Sindelfingen - Für Michael Schumacher steht der erste Heim-Grand-Prix seit seinem Comeback bevor: Beim Großen Preis von Deutschland in Hockenheim am Sonntag (14 Uhr/RTL) wird der Silberpfeil-Pilot allerdings nicht zu den Favoriten zählen. Den Sieg 2010 gönnt er Sebastian Vettel, und er verspricht für 2011 Großes.

Fotos, Fragen, Autogramme - im Mercedes-Werk in Sindelfingen steht Michael Schumacher bei 3500 Menschen im Mittelpunkt. Es hat Tradition beim schwäbischen Autobauer, dass sich die Rennsport-Abteilung vor dem Heimauftritt in Hockenheim unter die Kollegen mischt, da schauen Motorsportchef Norbert Haug und die beiden Silberpfeil-Fahrer Schumacher und Nico Rosberg gerne in Sindelfingen vorbei. Für die Angestellten ist's ein Höhepunkt, dem Rekordchampion so nahe zu sein. Ein Erlebnis.

In der Formel 1 aber ist der Superstar nur noch Statist, ist zur medialen Randnotiz geworden - die beiden schnaubenden Bullen Sebastian Vettel und Mark Webber bestimmen, welche Regeln und Rituale auf der Piste gelten. Lewis Hamilton und Jenson Button von McLaren sind ihre externen Gegenspieler im Duell um die Vorherrschaft auf den Rennstrecken. Schumacher? Der 41 Jahre alte Mercedes-Mann hält sich unauffällig im Mittelfeld, die Begeisterung ums Comeback hat sich längst gelegt.

Was war los in Hockenheim im Dezember 2009, als Mercedes die Rückkehr des Rekordchampions ankündigte - eine Mitarbeiterin musste ihren Urlaub abbrechen, damit sie die Kartenwünsche einigermaßen geordnet entgegennehmen konnten. Sieben Monate später ärgert sich so mancher Schumi-Fan, dass er im Euphorierausch Tickets für 500 Euro oder mehr gekauft hat. Selbst schuld.

Schumacher wird abgekocht - und arrangiert sich

"Es war doch eigentlich klar", sagt Schumacher in Sindelfingen, "dass ich nicht sofort alle in Grund und Boden fahre." Auch in Hockenheim wird das nicht passieren; dorthin, wo der Kerpener viermal siegte, kehrt er nicht als Imperator der Königsklasse zurück. Aber er stellt klar: "Ich bin immer noch extrem motiviert und überzeugt, dass wir Achtungserfolge einfahren können."

Auch wenn das Feuer in ihm noch so lodert wie früher, nach außen hat's oft den Anschein, als fahre Schumi mit Sparflamme. Manchmal liegt's an ihm, "das Qualifying ist ein Schwachpunkt, an dem wir arbeiten", gibt er zu. Manchmal ist eine unglückliche Strategie die Ursache für die Ergebniskrise, aber meist ist sein Silberpfeil eben nicht in der Lage, den Altstar ganz nach vorn zu katapultieren. "Ich sehe Schritte nach vorn", bekräftigt Schumacher, "auch wenn sie sich nicht immer in Resultaten niederschlagen - ich weiß, dass es vorwärtsgeht." Das oberste Ziel für die Mercedes-GP-Mannschaft lautet: den Silberpfeil so schnell zu machen, dass sich auch Vettel und Webber vor ihm fürchten müssen.

Nur Einigkeit bringt Mercedes näher an die Spitze - Schumacher arrangiert sich mit der Situation, dass er erstmals in seiner Karriere vom Teamkollegen abgekocht wird. 2:8 steht's im Rennduell mit Rosberg ("Klar, bin ich happy, dass ich vor ihm stehe"), doch der interne Zweikampf läuft in geregelten Bahnen - im Gegensatz zu Red Bull, wo sich Vettel und Webber zoffen. "Wenn man gegeneinander um den Titel kämpft", räumt Haug ein, "sieht es immer anders aus - bei uns steht der gegenseitige Respekt im Vordergrund. Ich traue uns aber zu, diese Situation zu stemmen, wenn wir die nötigen technischen Voraussetzungen haben."

2011 soll's so weit sein. Dann will Schumi um den Titel fahren, und wenn nicht 2011, dann auf jeden Fall 2012. "Ich werde meinen Vertrag erfüllen", verspricht er, "egal, was kommt." Wenn die Formel 1 wieder 2012 nach Hockenheim kommt, wird Schumi wieder die Mercedes-Kollegen besuchen. Vielleicht als Superstar, vielleicht auch als Gescheiterter.