Lindsey Vonn will trotz eines Kreuzbandrisses zu Olympia. Experten sehen die Chancen für den Skistar aus den USA aber eher schlecht.
Lindsey Vonn will trotz eines Kreuzbandrisses zu Olympia. Experten wie der Arzt des VfB Stuttgart, Raymond Best, sehen die Chancen für den Skistar aus den USA aber eher schlecht.
Stuttgart - Herr Best, Lindsey Vonn fährt aktuell mit einem gerissenen Kreuzband im alpinen Ski-Weltcup und will es damit bis Sotschi schaffen. Ist das vorstellbar?
Im Leistungssport habe ich schon viele Extreme gesehen. Auch Fußballer, die mehrere Jahre ohne Kreuzband gespielt haben. Deshalb könnte man im Grunde sagen: Möglich ist immer alles.
Aber?
Mit Blick auf die Erfahrungen, die Statistiken und vor allem auf die Kräfte, die im Skisport auf diesem Niveau wirken, halte ich es für nicht machbar. Die Athleten bewegen sich in den Abfahrtsrennen im absoluten physikalischen Grenzbereich, in diesen Bereich kommt ihr Knie aber nicht mehr. Und da es das ganze System aus Körper und Material steuert, kann das meines Erachtens nicht funktionieren. Im Grunde ist es so, als wenn ein Formel-1-Auto mit einer gebrochenen Radaufhängung ins Rennen gehen würde. Das geht irgendwie, aber eben nicht richtig. Auf den aktuellen Fall übertragen bedeutet das: Ein bisschen Skifahren ginge mit gerissenem Kreuzband schon. In Weltcup-Rennen um Siege zu fahren halte ich dagegen nicht für möglich. Selbst wenn es Lindsey Vonn nach Sotschi schaffen würde – dort könnte sie nicht um Gold kämpfen.
Auch nicht mit Hilfe eines austrainierten Körpers und viel Muskelkraft als Stabilisator?
Wenn das in diesem Extrembereich so wäre, dann hätte der liebe Gott das Kreuzband nicht erfunden. Die Muskeln können bestimmte Bewegungen des Knies verhindern, aber nicht alle. Dazu kommt: Gibt es durch äußere Kräfte einen Schmerzreiz, dann reagiert der Körper mit einem Schutzreflex – und auch die Muskelkraft schaltet zurück. So war das vermutlich im Rennen am vergangenen Samstag bei einer eher harmlosen Bodenwelle. In solchen Momenten ist dann auch das Risiko von Folgeverletzungen, zum Beispiel an den Knorpeln, extrem groß. Und diese Verletzungen sind dann oft weit weniger einfach zu reparieren als ein gerissenes Kreuzband.