die Unabhängigkeit. Doch als Vorsitzender der SDS rückte er die Partei ab 1993 weiter nach rechts, zunächst in eine marktliberal-konservative Richtung. Im Jahr der EU-Osterweiterung 2004 schaffte er zum ersten Mal den Sprung an die Regierungsspitze.

Doch Jansa hielt sich nur eine Legislaturperiode an der Macht. Genau wie Orban zog er aus der Niederlage die Konsequenz, sein politisches Heil in Nationalismus und Populismus zu suchen. Mit diesem Grundimpuls übernimmt Jansa nun die Führungsrolle in der EU.